Die ideale Form zur Minimierung des Luftwiderstands ist eine Träne. Das fanden die Konstrukteure und Designer von schnellen Autos und Triebwagen schon vor 100 Jahren heraus. Fahrzeuge mit einem Tropfenprofil – einer abgerundeten Nase und einem langen, sich verjüngenden Heck – konnten aufgrund des geringeren Luftwiderstands höhere Geschwindigkeiten erreichen und mussten dafür weniger Energie aufwenden – ein Ergebnis war ein geringerer Energieverbrauch. Der Tatra 77, der Chrysler Airflow, Lincoln Zephyr und Pontiac Streamliner wurde nach dem Prinzip gestaltet, nicht zuletzt auch der VW Käfer. Und mehrere Hochgeschwindigkeitszüge wie der legendäre „Schienenzeppelin“.
cW-Wert von 0,21
Im Zeitalter der Elektromobilität, wo es gilt, mit einem minimalen Einsatz von Energie möglichst große Reichweiten darzustellen, steht das Konstruktionsprinzip nun vor einer Wiederbelebung. Doch während der Mercedes EQXX (cW-Wert 0,17) nur ein Konzeptauto ist und der Lightyear Zero (cW-Wert 0,19) nur in einer Kleinserie von 946 Exemplaren auf die Straße kommt, hat Hyundai mit dem neuen Ioniq 6 (cW-Wert 0,21) Großes vor: Der „Electrified Streamliner“ soll sich weltweit in großen Stückzahlen verkaufen – ab Ende des Jahres auch in Deutschland. Zu welchen Preisen, steht allerdings noch nicht fest.
Versprochen wird für die 4,85 Meter lange und 1,49 Meter hohe Fließheck-Limousine eine Reichweite von bis zu 610 Kilometern nach der Verbrauchsnorm WLTP – in der Version mit Heckantrieb und dem 77,4 kWh großen großen Akku. Das wären rund 100 Kilometer mehr als im Ioniq 5, der mit dem gleichen Antriebsstrang daherkommt und in der Topversion mit dem gleichen Akku ausgestattet ist.
Zwei Akku-Größen im Angebot
In der (leichteren) Version mit Heckantrieb, dem 58 kWh großen Standard-Akku sowie mit Rädern im Format 18 Zoll soll der Stromverbrauch lediglich 14 kWh/100 km betragen, was Reichweiten von über 400 Kilometer verspricht. Und natürlich wird der Ioniq 6 in allen Versionen über eine 800-Volt-Architektur verfügen, die Ladeleistungen von bis zu 240 kW am Gleichstrom-Schnelllader ermöglicht und die Ladepausen auf Reisen auf wenige Minuten verkürzt. Denn der Akku wird schon bei der Annäherung an die Ladesäule automatisch auf die perfekte Temperatur gebracht.
„Der Ioniq 6 wird ein beeindruckendes Erlebnis für Fahrer und Passagiere bieten, das in jeder Hinsicht optimiert ist, um Elektromobilität neu zu definieren“, versprach Jaehoo Chang, der Präsident von Hyundai Motor, bei der Weltpremiere des schicken „Streamliners“ im Hyundai Motorstudio in Busan.
Rollendes Büro
Wohl auch deshalb war von den technischen Details des Fahrzeugs bei der in der in alle Welt ausgestrahlten Pressekonferenz weniger die Rede als von den Möglichkeiten, das Elektroauto als persönlichen Rückzugsort zu nutzen – in Korea geht man offenbar davon aus, dass Corona nicht nur den Trend zum Home-, sondern auch zum Car-Office befördert.
Angepriesen wurden das großzügige Platzangebot, das ein Radstand von 2,95 Metern ermöglicht. Auch die Möglichkeit, den Fahrer- und Beifahrersitz in Liegeflächen zu verwandeln. Und die Vielzahl von Steckdosen, an denen elektrische „Devices“ wie Laptop und Smartphone mit Hilfe der Bordbatterie geladen werden können. Der Innenraum des Stromers soll darüber zu eine Art rollendem Büro (mit ausklappbarem Schreibtisch), vielleicht auch Wohnzimmer werden, dessen Ambiente sich nach persönlichem Geschmack mit Lichtpunkten in 64 Farben gestalten lässt.
Produktion startet im Herbst
Damit auch im Straßenverkehr kein Stress aufkommt, hat Hyundai den Ioniq 6 mit allen möglichen Assistenzsystemen vollgepackt, die zum teilautonomen Fahren zumindest auf Level 2 befähigen. Ein- und Ausparken kann das Auto bereits selbständig, weitere Fähigkeiten sollen im Laufe der Zeit über Over-the-Air-Updates aufgespielt werden können.
Die Produktion des Ioniq 6 startet im dritten Quartal dieses Jahres. Testfahrten können aber jetzt schon unternommen werden – im so genannten Metaverse, einer virtuellen Welt im Internet.