Wie klimafreundlich sind Elektroautos wirklich? Diese Frage ist angesichts der laufenden Debatte über E-Fuels, Plug-in-Hybride und Wasserstoffautos aktueller denn je. Eine neue Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) liefert nun fundierte Antworten – und räumt mit einigen Mythen auf.

Der Vergleich der Lebenszyklus-Emissionen gängiger Antriebstechnologien fällt eindeutig aus: Die Lebenszyklus-Emissionen von Batterie-Elektroautos in der EU sind um 73 Prozent niedriger als die von Benzinern“, heißt es in dem Bericht, der auf umfangreichen Daten zu Produktion, Betrieb, Wartung und Recycling basiert. Das Ergebnis deckt sich in etwa mit dem ähnlicher Untersuchungen zu der Frage, wie etwa vom Umweltbundesamt oder dem Institut für Klima- und Umweltforschung in Heidelberg (IFEU), aber auch schon frühere aus den USA. Vom Verein deutscher Ingenieure (VDI) waren die Ergebnisse allerdings vor zwei Jahren in einer eigenen Ökobilanz stark angezweifelt worden.

BEV: Hoher Produktionsaufwand – aber schnelle Kompensation

Die ICCT hält nun erneut dagegen. Zwar verursachten Elektroautos aufgrund der Batterieproduktion zu Beginn rund 40 Prozent höhere Emissionen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Doch dieser Nachteil werde schnell kompensiert: „Diese zusätzlichen Emissionen werden nach etwa 17.000 gefahrenen Kilometern mehr als ausgeglichen“, betonen die Autoren der Studie, Marta Negri und Georg Bieker. Bei einer typischen Jahresfahrleistung in Europa sei das bereits nach einem Jahr erreicht.

Die gesamte Lebensspanne eines Autos zählt
Zwar verursachen Elektroautos aufgrund der Batterieproduktion zu Beginn rund 40 Prozent höhere Emissionen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Doch dieser Nachteil ist schon nach 17.000 Kilometern oder einem Jahr kompensiert. Grafik: ICCT

Im Schnitt kommen Elektroautos laut ICCT auf 63 Gramm CO₂-Äquivalente pro Kilometer, wenn sie mit dem erwarteten EU-Strommix der Jahre 2025 bis 2044 betrieben werden. Bei ausschließlicher Nutzung von Ökostrom sinkt dieser Wert sogar auf nur noch 52 Gramm CO₂/km. Zum Vergleich: Ein klassischer Benziner verursacht laut Studie im Lebenszyklus 235 Gramm CO₂/km.

Plug-in-Hybride: Im Alltag oft CO₂-Schleudern

Plug-in-Hybride (PHEV) gelten oft als Brückentechnologie – die neue Studie zeigt aber: Im echten Fahrbetrieb stoßen diese fast dreimal so viel CO₂ aus wie BEVs. Zwar liegt ihr Normverbrauch bei nur 1,1 Liter und 15,2 kWh pro 100 Kilometer – doch in der Praxis liegt der reale Verbrauch laut ICCT bei 3,8 Litern und 11,9 kWh. Grund: Viele Nutzer laden selten, der Verbrennungsmotor springt deshalb oft an.

„PHEVs erreichen im Schnitt nur eine elektrische Fahrleistung von 50 Prozent – statt der in Testzyklen angenommenen 80 Prozent“, heißt es im Bericht. Das führt zu Lebenszyklus-Emissionen von 163 g CO₂/km – deutlich schlechter als erwartet.

Wasserstoffautos: Nur mit grünem H₂ eine Option

Auch Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) wurden in der Studie berücksichtigt. Das Ergebnis: Nur wenn der Wasserstoff mit erneuerbarem Strom produziert wird (sogenannter grüner Wasserstoff), ergibt sich ein Vorteil. Dann kommen FCEVs auf 50 g CO₂/km – vergleichbar mit BEVs. Wird der Wasserstoff hingegen aus Erdgas gewonnen (grauer Wasserstoff), steigen die Emissionen auf 175 g CO₂/km – kaum besser als bei Hybridfahrzeugen.

BMW iX5 Hydrogen an der Wasserstoff-Tankstelle
Nur wenn der Wasserstoff mit erneuerbarem Strom produziert wird, profitiert das Klima von einem Auto mit Brennstoffzellen-Antrieb.
BMW iX5 Hydrogen an der Wasserstoff-Tankstelle
Nur wenn der Wasserstoff mit erneuerbarem Strom produziert wird, profitiert das Klima von einem Auto mit Brennstoffzellen-Antrieb.

„FCEVs bieten nur dann einen vergleichbaren Klimavorteil wie BEVs, wenn sie mit vollständig erneuerbarem Wasserstoff betrieben werden – der derzeit in der EU kaum verfügbar ist“, betont das ICCT.

Verbrenner bleiben Emissionsriesen – auch mit Biokraftstoffen

Selbst unter Berücksichtigung von Biokraftstoffen kommen Benziner und Diesel laut Studie auf hohe Emissionen: 235 bzw. 234 Gramm CO₂/km. Der Anteil von Bioethanol und Biodiesel wie HVO100 an den Kraftstoffen liegt laut ICCT bei nur rund sieben Prozent. Selbst in einem optimistischen Szenario mit einem stark erhöhten Bioanteil sinken die Emissionen aber lediglich um 0,5 Prozent (Benzin) bis 3 Prozent (Diesel).

„Selbst bei einer Verdopplung des Biodiesel-Anteils in Diesel bis 2040 reduzieren sich die Emissionen nur marginal“, so die Autoren. Auch E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis, ändern daran nach der ICCT-Studie wenig – wegen hoher Herstellungskosten und geringer Verfügbarkeit würden sie kaum Eingang in den Massenmarkt finden.

Strom wird immer sauberer – und damit auch das E-Auto

Ein entscheidender Faktor in der Bewertung ist die Entwicklung des Strommixes. Laut ICCT sinkt der CO₂-Ausstoß je Kilowattstunde Strom im EU-Durchschnitt von aktuell 260 Gramm CO₂ auf etwa 78 g CO₂/kWh im Zeitraum 2025–2044 – dank wachsender Anteile von Wind- und Solarenergie.

„Nicht die heutige, sondern die künftige Stromerzeugung ist entscheidend für die Klimabilanz eines E-Autos“, betont das ICCT. Wer heute ein Elektroauto kauft, fährt künftig mit immer saubererem Strom.

Fazit: Nur Batterieautos sind klimakompatibel

Die Botschaft des ICCT ist eindeutig: Nur vollelektrische Autos ermöglichen eine signifikante Senkung der Treibhausgase im Straßenverkehr. Weder Plug-in-Hybride noch Verbrenner mit Bio- oder E-Fuels können im Lebenszyklus mithalten. Um die Klimaziele der EU zu erreichen, sei daher ein vollständiger Ausstieg aus der Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren – einschließlich PHEVs – bis spätestens 2035 notwendig. Damit warnt das ICCT vorsorglich davor, das vor zwei Jahren vom EU-Parlament beschlossene „Verbrennerverbot“ aufzuweichen und auch nach dem Jahr 2035 noch benzin- oder dieselgetriebene Neufahrzeuge zuzulassen. Insbesondere in Deutschland machen sich konservative Kreise dafür stark.

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