Der Labrador-Retriever zählt zu den beliebtesten Hunderassen weltweit. Mit seinem freundlichen Wesen, seiner Intelligenz und seiner vielseitigen Veranlagung hat er sich einen Platz in unzähligen Familienherzen erobert. „Sie sind bestrebt“, heißt es auf der Website eines Züchters, „ihrem Besitzer zu gefallen, was sie zu einer der am leichtesten trainierbaren Hunderassen macht.“

Was das mit dem neuen Volvo EX90 zu tun hat? Einem ausgewachsenen Elektro-SUV von fünf Metern Länge mit sieben Sitzen, mit der Kraft von wenigstens 517 Pferdestäken und einem Aktionsradius von bis zu 615 Kilometern?

Nun, auf den Hund hat uns Herrik van der Gaak, der Geschäftsführer von Volvo in Deutschland und den Niederlanden, bei einem abendlichen Tischgespräch über das neue Elektro-Flaggschiff der Schweden in Hamburg gebracht: Der Labrador, so seine These, habe viel mit dem EX90 gemeinsam. Und wie es ein wundersamer Zufall fügte, lief uns am nächsten Morgen vor dem Hotel ein Volvo-Händler über den Weg, der seinem Labrador-Retriever namens Bruno gerade ein wenig Auslauf an der Außenalster gönnen wollte. Und Bruno stellte da gleich sein freundliches Wesen unter Beweis und gesellte sich zu unserem Gespräch über Volvo, den Automarkt – und den idealen Hund für Volvo-Fahrer.

Bruno liebt Volvo
Der Labrador lief uns zufälligerweise über den Weg, zur Freude des Autors und von Volvo-Geschäftsführer Herrik van der Gaak (rechts).

Herr van der Gaag, 2024 war für die meisten Autohersteller in Deutschland ein schwieriges Jahr, vor allem aufgrund der Flaute auf dem Markt für Elektroautos. Volvo hingegen konnte um fast 40 Prozent zulegen, kam auf 62.326 Neuzulassungen und einen Marktanteil von 2,2 Prozent. Wie haben Sie das hinbekommen?

Geholfen hat uns ein starkes Produktfortfolio mit vielen teil- und vollelektrischen Fahrzeugen. Geholfen haben aber auch unsere Markenwerte, die auf dem deutschen Markt sehr gut ankommen.

Welche wären das?

Sicherheit natürlich, aber auch Nachhaltigkeit. Wir nennen das unsere Familienwerte.

Waren beide Aspekte für Volvo-Käufer nicht schon immer wichtig?

Ja, aber seit der Covid-Epidemie ist die Bedeutung dieser Werte auch für andere Menschen noch einmal wichtiger geworden. Man interessiert sich nun nicht nur für die Umweltveträglichkeit eines Fahrzeugs, sondern fragt auch nach den Herstellungsmethoden. Da sind auch unsere Händler stark gefragt, mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten. Wir haben sehr stark an unserer Kundenzufriedenheit gearbeitet. Für das alles wurden wir im abgelaufenen Jahr mit steigenden Verkaufszahlen gewissermaßen belohnt. Wir sind darauf sehr stolz.

Volvo EX90
Auf dem Weg in die neue Zeit
Volvo bietet den großen SUV als EX90 mit Elektroantrieb an, für eine Übergangszeit als XC90 aber auch noch als Plug-in-Hybrid. Letzterer erfuhr dafür kürzlich noch ein umfassendes Facelift. Fotos: Christian Bittmann für Volvo

Volvo bietet mit dem EX30, dem EX40 und nun dem neuen EX90 drei vollelektrische Baureihen an, zudem sind fast alle Modelle als Plug-in-Hybrid erhältlich. Wie hoch ist der Anteil der „Stecker-Autos“ bei Volvo inzwischen?

Die wiederaufladbaren Autos machen inzwischen zwei Drittel unserer Verkäufe aus. Das letzte Drittel sind Mildhybride, die fahren also auch mit elektrischer Unterstützung. 2024 haben wir uns vom letzten Dieselmotor bei Volvo verabschiedet. Wir sind also auf einem guten Weg in die neue Zeit.

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Volvo EX90 Twin Motor AWD

Allradantrieb mit 173 kW (235 PS) Spitzenleistung vorne und 127 kW (173 PS) an der Hinterachse;
Batteriekapazität 111 kWh; max. Ladeleistung: 250 kW;
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h; Beschleunigung 0-100 km/h: 5,9 Sekunden;
Energieverbrauch auf 100 km (WLTP-Norm): 22 kWh (kombiniert); Reichweite: 570-614 km;
Länge/Breite/Höhe (mm): 5037/1964/1744; Leergewicht: 2757 kg;
Preis: ab 91.700 Euro (Ausstattungslinie „Core“).

Sind Volvo-Käufer offener für die neuen Antriebstechnologien? Bei anderen Herstellern, so mein Eindruck, hängen viele Kunden noch stark am Verbrenner.

Ich kann das nicht beurteilen. Ich sehe nur, dass wir bei anderen Herstellern gerade viele neue Kunden gewinnen, die Attraktivität unserer Marke also offenbar zugenommen hat. Vor allem im Flottengeschäft. Was auch damit zusammenhängt, dass wir mit dem EX30 ein vollelektrisches Einstiegsmodell haben, das nichts vermissen lässt.

Trotzdem tun sich viele Autokäufer in Deutschland noch schwer mit der Antriebswende, dem Wechsel vom Verbrenner auf einen Stromer. Manche scheinen von einer regelrechten Elektro-Phobie befallen zu sein. Was muss man tun, um die zu gewinnen, sie gewissermaßen zu heilen?

Ich bin Holländer, wie Sie wissen. Was mir an den Deutschen gefällt, ist ihre Neugierde auf neue Technologien.

Herrik van der Gaak 
Der Niederländer aus Den Haag leitet seit 2018 die Geschicke von Volvo in den Niederlanden, seit 2021 zusätzlich auch in Deutschland. Der Sohn eines Fahrradhändlers ist ein Quereinsteiger: Vor dem Wechsel in die Autoindustrie war er unter anderem für die US-amerikanischen Basketball-Liga NBA, den Sportartikler Champion und einen niederländischen Küchen- und Badausrüster tätig
Herrik van der Gaak
Der Niederländer aus Den Haag leitet seit 2018 die Geschicke von Volvo in den Niederlanden, seit 2021 zusätzlich auch in Deutschland. Der Sohn eines Fahrradhändlers ist ein Quereinsteiger: Vor dem Wechsel in die Autoindustrie war er unter anderem für die US-amerikanischen Basketball-Liga NBA, den Sportartikler Champion und einen niederländischen Küchen- und Badausrüster tätig.

Um dann aber erst einmal beim Altbewährten zu bleiben.

Vielleicht, aber Neugierde bereitet immer den Boden für etwas Neues. Deshalb müssen wir die Menschen erst einmal dazu bringen, ein Elektroauto zu fahren und im Alltag zu erleben.

Bei Probefahrten?

Ja. Wir sind stolz, dass wir im Rahmen unserer verschiedenen Probefahrt-Aktionen im vergangenen Jahr viele Menschen für Testfahrten mit vollelektrischen Modellen gewinnen konnten. Interessierte auf der Suche nach einem Neuwagen, aber auch Volvo-Kunden, die gerade ihren Verbrenner bei uns in der Werkstatt hatten. Deutschland redet viel über Elektroautos, aber viele Deutsche haben noch nie in ihrem Leben in einem Elektroauto gesessen.

Weshalb sich hartnäckig viele Vorurteile halten.

Ja. Am Ende ist das Fahren eines Elektroautos Ausdruck einer Haltung, eines Mindset. Ein Elektroantrieb passt eigentlich sehr gut zu den technikaffinen und umweltsensiblen Deutschen. In diesem Land gibt es so viele technische Gadgets, für jede Sportart spezielle Schuhe und Kleidungsstücke. Es gibt nach meinem Gefühl in Deutschland inzwischen die meisten Restaurants, die eine vegane Küche anbieten. Nachhaltigkeit, Technologie und die Familie haben hier einen sehr hohen Stellenwert.

Bald aus Belgien
Der kompakte EX30 wird derzeit noch in einem Werk der Volvo-Mutter Geely in China produziert, war ihm beim Export nach Europa Strafzölle der EU in Höhe von 18,8 Prozent beschert. Noch in diesem Jahr sollen die Autos für Europa deshalb in Gent montiert werden.

„Sobald es keine staatliche Förderung mehr geben wird, wird der Verkauf auf gewisse Art und Weise einfacher, denn dann herrschen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle“, sagten Sie im Herbst 2023 in einem Interview. Würden Sie das heute auch noch so sagen?

Ja. Denn ich bin überzeugt, dass es für ein Angebot und ein Produkt immer besser ist, wenn sich der Kunde aus freien Stücken dafür entscheidet – und nicht, weil es Incentives und Subventionen gibt. Ich bin deshalb kein Freund von staatlichen Kaufprämien für Elektroautos. Die Steuergelder investiert man stattdessen besser in die Ladeinfrastruktur oder die Verbesserung des Zugangs dazu. Denn es bringt doch nichts, wenn der Kunde nur aufgrund der Prämie ein Elektroauto erwirbt und dann nach kurzer Zeit weiterverkauft, etwa nach Dänemark oder in die Niederlande.

Sie spielen da auf anrüchige Geschäfte an, die einige Autohändler und Autokäufer vor zwei Jahren aufgrund der kurzen Haltedauer von nur sechs Monaten mit subventionierten E-Autos machten. Den Steuerzahler soll das über 600 Millionen Euro gekostet haben.

Schlimm, oder? Kurzfristige Kaufimpulse helfen sicherlich. Allerdings passen sich die Verkaufspreise von Elektroautos immer stärker den Verbrennern an. Und in Zukunft werden sicher alle Fahrzeuge, die nicht elektrisch fahren, mit einem Malus belegt werden. Die Herausforderungen liegen hingegen beim Mangel an und der Leistungsfähigkeit von Ladestationen in gewissen Regionen. Deshalb wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, den Focus stärker auf den Betrieb der E-Autos als auf deren Anschaffung zu legen.

Volvo EC40 Black Edition
Der Mittelklasse-SUV (hier in der Coupé-Variante) war das erste Modell von Volvo mit einem vollelektrischen Antrieb. Von der 40er Baureihe wurden im vergangenen Jahr 11.300 Fahrzeuge in Deutschland verkauft, 3600 davon mit einem Batterieantrieb. Foto: Volvo
Volvo EC40 Black Edition
Der Mittelklasse-SUV (hier in der Coupé-Variante) war das erste Modell von Volvo mit einem vollelektrischen Antrieb. Von der 40er Baureihe wurden im vergangenen Jahr 11.300 Fahrzeuge in Deutschland verkauft, 3600 davon mit einem Batterieantrieb. Foto: Volvo

Apropos Anschaffungskosten: Beim EX30 hat Volvo das Handicap, dass das Fahrzeug in China produziert und deshalb von der EU mit einem Strafzoll in Höhe von 18,8 Prozent belegt wird. Der Basispreis für den EX30 wurde deshalb im Dezember erst um fast 2000 Euro – von 37.990 auf 39.790 Euro angehoben. Inzwischen aber verbilligen Sie das Modell wieder mithilfe einer B2B-Prämie in Höhe von 1990 Euro für Gewerbetreibende und mit „Aktionsraten“ für Privatkunden. Ganz ohne Verkaufsfördermaßnahmen geht es doch nicht?

Natürlich sorgen wir dafür, dass das Fahrzeug attraktiv und wettbewerbsfähig gepreist ist. Inzwischen gibt es auch eine neue Einstiegsversion. Aber wichtig ist für uns in Europa, dass das Modell schon bald auch im Volvo-Werk im belgischen Gent produziert wird.

Womit der Strafzoll dann hinfällig ist.

Eine Produktion in Belgien war von Anfang an geplant, als von Strafzöllen der EU für Importfahrzeuge aus China noch nicht die Rede war. Wir wollten da produzieren, wo wir auch am meisten Autos des Typs verkaufen. Schon aus Nachhaltigkeitsgründen.

Obwohl die Herstellkosten in Belgien sicher höher sein werden als in China.

Dafür entfallen die hohen Transportkosten – und die Zölle.

Viele Experten erwarten, dass wir in der zweiten Jahreshälfte bei Elektroautos noch eine Rabattschlacht erleben werden, weil die neuen CO2-Flottenziele der EU einen höheren Anteil von Stromern bei den Neuwagenverkäufen notwendig machen. Was sind da Ihre Erwartungen?

Wir stehen da nicht unter Handlungsdruck. Wir sind schon seit 2013 dabei, unsere Flotte zu elektrifizieren und damit klimaverträglicher zu machen. Wir sind deshalb heute in Europa weit unter den neuen Grenzwerten.

Und haben deshalb keine Rabatte nötig?

Wir sehen uns als Premiummarke mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Und wir werden dafür sorgen, dass wir immer attraktiv und relevant bleiben.

Was immer das heißen mag. Wie wird sich der Automarkt in Deutschland 2025 nach Ihrem Gefühl entwickeln?

Ich denke, er wird sehr dynamisch sein aufgrund von geopolitischen Einflüssen.

Und vielleicht auch durch die Aufhebung des Verbrennerverbots in der EU?

Aus unserer Sicht wäre das keine gute Entscheidung. Es ist doch längst klar, dass die Zukunft elektrisch ist. Wir erwarten, dass Volvo bis 2030 in Deutschland 90 bis vielleicht sogar 100 Prozent unserer Autos mit einem Stecker verkaufen werden, als reines Batterieauto oder als Plug-in-Hybrid. Ich glaube auch, dass in den kommenden Jahren die Technologie stark weiterentwickeln wird.

Frontbegradigung
"Wir bieten auch weiterhin Autos mit anderen Antriebskonzepten – dem XC90 haben wir deshalb noch einmal ein Facelift verpasst."
Frontbegradigung
„Wir bieten auch weiterhin Autos mit anderen Antriebskonzepten – der XC90 hat gerade erst ein tolles Upgrade bekommen.“

Mit dem EX90 und dem ES 90, der ebenfalls noch dieses Jahr auf den Markt kommt, wächst das Volvo-Angebot an Batterieautos…

Aber wir bieten auch weiterhin Autos mit anderen Antriebskonzepten an – der XC90 hat gerade erst ein tolles Upgrade bekommen. Und auch der beim Volvo XC60 wird sicherlich noch etwas passieren, seien Sie gesapnnt.

Welchen Stellenwert wird der EX90 für Europa haben? Das Modell wird in USA produziert, ist entsprechend groß und auch relativ teuer. Große Stückzahlen sollten damit hierzulande nicht zu machen sein.

Abwarten. Der EX90 ist unser Flaggschiff, auch in Europa. Bei dem Modell kommt alles zusammen, was Volvo ausmacht. Es ist unser mit Abstand sicherstes Auto, es ist mit sieben Sitzplätzen ein echtes Familienauto. Und jeder, der das Auto sieht, mag es. Deshalb sage ich immer: Der ist so etwas wie unser Labrador.

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland angeblich über 15.000 junge Labrador-Retriever erstmals zur Hundesteuer angemeldet. So viele EX90 werden 2025 wohl nicht verkauft werden, oder?

Netter Versuch, mir eine Zahl zu entlocken. Auf welche Stückzahlen wir damit kommen und wie die Relation zum XC90 ausfällt, hängt von der Entwicklung des Gesamtmarktes für Elektroautos ab. Aber natürlich sehen wir den größten Markt für uns weiterhin im Größencluster des XC60. Und das größte Potenzial hat ohne Zweifel unser EX30.

Vielen Dank für das Gespräch.

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