Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) München haben ein neues Pyrolyseverfahren für die Herstellung von CO2-armem Wasserstoff vorgestellt. Mit der sogenannten Elektronenstrahl-Plasmapyrolyse (Electron beam plasma methane pyrolysis) lasse sich Wasserstoff sehr viel effizienter und umweltfreundlicher herstellen als mit herkömmlichen Methoden der Pyrolyse, teilte die Brancheninitiative Zukunft Gas mit.

Bei der Methanpyrolyse wird „türkiser“ Wasserstoff aus Erdgas gewonnen. Dabei wird Methan mittels Hochtemperaturwärme in seine Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff zerlegt. Anders als bei der Dampfreformierung von Erdgas zu grauem Wasserstoff wird der Kohlenstoff dabei in fester Form abgeschieden und nicht als CO2.

Bei dem von der TU München veröffentlichten Konzept zur Plasmapyrolyse werden die Methanmoleküle mittels der kinetischen Energie beschleunigter Elektronen dissoziiert. Dies führe zu nennenswerten Verbesserung des Wirkungsgrads gegenüber anderen Pyrolyseverfahren, heißt es aus München.

Über 3 kWh Wasserstoff aus einer kWh Strom

Die am Institut für Energiesysteme durchgeführten Analysen zeigen: Aus einer kWh Strom können mit diesem Verfahren rund 3,3 kWh Wasserstoff hergestellt werden. Damit lasse sich Wasserstoff aus Erdgas mit einem deutlichen geringeren Energieaufwand gewinnen als mit der Elektrolyse von Wasser, bei der aus einer Kilowattstunde Strom nur 0,6 kWh Wasserstoff erzeugt werden. Mit Blick auf die begrenzten Mengen von erneuerbarem Strom sei die effiziente Ökostrom-Nutzung ein entscheidender Vorteil der Plasmapyrolyse.

Die Erzeugungskosten für den türkisen Wasserstoff aus der Plasmapyrolyse liegen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen zwischen 2,55 und 5,00 Euro je kg Wasserstoff. „Mit unserer Methode können wir Wasserstoff sehr günstig und effizient produzieren und liegen damit bis zu 5 Euro pro Kilogramm unter den aktuellen Herstellungskosten für Elektrolysewasserstoff“, sagte Projektleiter Florian Kerscher von der TU München. Zudem zeigten Projektionen für zukünftige Preisentwicklungen
ein signifikantes Reduktionspotenzial.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Auch die LebenszyklusCO2-Emissionen seien weitaus niedriger als bei anderen Verfahren. Abhängig vom eingesetzten Strom seien Werte zwischen 1,9 und 6,4 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilogramm Wasserstoff möglich. Nach aktuellen Standards entstehen nach Angaben der TU München bei der Wasserstoffproduktion mittels Dampfreformierung etwa 10,8 Kilo CO2-Äquivalent pro Kilogramm.

Die Studie zur Elektronenstrahl-Plasmapyrolyse ist im International Journal of Hydrogen Energy erschienen. Laut Zukunft Erdgas plant die TU München jetzt den Aufbau einer entsprechenden Forschungsanlage. Für Timm Kehler, den Vorstand der Brancheninitiative, birgt die Technologie große Chancen für die Entwicklung des Wasserstoffmarktes. Es sei wichtig, verschiedene Technologiepfade zu verfolgen, um den künftig großen Bedarf nach Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen decken zu können, sagt er.

Biokatalysator für die Wasserstoff-Umwandlung

Und noch an anderer Stelle sehen die Forscher der TU München Möglichkeiten, effizienter als bisher Wasserstoff aus Strom zu erzeugen: Durch den Einsatz von Enzymen bei der Aufspaltung von Wasser. Bislang wird dafür seltenes und damit teures Platin als Katalysator eingesetzt. So genannten Biokatalysatoren galten bisher als ungeeignet für den industriellen Einsatz, da sie hoch empfindlich gegen Sauerstoff sind. Einem Forschungsteam der TU München, der Ruhr-Universität Bochum, des CNRS Marseille sowie des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr ist es nun gelungen, die empfindlichen Enzyme so in ein schützendes Polymer einzubetten, dass sie auch für die technische Wasserstoffumwandlung eingesetzt und wochenlang genutzt werden können. Und ohne dass der Fluss der Elektronen gebremst wird: Durch geschickte Wahl der Polymere gelang es dem Forschungsteam, das Redoxpotenzial des Polymers so einzustellen, dass sie nur noch eine geringe Überspannung brauchten, um den Widerstand zu überwinden.

Wasser spalten mit Bioenzymen statt Platin
Durch die Einbettung in Polymere werden die hochempfindlichen Enzyme geschützt, so dass sie wochenlang für die Wasserstoffumwandlung genutzt werden können. Am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit hält Dawit T. Filmon einen der Ausgangsstoffe in seinen Händen. Foto: TUM
Wasser spalten mit Bioenzymen statt Platin
Durch die Einbettung in Polymere werden die hochempfindlichen Enzyme geschützt, so dass sie wochenlang für die Wasserstoffumwandlung genutzt werden können. Am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit hält Dawit T. Filmon einen der Ausgangsstoffe in seinen Händen. Foto: TUM

Mit diesem System baute das Forschungsteam eine Brennstoffzelle auf. Das Ergebnis: Mit einer Leerlaufspannung von 1,16 Volt – dem höchsten jemals für ein System dieser Art gemessenen Wert – erreichte die Zelle einen Wert nahe des thermodynamischen Maximums. Gleichzeitig erreichte die Zelle mit drei Milliampere pro Quadratzentimeter eine für biologische Zellen sehr hohe Stromdichte.

Auch für die umgekehrte Reaktion, die Wasserstoffproduktion durch Aufnahme von Elektronen, ist das System einsetzbar: Seine Effizienz bei der Energieumwandlung liegt auch bei Stromdichten von über vier Milliampere pro Quadratzentimeter nahe 100 Prozent. Die weitere Forschung des Teams zielt nun drauf ab, die Stabilität der Hydrogenasen bei höheren Stromdichten zu verbessern, um Systemen mit Katalysatoren auf Platin-Basis Konkurrenz machen zu können.




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5 Kommentare

  1. Egon Meier

    Das heißt also – kurz gefasst –
    – der Wasserstoff wird aus Erdgas gewonnen und damit
    – haben wir auch dann noch jede Menge c02-emissionen wenn wir
    – 100 % grünen Strom haben

    Oder habe ich das falsch verstanden?

    wie lächerlich

    Antworten
    • Richard Bachinger

      Da kein Sauerstoff in diesem System ist, entsteht kein CO2. Das Erdgas (CH4) wir in die Bestandteile Wasserstoff (2x H2) und festen Kohlenstoff (C) geteilt. Der Kohlenstoff ist Graphit und somit das gleiche wie die Mine Ihres Bleistiftes.

      Antworten
      • libertador

        Entscheidend ist dann der Verbleib des festen Kohlenstoffes. Da gibt es im Prinzip zwei sinnvolle Möglichkeiten:

        1. Verwendung als Rohstoff für Anwendungen in denen der Kohlenstoff dauerhaft garantiert gebunden, bzw. in einem Kreislaug bleibt.

        2. Einlagerung.

        Beides erfordert ein entsprechendes Zertifizierungssystem, welches für 1. sich komplex gestaltet und die Anwendungen reduziert.

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  2. Alex S.

    Ist ja klar, dass die „Brancheninitiative Zukunft Gas“ als Teil des Energiewende-Verhinderer-Netzwerkes erzählt, es gäbe nur begrenzten Mengen von erneuerbarem Strom.
    Würde der Ausbau der „erneuerbaren“ nicht so massiv verhindert werden, könnten wir viel schneller alle Bereiche des Lebens ökologischer darstellen.
    Aber das wird auch nicht mit der CSU/CDU passieren, die die höchsten Nebeneinkommen pro Abgeordneten im Bundestag haben.
    130.000€ gehen hier auf die Konten der CSU/CDU im Durchschnitt pro Jahr aus der Industrie in die Taschen dieser Abgeordneten, um den Weg in eine gesunde, menschliche und lebenswerte Zukunft mit dummen Beiträgen im Bundestag zu verhindern.
    Der Weg der Herstellung von nicht ökologischem Wasserstoff der hier beschrieben wird, ist der schlechteste überhaupt, da bei der Verwendung von Gas das schädlichste aller Moleküle in die Atmosphäre entweicht:
    Methan, das 100 Mal schädlicher als CO2 und NOx ist und den Klimawandel 100-mal stärker vorantreibt.
    Hört endlich auf mit eurer Gier nach Geld und Macht.
    Habt ihr denn keinen Funken von Anstand für die Menschen, die einfach nur gesund bleiben und auf einem Planeten leben wollen der nicht durch die Dummheit und Ignoranz der Wirtschaft zerstört wird.
    Es kann nur den Weg über „grünen Wasserstoff“ geben.
    Hört endlich auf alle an der Nase herum zu führen.
    Und die Politiker die diese Industrie wegen der finanziellen Abhängigkeit unterstützen, aber Schaden vom deutschen Volk abwenden sollen, müßten alle zur Rechenschaft gezogen werden und Schadenersatz an die nachfolgenden Generationen zahlen.

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