In Mannheim ist ein bahnbrechendes Projekt gestartet: Das Start-up ICODOS (Intelligent Carbon Dioxide Solutions) hat mit Forschungspartnern und der Stadtentwässerung Mannheim eine Demonstrationsanlage in Betrieb genommen, die aus Abwasser klimaneutrales Methanol produziert. Dieses Verfahren könnte die Schifffahrt, Luftfahrt und chemische Industrie revolutionieren.
Europaweit gibt es rund 80.000 Kläranlagen – ein enormes Potenzial für nachhaltige Treibstoffproduktion. In Mannheim wird Biogas aus Abwasser aufbereitet und mit grünem Wasserstoff in Methanol umgewandelt. Dieser synthetische Kraftstoff könnte fossile Energieträger ersetzen und CO₂-Emissionen drastisch reduzieren.
Die Schifffahrt ist für etwa drei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bundesverkehrsminister Volker Wissing erklärte bei der Eröffnung der Anlage: „Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir alle technologischen Möglichkeiten ausschöpfen. Mannheim 001 zeigt, wie Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen.“
Patentierte Technologie für grüne Kraftstoffe
Die ICODOS-Technologie basiert auf einem dreistufigen Prozess. Zunächst wird das im Biogas enthaltene CO₂ abgetrennt. In einem zweiten Schritt erfolgt die direkte Reaktion mit grünem Wasserstoff in einem katalytischen Verfahren, das Methanol mit hoher Ausbeute produziert. Anschließend wird das Methanol gereinigt und für die industrielle Nutzung aufbereitet. Dieses Verfahren ist besonders effizient, da es energiearme Prozessbedingungen nutzt und ohne aufwendige Zwischenschritte auskommt.
„Unsere Technologie ist skalierbar und kann an vielen Standorten eingesetzt werden“, betont Vidal Vazquez, Mitgründer von ICODOS. „Allein in Deutschland könnten Kläranlagen jährlich Millionen Tonnen Methanol produzieren.“
Europaweit gibt es rund 80.000 Kläranlagen – ein enormes Potenzial für eine nachhaltige Treibstoffproduktion, aber auch eine neue Einnahmequelle für kommunale Betriebe. Bild: https://depositphotos.com/de/
Das dezentrale Konzept bedeutet einen Paradigmenwechsel: Während Methanol bislang in Großanlagen hergestellt wurde, ermöglicht ICODOS eine wirtschaftliche Produktion direkt vor Ort – ohne lange Transportwege oder hohe Logistikkosten.
ICODOS: Pionier für nachhaltige Methanolproduktion
ICODOS wurde 2020 von Experten aus den Bereichen Chemie, Verfahrenstechnik und erneuerbare Energien als Spin-off des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Mannheim hat sich auf die dezentrale Produktion von klimaneutralem Methanol spezialisiert – der Kraftstoff kann problemos in konventionellen Verbrennungsmotoren aller Art eingesetzt werden und gilt deshalb nicht nur in der Schifffahrt, sondern auch bei manchen Vertretern der Autoindustrie als Hoffnungsträger. Im vergangenen Jahr gingen in Deutschland („Leuna 100“) und Süddänemark bereits zwei Anlagen in Betrieb, die Methanol für die Luft- und Schifffahrt aus Wasserstoff und CO2 herstellen. Die Anlagen haben allerdings eher Forschungscharakter, die hier produzierten Mengen sind deshalb nur sehr klein.
Das Team von ICODOS denkt da in anderen Dimensionen. Es arbeitet dazu mit führenden Forschungseinrichtungen und Industriepartnern zusammen, um die Technologie weiterzuentwickeln und großflächig einzusetzen. „Mit unserer Lösung können wir einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten“, sagt Geschäftsführer David Strittmatter, der früher als Unternehmesberater bei McKinsey arbeitete und nun das große Geschäft wittert. „Wir wollen Methanol als klimaneutralen Kraftstoff etablieren und Abwasser als wertvolle Ressource nutzbar machen.“
E-Methanol: Vielseitiger Klimaschutz-Kraftstoff
Methanol ist ein zentraler Rohstoff für die Schifffahrt, Luftfahrt und chemische Industrie. Als Renewable Fuel of Non-Biological Origin (RFNBO) könnte es fossile Brennstoffe ersetzen. „Mit E-Methanol bieten wir eine nachhaltige Lösung für verschiedene Industrien“, sagt ICODOS-Geschäftsführer David Strittmatter. „Mannheim 001 ist ein Meilenstein für die klimaneutrale Mobilität.“
ICODOS plant bereits den Ausbau seiner Technologie in weiteren Kläranlagen Europas. Damit könnte eine bislang ungenutzte Ressource zur Schlüsselenergiequelle der Zukunft werden.