Ende Oktober hatte sich Timo Sillober, der für die Elektromobilität bei der EnBW verantwortliche Chief Sales & Operations Officer, noch sehr vorsichtig geäußert über mögliche Preiserhöhungen. Die Marktentwicklung werde sehr aufmerksam beobachtet. Aktuell könne man die Ladetarife „noch stabil halten“, aber es sei „derzeit schwierig, eine Vorhersage über die weitere Entwicklung zu machen“, sagt er im Interview mit EDISON.
Vier Wochen später ist klar: So wie bisher, mit den aktuellen Ladestrom-Preisen und der aktuellen Tarifstruktur, kann es aufgrund der hohen Kosten für die Beschaffung des Stroms an den Ladesäulen nicht weiter gehen. Deshalb werden sich die Fahrer von Elektroautos, die ihre Fahrzeuge mit der Ladekarte oder App mobility+ mit Strom versorgen, am 17. Januar auf neue Tarife einstellen müssen – die wie erwartet – deutlich teurer sind als bisher. Im Schnitt um 27 Prozent, wie der Energiekonzern jetzt bekannt gab.
Bis zu 20 Cent mehr pro Kilowattstunde
Kostete die Kilowattstunde (kWh) Strom beim Ad-Hoc-Laden im Standardtarif ohne Monatsgebühr bislang 45 Cent an den EnBW-eigenen AC-Ladestationen und 55 Cent an den DC-Schnellladern im so genannten Hypernetz des Unternehmens, werden im neuen Ladetarif S ohne Grundgebühr künftig wenigstens 61 Cent fällig. Die Unterscheidung nach Ladeleistung und Ladegeschwindigkeit fällt künftig weg. An den Ladeplätzen anderer Betreiber werden sogar 65 Cent/kWh fällig.
Der „Sondertarif“ von 79 Cent/kWh bei der Nutzung der High Power-Charger von Ionity in Europa bleibt unabhängig von den Tarifgruppen weiter bestehen.
Wer den Ladestrom günstiger beziehen möchte, muss sich auf einen der neuen Viellader-Tarife namens M oder L einlassen: Gegen Zahlung einer Monatsgebühr von 5,99 Euro sinkt der Preis für die Kilowattstunde dann auf 49 Cent im EnBW-Netz oder – bei einer Monatsgebühr von 17,99 Euro (Ladetarif L) sogar auf 39 Cent/kWh im EnBW-Netz und auf 50 Cent an Stationen anderer Betreiber. Letzteres dürfte sich aber nur für Dienstwagen-Fahrer mit hohen Kilometerleistungen lohnen.
Reaktion auch auf Marktveränderungen
Wie es in einer Stellungnahme des Unternehmens heißt, reagiert EnBW mit der neuen Tarifstruktur nicht nur auf die hohen Beschaffungskosten, sondern auch auf Bewegungen im Markt: Die Preise von Wechsel- und Gleichstrom an den Ladesäulen hätten sich in den vergangenen Monaten immer mehr angeblichen. Zudem habe im öffentlichen Raum das Schnellladen der Akkus „erheblich an Bedeutung gewonnen“: Die meisten E-Autos seien heute in der Lage, in kurzer Zeit große Strommengen aufzunehmen. So lasse sich der Stromer optimal in den Alltag einbinden, wenn das Fahrzeug beispielsweise während des Einkaufens in einem Supermarkt geladen wird.
„Wir machen das Laden für alle Autofahrer noch einmal einfacher“, warb Sillober für die neue Tarifstruktur. „Es gibt nur noch einen Kilowattstundenpreis, egal, ob für normales oder schnelles Laden, ob im In- oder Ausland, ob morgens oder abends, ob wochentags oder feiertags.“ Mehr Einfachheit, Kostentransparenz und Planungssicherheit biete kein anderer E-Mobility-Provider.
Betriebskostenvorteil von Stromern schrumpft
Andererseits sorgen die Preiserhöhungen beim Ladestrom aber auch mit dafür, dass sich nach einer aktuellen Analyse des McKinsey Center for Future Mobility für EDISON die Gesamtbetriebskosten für batterieelektrische Fahrzeuge denen von Verbrennern im kommenden Jahr wieder stärker angleichen werden.
Kostete der Betrieb eines kompakten Elektroautos vom Kaliber eines VW ID.3 im Januar noch 36 Cent pro Kilometer, muss im kommenden Jahr in Deutschland nach der Prognose der Experten mit einem Kilometerpreis von 47 Cent gerechnet werden. Dafür verantwortlich ist neben den steigenden Stromkosten auch eine Verteuerung der Batteriekosten um rund 1000 Euro pro Fahrzeuge – sowie die Bundesregierung durch die Reduzierung des Umweltbonus.
Bei Kompaktautos mit Verbrennungsmotoren („Golf-Klasse“) steigen im gleichen Zeitraum die Betriebskosten nur um knapp zwei Cent pro Kilometer – von 48 auf 51 Cent. Schuld daran haben hier im wesentlich die höheren Aufwendungen für die Abgasreinigung. Die Entwicklung der Spritpreise an den Tankstellen hingegen fällt demgegenüber nur moderat aus.