Der Modellanlauf des VW ID.3 wäre im vergangenen Jahr fast verstolpert worden, weil der Batteriezell-Lieferant Samsung SDI zickte. Und im VW-Werk Brüssel musste die Produktion des Audi e-tron mehrfach gestoppt werden, weil der ebenfalls in Südkorea beheimatete Lieferant LG nicht rechtzeitig und nicht in der vereinbarten Stückzahl Batteriezellen liefern konnte.

Dergleichen soll dem Volkswagen-Konzern in Zukunft nicht wieder passieren. Wie Konzernchef Herbert Diess auf einem kurzfristig anberaumten „Power Day“ (Ähnlichkeiten mit dem „Battery Day“ von Tesla waren sicherlich gewollt) bekannt gab, wird der Autobauer bis zum Jahr 2030 allein in Europa zusammen mit Partnern sechs neue Batteriefabriken aus dem Boden stampfen, in denen jedes Jahr Lithium-Ionen-Zellen der nächsten Generation mit einer Speicherkapazität von jährlich 240 Gigawattstunden vom Bande purzeln sollen.

Die erste Fertigung soll 2023 beim neuen Partner Northvolt in einer grünen Vorzeigfabrik in Nordschweden anlaufen. Eine weitere „Gigafactory“ für Batteriezellen mit einer Produktionskapazität von ebenfalls 40 Gigawattstunden soll 2025 bei VW in Salzgitter starten. Wo die übrigen vier Fabriken entstehen, ist noch offen. Im Gespräch sind laut Technik-Vorstand Thomas Schmall Standorte in Osteuropa (Polen, der Tschechei oder Slowakei) und Südeuropa, in Frankreich, Portugal oder Spanien.

LG und SKI werden offenbar ausgebootet

Auch die Namen der Partnerunternehmen dort mochte VW auf dem „Power Day“ noch nicht nennen. Die koreanischen Lieferanten LG Energy Solutions und SK Innovations werden aber offenbar schon jetzt aus dem Rennen: Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters teilte Volkswagen den beiden Unternehmen angeblich kurz vor dem Power Day mit, dass deren aktuelle Batterietechnologie von den künftigen Plänen des Konzerns weitgehend ausgeschlossen sei und künftig keine Rolle mehr spiele.

Von den neuen Fabriken erhofft sich der VW-Konzern nicht nur stabile Lieferverhältnisse, sondern auch erhebliche Kostenvorteile: Durch neue Fertigungsverfahren, neue Materialien und eine Standardisierung der Akku sollen die Stromspeicher in Zukunft nur noch halb so teuer sein wie heute. Diess erhofft dadurch eine „Pole-Position“ auf dem Markt für Elektroautos erkämpfen zu können – vor Tesla und anderen Automobilherstellern auch aus Südkorea. Diess: „E-Mobilität ist zu unserem Kerngeschäft geworden. Wir sichern uns langfristig eine Pole-Position im Rennen um die beste Batterie und das beste Kundenerlebnis im Zeitalter der emissionslosen Mobilität.“

LFP-Technologie für Volumenautos

Der besondere Kniff ddabei: Etwa 80 Prozent der gesamten Batterie-Produktion für Volkswagen soll künftig auf eine „Einheitszelle“ entfallen. Allein dadurch erhofft sich der Konzern Kostenvorteile von bis zu 50 Prozent. Die neuen „Einheitszellen für das Volumensegment“, also für Fahrzeuge vom Typ VW ID.3, ID.4 oder Audi Q4 e-tron werden wohl auf der Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Technologie basieren – auf den gleichen Typ setzt auch bereits Tesla-Chef Elon Musk. Sie sind etwa 20 Prozent preisgünstiger in der Herstellung als heutige Akkus, dabei sicherer und länger haltbar.

Eingesetzt werden sollen sie laut Frank Blome, der bei VW das Center of Excellence für Batteriezellen in Salzgitter leitet, ab 2023 bei Fahrzeugen mit kürzeren Reichweiten. Wobei „kürzer“ Reichweiten von bis etwa 400 Kilometer bedeutet. Ab 2030 soll die neue VW-„Einheitszelle“ markenübergreifend bei etwa 80 Prozent aller Elektroautos aus dem Konzern verbaut werden. Die Kosten für Batteriesysteme sollen darüber auf 100 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität sinken, was laut Technikvorstand Schmall „die Elektromobilität endgültig erschwinglich und zur bestimmenden Antriebstechnologie“ machen soll.

Gigafactory unter Schnee
In der neuen Batteriefabrik von Northvolt sollen ab 2023 Batteriezellen für Elektroautos aus dem VW-Konzern produziert werden – mit Wasserkraft. Allein dieser Auftrag hat ein Volumen von 14 Milliarden Euro. Foto: Northvolt

In höherwertigeren Fahrzeuge mit größeren Reichweiten von 600 und 700 Kilometer sollen laut Blome hingegen andere, höherwertigere Akkus zum Einsatz kommen. Diese werden im ersten Schritt wohl auf Nickel-Mangan-Technologie (Blome: „Wir sehen da sehr großes Potenzial“) basieren. Später, schätzungsweise ab 2025, würden diese durch Festköper-Batterien ersetzt. Diese Akkus böten nicht nur eine höhere Energiedichte, sondern ermöglichten auch Ladezeiten von zehn Minuten – ein ID.4 etwa braucht heute am Schnelllader mehr als doppelt so lange. Porsche-Chef Oliver Blume, der ebenfalls zum virtuellen Power-Day zugeschaltet wurde, sieht im Elektroantrieb noch erhebliche Verbesserungspotenziale. Der Batteriezelle komme dabei eine Schlüsselrolle zu: „Sie ist der Brennraum von morgen.“

Elektro-Lkw brauchen neue Zellchemie

Die Fortschritte sind allerdings auch erforderlich, sollen in Zukunft nicht nur Personenwagen, sondern auch Lastzüge batterieelektrisch unterwegs sein. Bei der VW-Tochter Scania in Schweden sind die Ingenieure davon überzeugt, dass das möglich ist, wenngleich der Energiebedarf eines Lkws etwa achtmal so hoch sei wie der eines Pkws. „Dafür brauchen wir allerdings eine andere Zellchemie.“ Im Batterieforschungszentrum in Salzgitter wird daran bereits emsig geforscht.

Allerdings ist davon auszugehen, dass auch die Konkurrenz nicht schläft und seine Elektroautos bis 2023 ebenfalls mit neuen Akkutypen ausstatten wird. Und gespannt darf man auch darauf sein, wie die heutigen Lieferanten von Volkswagen auf die Offensive reagieren werden.

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1 Kommentar

  1. Der Diktator

    VW macht den Tesla…

    nur beim Zeitplan sind sie hinten dran. Bis die Zellfertigung 202x anläuft wird Tesla schon weiter sein.

    Gut, daß VEB Volkswagen auf Elektro umschwenkt, aber peinlich, daß sie keine eigenen Ideen haben. Peinlich finde ich auch den pseudoanglizismus ei-di drei

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