Thomas Alva Edison und Henry Ford waren zeitlebens dicke Freunde. Gemeinsam entwickelten der geniale Erfinder und sein Mitarbeiter zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein batterieelektrisches Auto und sogar ein System zum schnellen Wechseln der Batterien – um etwa Taxifahrern lange Wartezeiten an der Ladesäule zu verhindern. Ford entschied sich dann aber für die Gründung eines eigenen Unternehmens und die Massenproduktion eines Autos mit Verbrennungsmotor – des Model T. Das Thema Elektroauto war damit erst einmal erledigt. Für Edison ebenso wie für Ford und seine Motor Company.

Erst über 100 Jahre später nahm Ford – die Motor Company, nicht der Gründer – den Faden wieder auf. 2017 wurde am Stammsitz in Dearborn ein „Team Edison“ aus der Taufe gehoben, um die Bemühungen zur Entwicklung marktfähiger Batterieautos zu intensivieren. Kurz zuvor hatte das Unternehmen beschlossen, die Produktion des Ford Focus Electric einzustellen. Eine Reichweite von gerade einmal 150 Kilometer und ein Preis, der fast doppelt so hoch war, wie die benzingetriebene Variante, hatten den kompakten Stromer zum Ladenhüter gemacht.

„Team Edison“ liefert endlich

Jetzt werden die ersten Ergebnisse der Anstrengungen sichtbar, die das „Team Edison“ in den vergangenen drei Jahren unternahm. Ende des Jahres werden die ersten Serienfahrzeuge des vollelektrischen „Mach E“ endlich auf die Straße rollen, erst in USA, dann – Anfang 2021 – auch in Europa. Eigentlich wollte man schon im Herbst die ersten Kunden beglücken. Aber die Corona-Krise hat auch in Mexiko, wo der vollelektrische und allradgetriebene SUV produziert wird, für gewaltige Verzögerungen gesorgt.

Mal mehr, mal weniger Strom
Im Standardmodus entscheidet der Computer je nach Fahrsituation, wie gefahren wird: Mit dem Elektromotor, mit dem Benziner oder beiden Antrieben. Will der Fahrer selbst entscheiden, schaltet er in den Modus „EV Jetzt“ oder „EV Später“. Oder er lädt mit dem Benziner den Akku auf, um am Ziel wieder elektrisch fahren zu können. Foto: Ford

In der Zwischenzeit werden mit dem Schlachtruf „Ford goes Electric“ die Verkaufsräume der Ford-Händler mit einer Welle von „elektrifizierten“ Autos geflutet – Mild-. Full- und Plug-in-Hybride. „Ford steht unter Strom wie nie“, behauptet die Kommunikatoren des Konzerns. Bis Ende kommenden Jahres würden 18 Modelle mit teil- oder vollelektrischem Antrieb auf den Markt kommen, davon 14 noch in diesem Jahr. Doch wer genauer hinschaut, muss feststellen: Vorerst fließt nur Schwachstrom. Der neue Kompakt-SUV Puma kriegt einen riemengetriebenen Starter-Generator, der die kinetische Bremenergie zurückgewinnt und in eine luftgekühlte 48 Volt-Batterie einspeist. Die gleiche preiswerte Technik zur Effizienzsteigerung bekommen der neue Kuga und auch der Kastenwagen Transit. Sie bringt mehr „Wumms“ in den Antriebsstrang und bessert mit einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch die CO2-Bilanz.

Mit der Kraft der zwei Herzen

Rein elektrisch rollen können die milden Hybridautos freilich nicht – dafür reicht der Energiegehalt der Batterie nicht. Dafür gibt es den Kuga nun wie zuvor schon die Mittelklasselimousine Mondeo mit einem echten Hybridantrieb und einer Lithium-Ionen-Batterie, die immerhin 1,4 (!) Kilowattstunden Strom speichert. Bis zu zehn Kilometer soll man damit lautlos wie emissionsfrei fahren können – wenn man das Gaspedal nur sachte mit der Fußspitze kitzelt.

Dicker Brummer mit Batterie
Der neue Ford Explorer wird hierzulande ausschließlich als Plug-in angeboten. Ist der Akku voll, soll er immerhin 42 Kilometer emissionsfrei fahren können. Foto: Ford

Für diejenigen, die deutlich größere Strecken stromern möchten, hat Ford den Plug-In-Hybrid im Programm: Teilzeitstromer, deren Batterie an der Steckdose oder an einer Ladesäule wieder aufgeladen werden können. Bei Berufspendlern und Dienstwagenfahrern stehen die PHEVs gerade hoch im Kurs. Weniger weil die Antriebstechnik die Umwelt, mehr weil sie die Kasse schont: Der deutsche Finanzminister fördert die Anschaffung und den Betrieb – ohne kontrollieren zu lassen, ob das Ladekabel im Alltagsbetrieb auch genutzt wird. Obendrein sorgt die „Kraft der zwei Herzen“ dafür, dass die Autos entweder sehr dynamisch oder sehr sparsam bewegt werden können.

„EV Jetzt“ braucht Überredungskunst

Der Antriebsstrang im neuen Kuga PHEV etwa kommt auf eine Systemleistung von 165 Kilowatt (225 PS), zu der ein 2,5 Liter großer Vierzylinder 112 kW oder 152 PS beisteuert. Und der ebenfalls nagelneue Explorer kommt dank V6-Benziner und Elektromotor gar auf eine Systemleistung von 335 kW (457 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 825 Newtonmeter. Da kommt bei Fans einer dynamischen Fortbewegung Freude auf.

Aber man kann beide Fahrzeuge auch ganz anders bewegen, sparsam und beinahe lautlos. Dann nämlich, wenn man den Verbrenner per Knopfdruck zum Schweigen zwingt. Bei einer Testfahrt mit dem Kuga PHEV durch das Bergische Land war dazu allerdings einige Überredungskunst erforderlich: Der Bordcomputer forderte unterwegs trotz voller Batterie immer wieder dazu auf, den Benziner zuzuschalten. Der Tester widerstand indes der Versuchung und blieb im „EV Jetzt“-Modus – bis der 14,4 KWh große Akku nach gut 45 Kilometer die weiße Fahne schwenkte. Theoretisch soll man dank eines sogar bis zu 56 Kilometer weit kommen. Die Zahl scheint nicht unrealistisch: Der Elektromotor geht nach ersten Feststellungen sehr sparsam zu Werke.

Ford Mustang Mach E
Die Corona-Krise hat auch in Mexiko die Autoproduktion vorübergehend zum Erliegen gebracht. Der E-SUV kommt deshalb erst 2021 in größeren Stückzahlen nach Europa. © Ford

Und wie geht es weiter? Vor wenigen Tagen erst haben Volkswagen und Ford nach monatelangen Verhandlungen die Verträge über ihre globale Allianz in den Bereichen Elektrifizierung, leichte Nutzfahrzeuge und autonomes Fahren unterzeichnet. Diese geben Ford unter anderem Zugriff auf den Modularen Elektro-Baukasten von VW, auf dem unter anderem der ID.3 aufbaut. Im Forschungs- und Entwicklungszentrum von Ford in Köln-Merkenich wird nun darüber gebrütet, wie sich auf der Basis der MEB-Plattform ein vollelektrischer Ford im Fokus-Format realisieren lässt.

Das klingt einfach, muss man der Plattform doch eigentlich nur eine eigene Karosserie aufsetzen. Aber der „Hütchen“-Tausch ist wohl nicht so einfach, lassen Ford-Manager durchklingen. Zumal der Stromer von Ford wohl auch die Betriebssoftware VW.OS nutzen müsste, um ins Rollen zu kommen.

Das klingt trotz „Hochspannung“ nicht nach schnellen Lösungen.

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