Corona hat die gesamte Autoindustrie schwer getroffen. In Deutschland gingen die Pkw-Neuzulassungen in April und Mai um über 50 Prozent zurück, in vielen Ländern Westeuropa sogar noch stärker. Große Automobilkonzerne mit langer Historie und großen Kapitalreserven können solche Krisen leicht wegstecken auch wenn es sie natürlich hart trifft. Aber Start-ups mit dünner Kapitaldecke brechen da leicht ein. Erst recht, wenn sie noch keine Verkaufserlöse erzielen und obendrein mit großen Anfangsinvestitionen zu kämpfen haben – in neue Produktionsstätten oder eine Vertriebsorganisation.

Gleich zwei Jungunternehmen kämpfen deshalb nun ums Überlegen. Beide haben sich auf den Bau von Elektroautos fokussiert, beide zählten zu den Hoffnungsträgern der E-Auto-Szene. Und beide steckten gerade mitten in Finanzierungsrunden, als der Corona-Virus zuschlug.

Investoren kriegen durch Corona kalte Füße

Das eine Unternehmen ist die Future Mobility Corporation aus dem chinesischen Nanjing, die unter der Marke Byton und mit dem Modell M-Byte 2021 ein preiswertes Elektroauto der Extraklasse auf den Markt bringen wollte. Ehemalige BMW-Manager hatten das Unternehmen 2017 mit Hilfe chinesischer Investoren aus der Taufe gehoben, um Tesla auf dem Weltmarkt Paroli bieten zu können. Mit einem Aufwand von umgerechnet 1,5 Milliarden Milliarden Euro war dafür nahe Nanjing eine riesige Fabrik hochgezogen worden.

Im vergangenen Jahr stieg mit FAW First Auto Works) sogar ein Staatsunternehmen mit besten Verbindungen zum Volkswagen-Konzern bei Byton ein. Und im Januar kündigte im Rahmen der Finanzierungsrunde C auch der japanische Mischkonzern Marubeni eine Beteiligung an. Alles schien auf gutem Weg. Doch wie diese Woche bekannt wurde und von dem Byton-Sprecher in Deutschland bestätigt wurde, ist die Finanzierungsrunde vorerst geplatzt: Einige Investoren kriegten kalte Füße und zogen ihre finanziellen Zusagen zurück. Der Byton-Vorstand unter Leitung von Daniel Kirchert zog daraufhin die Reißleine: In China und in den USA wurden Angestellte beurlaubt oder entlassen, in Europa – Byton unterhält in München unter anderem ein Designzentrum mit 65 Beschäftigten – in Kurzarbeit geschickt.

Tesla-Fighter in der Warteschleife
Mit dem vollelektrisch und teilautonom fahrenden M-Byte wollte Byton eigentlich schon in diesem Sommer Tesla herausfordern. Wann die Serienfertigung startet, ist nun völlig offen.

Das neue Werk, das erst vor wenigen Wochen zertifiziert und für die Aufnahme einer Serienproduktion von der chinesischen Regierung freigegeben worden war, ist jetzt erst einmal eingemottet. Einige Dutzend Vorserienfahrzeuge waren in der Fabrik noch gebaut worden. Aber jetzt ist „erst einmal“, wie es heißt, Schluss. Wann die Bänder wieder anlaufen, ist laut Europa-Sprecher Oliver Strohbach aktuell „völlig offen“. Auch der Aufbau der Vertriebsorganisation in Europa sei vorläufig auf Eis gelegt, obwohl es angeblich Investitionszusagen in einer Höhe von insgesamt einer Milliarde Euro gab.

Ex-BMW-Manager Kirchert ist dem Vernehmen nach im „Kampfmodus“, wild entschlossen, das Unternehmen zu retten. Aber hinter den Kulissen kursieren bereits Alternativpläne. Die Rede ist vage von einem Verkauf des Unternehmen an einen Automobilkonzern, aber auch von einem Re-Start mit neuen Investoren und einer stärkeren Fokussierung auf den chinesischen Markt. Strohbach: „Es sieht aktuell aber nicht nach einer schnellen Lösung aus.“

eGo Mobile lässt Produktion ruhen

Das gilt wohl auch für den zweite E-Auto-Bauer, der gerade ums Überleben kämpft: Go Mobile. Seit dem 1. Juli ist das Unternehmen auf Anordnung des Aachener Amtsgerichts in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Um die Insolvenzmasse zu schonen, wurden die Produktion des e.Go Life und weitere Entwicklungsarbeiten für den Monat Juli gestoppt, die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Derweil versucht Firmengründer Günther Schuh neue Investoren aufzutreiben. Mit vier sei man aktuell im Gespräch, drei davon seien international tätig. Ziel sei es, bis zur dritten Juliwoche eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, sagte Schuh in einem Radio-Interview. Falls das nicht gelingen sollte, könne man um bis zu zwei Wochen verlängern. Er gehe aber davon aus, dass er Ende Juli „wieder eine komplett durchfinanzierte Firma“ haben werde.

prof schuh mit dem e.go life sport und dem e.go life conceptcross
Produktion und Entwicklung ruhen erst einmal
Günther Schuh, Gründer von e.Go Mobile, neben dem e.Go Life sowie dem Concept Cross, der eigentlich im kommenden Jahr in Serie gehen sollte. Bild: e.Go Mobile

Im Unterschied zu Byton hatte eGo Mobile bereits Fahrzeuge verkauft. Die Auslieferung des E-Winzlings e.GO Life begannt im letzten Jahr mit der „First Edition“ zum Preis von 24.250 Euro. Seit Juni konnte das Stadtmobil in zwei weiteren Versionen mit 122 und 139 Kilometer Reichweite zu Preisen ab 23.289 Euro geordert werden. „Das Interesse am e.GO Life ist nach wie vor sehr groß“, ließ Firmenchef Schuh mitteilen. Und: „Wir arbeiten weiter mit vollem Einsatz daran, die Mobilität der Zukunft mitzugestalten.“

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