Rebecca E. ist Direktorin einer international tätigen Werbeagentur mit Sitz in Düsseldorf. Einen Dienstwagen? Hätte sie „locker“, wie sie sagt, bekommen. „Aber was soll ich damit?“ Sie wohne in der Innenstadt, nur wenige hundert Meter vom Büro entfernt. Parkplätze seien dort Mangelware. Und zu ihren Kunden in Niedersachsen und in Baden-Württemberg komme sie schneller und bequemer mit dem ICE statt mit einem Auto. Nein, statt des Dienstwagens entschied sie sich bei ihrem Wechsel in den neuen Job für das Mobilitätsbudget, das ihr der Arbeitgeber ersatzweise anbot. Sie nutzt es für Fahrten in der 1. Klasse mit der Bahn, für die Nutzung von Taxen und gelegentlich für Car-Sharing-Angebote. Und ein paar Mal im Jahr, um einen Mietwagen für die Fahrt in den Urlaub zu buchen.

Dienstwagen mögen für manche junge Führungskräfte wie ein Relikt aus aus lange zurückliegenden Zeiten erscheinen. Tatsächlich aber stehen sie in Deutschland weiterhin hoch im Kurs. Dies belegen die Ergebnisse des jüngsten „Mobility Observatory“, für das der Leasinganbieter Arval zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen Kantar im Frühjahr 5600 Flottenmanager befragt hat – in 20 Ländern West- und Nordeuropas, aber auch in Russland, der Türkei und auch in Brasilien. Das Ergebnis: Von einer jungen Klientel in den Großstädten abgesehen stehen Firmen- und Dienstwagen immer noch hoch im Kurs. Das gilt in besonderem Maße in Deutschland, wo nach den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) immer noch über 65 Prozent der Personenwagen auf ein Unternehmen zugelassen und gewerblich genutzt werden.

Dienstwagen als Motivationsmittel

„Firmen- und Dienstwagen sind immer noch ein Schlüsselelement der deutschen Firmenkultur“, konstatiert Katharina Schmidt, die für die Studie verantwortliche Arval-Managerin, im Gespräch mit EDISON. Für die Gewinnung von Fachkräften, aber auch als Motivationsinstrument seien sie nach wie vor unerlässlich. Nach den jüngsten Ergebnissen der Umfrage – die übrigens noch vor Ausbruch der Corona-Krise erstellt wurde – werden nach ihrer Einschätzung die Fuhrparks deshalb in den kommenden Jahren hierzulande eher wachsen als schrumpfen.

Aber es zeichnet sich immerhin auch hier eine gewisse Mobilitäts- und Energiewende ab: Die Flottenmanager in vielen deutschen Unternehmen öffnen sich immer stärker für neue Mobilitätskonzepte. Und in den Fuhrparks wächst kontinuierlich die Zahl von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben.

Bunter Mix
Flottenmanager in Deutschland stellen sich auf einen wachsenden Anteil von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben in den Fuhrparks der Unternehmen ein. Grafik: Arval

Im Schnitt zählen die Fuhrparks deutscher Unternehmen heute 143 Fahrzeuge – Personenwagen und leichte Transporter. Der überwiegende Teil hat immer noch einen Verbrennungsmotor an Bord. Na klar: Über 60 Prozent der Autos legen im Jahr mehr als 30.000 Kilometer zurück. Trotzdem sinkt der Anteil der Dieselautos sinkt. Und der Anteil der Plug-in Hybride (PHEVs) steigt. Das eine ist eine direkte Folge des Dieselskandals von 2015/16 und der Diskussion über Dieselfahrverbote in vielen Großstädten.

Nachfrage steigt mit den Anreizen

Der andere Trend ist eine Folge der steuerlichen Förderung, die an der Steckdose wiederaufladbare Teilzeitstromer hierzulande erfahren. Schmidt: „Die Nachfrage steigt und fällt mit den Anreizen“. Aktuell muss bei der privaten Nutzung des Plug-in-Hybridautos nur der halbe Satz des geldwerten Vorteils versteuert werden. „Das macht sich bei vielen Dienstwagenberechtigten schon in der Geldbörse bemerkbar.“ Und in der Zulassungsstatistik: Im ersten Halbjahr 2020 haben sich in Deutschland die Neuzulassungen von Fahrzeugen mit diesem Antriebskonzept verdreifacht.

Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten
In Norwegen und Großbritannien wächst der Anteil der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben deutlich schneller als in Deutschland. Grafik: Arval

Und der Trend dürfte sich fortsetzen: Nach der Befragung für das Arval Fuhrpark-Barometer wollen 46 Prozent der Flottenbetreiber in den kommenden drei Jahren den Anteil der PHEVs weiter ausbauen. Nur 32 Prozent der befragten Manager zaudern noch. Aufgrund der höheren Fahrzeugkosten, vor allem aber wegen einer aus ihrer Sicht unzureichenden Lademöglichkeiten in der Öffentlichkeit sowie in den Betrieben selbst.

Katharina Schmidt
leitet bei Arval das Beratungsgeschäft und den firmeneigenen Fuhrpark.

Mit solchen Handicaps haben erst recht reine Elektroautos zu kämpfen. Aktuell haben erst 17 Prozent der befragten Unternehmen einen Stromer im Fuhrpark. Weitere Batterieautos wollen in den kommenden drei Jahren aber immerhin 46 Prozent der Unternehmen in ihre Flotte aufnehmen. Nach eigenen Angaben, um die CO2-Emissionen aus dem Fuhrpark zu reduzieren, um das Unternehmensimage zu verbessern, aber auch, um steuerliche Anreize zu nutzen. Nur in Norwegen und in den Niederlanden, in Schweden und Belgien ist das Interesse an den Stromern größer. In vielen anderen Länder verfolgen die Flottenmanager die Entwicklung der Elektromobilität aber mit noch größerer Skepsis. Das gilt in besonderem Maße für Tschechien, für Polen und Russland.

Neue Mobilitätslösungen sorgen für Stress

„Schritte in die richtige Richtung“ erkennt Arval-Managerin Schmidt bei der Analyse der Umfrageergebnisse aber auch an anderer Stelle. Nämlich bei der wachsenden Akzeptanz alternativer Mobilitätslösungen. 53 Prozent der Flottenmanager bieten in ihrem Unternehmen bereits Car-Pooling und Corporate Car Sharing an, offerieren Mitarbeitern Mietwagen, Job-Bikes oder ein Job-Ticket. Und diese Angebote wollen sie in den kommenden Jahren weiter ausbauen.

Teilen und Fahren
Corporate Car Sharing – die gemeinsame Nutzung von Firmenautos durch Mitarbeiter – ist in anderen Ländern deutlich stärker verbreitet als in Deutschland. Grafik: Arval

Im internationalen Vergleich hat Deutschland auf dem Gebiet noch großen Nachholbedarf. Was laut Schmidt aber nicht an dem geringen Interesse an den innovativen Konzepten liegt, sondern an dem Aufwand, die innerbetrieblich mit der Implementierung der Konzepte verbunden ist. „Viele Produkte sind noch nicht ausgereift, andere sind mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden.“ Beim Car-Pooling seien beispielsweise regelmäßig Übergabeprotokolle zu erstellen, um etwa Schäden am Fahrzeug festzuhalten. Auch die Reinigung und Betankung sei zu organisieren, bei Elektroautos natürlich die Ladevorgänge. Schmidt: „So etwas frisst sehr viel Zeit und bringt oft auch noch Stress mit sich.“

Na klar: Bei solchen Perspektiven bleibt mancher Flottenbetreiber lieber erst einmal bei der guten alten Dienstwagen-Regelung.

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