Um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, spielen viele Unternehmen gerne eine Karte aus: den Dienstwagen. Ist ja auch praktisch, wenn man sich auf Kosten des Unternehmens den Traumwagen konfigurieren und damit auch in der Freizeit fahren kann.
Beim börsennotierten Technologiekonzern Schneider Electric (SE) jedoch geht es bei der Auswahl des Dienstwagens weniger um private Vorlieben der Mitarbeiter. Vielmehr ist wichtig, wie er fährt: nämlich mit Elektroantrieb. Der französische Konzern, dessen deutsche Zentrale in Ratingen bei Düsseldorf sitzt, prüft dann das Fahrprofil des Außendienstlers, bespricht mit dem Dienstwagen-Berechtigten, wie viele Kilometer er in der Regel zurücklegt, ob er das Auto zu Hause laden kann oder die Batterie lieber etwas mehr Kapazität haben sollte. „Dieser Prozess ist sehr aufwändig, aber da müssen wir jetzt durch“, sagt Daniel Rook. Er ist Personalverstand bei SE und leitet das ausgegründete E-Mobilitäts-Start-up Inno2grid in Berlin. Bis 2023 will er die 1.500 SE-Dienstwagen in Deutschland komplett auf Elektroantrieb umstellen.
Auch die Mitarbeiter müssen mitziehen
Schon seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich der Technologiekonzern mit dem Thema Elektromobilität, hat dazu eine Reihe von Forschungsprojekten und Start-ups dazu ins Leben gerufen. Kein Wunder: Bei einer stattlichen Zahl von weltweit rund 14.000 Firmenwagen gibt es viel Veränderungspotenzial. Von den Mitarbeitern gab es für die Pläne einer elektrobetriebenen Flotte bereits im Jahr 2018 grünes Licht: In einer unternehmensinternen Umfrage zeigten sich damals 86 Prozent der Mitarbeiter bereit, auf ein E-Auto umzusteigen – ein hoher Wert. Laut Rook liegt das auch an der Innovationsfreude des Teams.
Immer mehr Unternehmen in Deutschland bemühen sich inzwischen um ein nachhaltiges Mobilitätskonzept. Bereits bei rund einem Viertel sind Elektroautos fester Bestandteil der Flotte – und der Anteil könnte in den kommenden Jahren stark wachsen: 60 Prozent der Flottenmanager gehen davon aus, in rund zehn Jahren eine elektrisch betriebene Unternehmensflotte zu verwalten, zeigt eine Umfrage des Telematikunternehmens Geotab aus dem Jahr 2019. Nachhaltigkeit ist dabei nicht immer die einzige Motivation.
Elektrische Flotten rechnen sich
Elektroautos rechnen sich zunehmend finanziell, da der härtere Wettbewerb auf dem Markt der Elektroautos für sinkende Preise sorgt. Auch die Anschaffungskosten für batteriebetriebene Autos sind dank erhöhter Umweltprämie gesunken. Zusammen mit dem Herstelleranteil in Höhe von unverändert 3.000 Euro ergibt sich daraus eine Elektroauto-Prämie von inzwischen bis zu 9.000 Euro.
Für Flottenmanager spielt das aber nur eine untergeordnete Rolle, da sie die Fahrzeuge meist leasen und nicht kaufen. Entscheidend sind vielmehr die Vorteile bei der Besteuerung von elektrischen Dienstwagen. Das kann auch SE bestätigen: „Der größte Anreiz ist nach wie vor – neben dem Nachhaltigkeitsgedanken – die günstige Versteuerung des geldwerten Vorteils“, gibt Rook zu. Für die private Nutzung des Geschäftswagens wird monatlich ein Prozent des Bruttolistenpreises versteuert, bei Plug-in-Hybriden sind es 0,5 Prozent, bei reinen Elektrofahrzeugen nur 0,25. Sie sind damit deutlich günstiger als Dienstwagen mit herkömmlichem Antrieb.
Keine Plug-in-Hybride bei Schneider Electric
Schneider Electric hat sich explizit gegen Plug-in-Hybride entschieden. „Wir haben Hybrid-Fahrzeuge in unserer Unternehmensflotte getestet, leider mit schlechtem Ergebnis“, sagt Personalvorstand Rook. Denn Plug-in-Hybride verbrauchen im Realbetrieb teilweise sogar mehr Sprit als reine Verbrenner und stoßen somit auch mehr CO2 aus als in der Statistik ausgewiesen. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein Test des ADAC. Der Grund für den höheren Ausstoß ist oft das hohe Gewicht beider Antriebssysteme.
SE will seine deutsche Fahrzeugflotte deswegen auf reine Elektroautos umstellen. „Mitarbeiter, die längere Strecken zurücklegen müssen, bekommen bei uns einfach ein leistungsstärkeres Elektroauto“, erklärt Rook – also ein Modell mit mehr Batterieleistung. Aktuell setzt SE darum auch auf Fahrzeuge von Tesla und profitiert vom gut ausgebauten Schnellladenetz des E-Auto-Pioniers, der vor allem an den Autobahnen für ausreichend Ladepunkte sorgt.
Firmen müssen selbst Ladestationen bauen
Nicht alle Unternehmen, die bei ihrer Flotte auf Elektroantrieb setzen wollen, sind in dieser komfortablen Situation. „Die größte Hürde ist die Ladeinfrastruktur“, bestätigt Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbands Fuhrparkmanagement. Tankstellen für Verbrenner gibt es schließlich überall. Wer sein E-Auto tanken will, muss hingegen erstmal eine Ladesäule suchen und dann mindestens eine halbe Stunde warten, bis der Akku wieder bereit ist. „Da kommt dann oft das Argument: ‚So viel Zeit habe ich im Außendienst gar nicht!‘“, sagt Schäfer. Darum steht für ihn fest: „Wer seinen Fuhrpark elektrifizieren will, der muss ausreichende Lademöglichkeiten im Unternehmen und bei den Mitarbeitern mitplanen, damit die Fahrzeuge möglichst wenig ‚auswärts‘ betankt werden müssen.“
Das sieht auch L’Oréal so. Bei dem französischen Kosmetikkonzern sind inzwischen rund 15 Prozent der etwa 700 Dienstwagen in Deutschland reine Elektroautos oder Plug-in-Hybride. Aktuell geleaste Verbrenner ersetzt L‘Oréal nach Vertragsende nur noch durch Hybrid-Modelle oder Elektro-Auto. Bis 2023 will das Unternehmen alle reinen Benziner oder Diesel ausgetauscht haben. An allen Standorten bietet L‘Oréal Lademöglichkeiten für Mitarbeiter. Allein in Düsseldorf baut der Kosmetikkonzern aktuell an 30 weiteren Ladeboxen in der unternehmenseigenen Tiefgarage – die notwendigen Vorkehrungen dafür hatte das Unternehmen bereits beim Bau berücksichtigt. Zwei weitere Ladesäulen sind für die Öffentlichkeit bestimmt, können etwa von Besuchern genutzt werden.
WEG-Reform soll Laden daheim erleichtern
Schneider Electric wiederum verfügt deutschlandweit bereits über 57 Ladesäulen. Damit seine Mitarbeiter besonders nachhaltig laden können, hat das Unternehmen an allen Standorten Photovoltaikanlagen installiert. Denn auch der Strommix entscheidet darüber, wie umweltfreundlich Elektroautos letztlich sind. Aktuell reichen die Ladekapazitäten nach Angaben von SE und L’Oréal aus. Damit trotzdem nicht alle Fahrzeuge der Flotte tagsüber am Standort laden müssen, installieren die Unternehmen auch bei den Mitarbeitern zu Hause sogenannte Wallboxen. Diese bieten schnellere Ladezeiten, sind aber nicht immer einfach zu installieren.
„Nicht jeder Mitarbeiter hat eine Garage und ein Eigenheim“, erklärt Marcus Born, verantwortlich für die Bereiche Environment, Health, Safety und Campusmanagement am Düsseldorfer Standort von L’Oréal. „Wohnt ein Mitarbeiter zur Miete, muss der Hauseigentümer der Installation zustimmen. Und das macht noch nicht jeder.“
In Zukunft soll das einfacher gehen: Die Große Koalition hat eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes auf den Weg gebracht, die zum Jahresende in Kraft treten könnte. Zukünftig sollen Vermieter und Eigentümergemeinschaften nur noch bei verwendeten Materialien und der Umsetzung mitreden können – und könnten dann kein Veto mehr gegen eine Wallbox einlegen.
Standort entscheidet über Erfolg
Doch damit ist es bei beiden Unternehmen nicht getan. Schließlich sind die Mitarbeiter mit Geschäftswagen die meiste Zeit unterwegs: „Optimal ist es natürlich, wenn Mitarbeiter beim Kunden direkt laden und mit vollem Akku zurückfahren können“, sagt Schäfer vom Fuhrparkverband. Je mehr Unternehmen sich also dem Thema widmen, desto mehr profitieren auch alle anderen davon. Alternativ bleiben sonst nur noch externe Ladesäulen, die in weiten Teilen Deutschlands noch rar sind. Es ist also kein Zufall, dass gerade Unternehmen wie SE und L’Oréal mit Sitz im Rhein-Ruhr-Gebiet vorangehen. Die Ladeinfrastruktur ist hier bereits besser ausgebaut als zum Beispiel in vielen Städten im Süden Deutschlands. Ob ein Unternehmen die eigene Flotte schnell elektrifizieren kann, bleibt aktuell also oftmals eine Standortfrage.