Die Gefahr, dass die Berliner Innenstadt für Autos mit Verbrennungsmotoren komplett gesperrt wird, ist nicht mehr akut: Bettina Jarasch von den Grünen wird ihren Posten als Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz bald räumen müssen. Und im Entwurf des Koalitionsvertrags „Für Berlin das Beste“, den die neuen Koalitionäre von CDU und SPD kürzlich geschlossen haben und über den die beiden Parteien in den kommenden Tagen entscheiden werden, kommen Fahrverbote mit keinem Wort mehr vor.

Autos werden systematisch „vergrämt“

Was nicht heißt, dass das Thema komplett vom Tisch wäre: In anderen Städten in Europa – und auch Deutschland – wird weiterhin intensiv daran gearbeitet, den Autoverkehr zurückzudrängen. Generell, aber speziell die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

Barcelona hat mit seinem „Superblock“-Konzept schon 2018 die ersten Schritte dazu eingeleitet. Es räumt Fahrradfahrern und Fußgängern Vorfahrt vor Autos ein und zwingt heute die Autofahrer, zur Erreichung ihrer Ziele in den Wohngebieten zum Teil große Umwege zu fahren. Gleichzeitig wurde im „Urban Mobility Plan“ ein Netz von 500 Ladestationen für Elektroautos aufgebaut, die Zahl der öffentlichen Parkplätze reduziert und stark verteuert, zudem der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und in der gesamten Innenstadt Tempo 30 angeordnet. Das Ziel ist klar: Die Stadtluft soll sauberer, die Lärmbelästigung geringer, die Verkehrssicherheit höher werden – und sich der Besitz eines Privatwagens für die Stadtbewohner immer weniger lohnen.

Elektro-„Kavalir“
In der slowenischen Hauptstadt Ljubljana können sich Touristen und Senioren mit kleinen Elektroautos durch die City fahren lassen. Größere Autos, erst recht mit Verbrennungsmotor, sind hier nicht mehr zugelassen. Foto: Tourismusverband

Sloveniens Hauptstadt Ljubljana ist auf dem Weg zur Verkehrs-Idylle schon einen Schritt weiter. Getrieben von ihrer „Vision 2025“ hat Europas grünste Hauptstadt schon vor ein paar Jahren damit begonnen, Privatwagen aus dem Stadtkern zu verdrängen. Seit 2007 sind Teile der Innenstadt bereits autofrei. Zufahrt zu dieser haben dort inzwischen nur noch Fahrräder, Busse sowie die elektrischen Golf-Kart der städtischen „Kavalir“-Flotte. Und bis 2027 sollen nach den Vorstellungen der Stadtregierung in ganz Ljubljana zwei von drei Wegstrecken auf nachhaltige Weise zurückgelegt werden, also zu Fuß, per Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Paris wird zur Fahrradstadt

Ähnliche Ziele verfolgt mit Blick auf die Olympischen Spiele im kommenden Jahr auch die französische Hauptstadt Paris. Bereits im vergangenen Jahr hatte Bürgermeisterin Anne Hidalgo „Tout Paris“ für einen Tag zu einer großen Fußgängerzone erklärt – der Champs-Elysées ist es bereits seit vielen Jahren an jedem ersten Sonntag im Monat. Im Frühjahr kommenden Jahres soll jetzt zumindest der Durchgangsverkehr aus dem Zentrum verbannt werden. Um die Mobilitätswende zu bschleunigen, zahlt die Stadtverwaltung hier 500 Euro, wenn ein altes Auto verschrottet und gegen ein Fahrrad getauscht wird.

Radeln in Paris 
Radfahrer sollen nach den Vorstellungen der Stadtverwaltung an der Seine fast überall Vorfahrt bekommen, nicht nur wie heute an den ersten Sonntagen im Monat. Auch die Elektroscooter der Sharing-Dienste werden bald nicht mehr stören.
Radeln in Paris
Radfahrer sollen nach den Vorstellungen der Stadtverwaltung an der Seine fast überall Vorfahrt bekommen, nicht nur wie heute an den ersten Sonntagen im Monat. Auch die Elektroscooter der Sharing-Dienste werden bald nicht mehr stören. Foto: Eddie Junior/unsplash

Und in Deutschland? Gibt es eine ganze Reihe von Städten mit ähnlichen Verkehrsberuhigungs-Konzepten. Seit der Übernahme durch eine grüne Bürgermeisterin hat sich die Bundesstadt Bonn das Ziel gesetzt, bis 2024 zumindest den Verkehr in der Innenenstadt „emissionsfrei“ zu machen – durch den Rückbau von Straßen, den Ausbau des Radwegenetzes, die Umrüstung des städtischen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge. Aber auch durch die Ausweisung und Ausweitung von „autofreien Zonen“, etwa in der Altstadt. Und in Hannover will ein ebenfalls grüner Bürgermeister die Innenstadt bis zum Jahr 2030 weitgehend autofrei machen. Na ja, mehr oder minder.

Hamburgs Taxen ab 2025 nur noch elektrisch

In der Hansestadt Hamburg, wo angeblich bereits fast 40 Prozent der Menschen autofrei leben, gibt es ähnliche Bestrebungen. Gewisse Stadtteile und Straßen sollen hier in einem ersten Schritt autofrei und in Fahrradstraßen umgewandelt werden. Druck macht hier unter anderem die Bür­ge­r­in­itia­ti­ve „Klimawende Jetzt – Autos raus aus der Hamburger Innenstadt“. Sie fordert die Sperrung der Altstadt und der Neustadt für Privat-Pkw „als ersten Schritt zur Lösung“. Ausnahmen sollen nur noch in wenigen Fällen genehmigt werden, für Lieferverkehre und Busse.

Um die Schadstoff- und Lärmemissionen in der Stadt zu reduzieren, hat der Senat bereits beschlossen, ab 2025 in Hamburg nur noch emissionsfreie Taxen zuzulassen – mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb. Das Verbrenner-Verbot, das in der gesamten EU ab 2035 gelten soll, könnte an der Elbe also schon deutlich früher eintreten. Tausende Stadtbewohner müssten dann dann ihren aktuellen Gebrauchtwagen wohl verkaufen. Um ganz aufs Auto zu verzichten oder zumindest auf ein Elektroauto umzusteigen.

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