Der Schwarzwald ist wie gemacht für Mountainbike-Touren. Rund um Ehrenkirchen gibt es zahlreiche ausgezeichnete wie abwechslungsreiche Strecken, wo Fahrer und Fahrrad zeigen können, was in ihnen steckt. 2000 Höhenmeter an einem Tag sind da durchaus möglich – so es denn die Kondition zulässt. Oder es der Energiegehslt des Akkus zulässt: Mit einem „Pedlec“, einem Mountainbike mit elektrischer Trittunterstützung, sind Bergauf-Passagen deutlich weniger strapaziös.

Wir sind an diesem Tag mit der neuesten Generation von E-MTBs des Hamburger Herstellers Stevens unterwegs. Unter anderem mit dem Stevens E-Inception AM 8.7.1 GTF – die letzten drei Buchstaben stehen für „Gas to flat“, also für maximale Leistung. Und zum Transport der E-MTBs von Freiburg rauf zum Kohlerhof in Ehrenberg, für die „Lust am Abenteuer“, hat uns Ford die neueste Generation des Pick-Up-SUV Ranger Raptor für ultimative Offroad-Performance zur Verfügung gestellt: Auf seiner großen Ladefläche können mithilfe einer speziellen, „Gatekeeper“ genannten Halterung von Yakima bis zu fünf Bikes sicher transportiert werden.

Die Ladefläche war nach der Rückkehr von einer mehrstündigen Bike-Tour auch der perfekte Ort für ein Gespräch mit Stevens-Geschäftsführer Jacob von Hacht und Thomas Marquardt – der Ingenieur arbeitet in der Produktentwicklung des Fahrradherstellers.

Respekt, Jacob – Du lässt es ganz schon krachen auf unserer Tour mit dem E-Mountainbike. Ich hatte in der Bergab-Passage Mühe, mitzuhalten. Ist das Deine liebste Fahrradgattung?

(Lacht) Das macht doch auch einen Riesen-Spaß, oder? Ich bin jedesmal von den Möglichkeiten begeistert, die ein solches E-Mountainbike bietet. Und hier im Schwarzwald gibt es wirklich tolle Strecken. Ich bin aber ansonsten auch sehr häufig auf dem Rennrad anzutreffen.

Was vermutlich an der Familiengeschichte liegt: Vater und Onkel waren beide erfolgreich im Straßenrennsport.

Ja, vermutlich auch deshalb: Es steckt mir irgendwie im Blut. Selbst der Großvater war schon Radsportler, mit dem Rennrad unterwegs. Aber das Mountainbiking macht mir extrem viel Spaß, vor allem in einem solch tollen Gelände wie hier.

In Hamburg gibt es ja wahrscheinlich auch nicht so viele Möglichkeiten, so ein E-Fully auszutesten. Berge habt ihr da eher nicht.

Berge haben wir da in der Tat nicht. Trotzdem gibt es viele sehr schöne Strecken auch für Mountainbikes.

Echt?

(Thomas) Oh ja. Wir haben das Waldgebiet Harburger Berge, um den Rosengarten herum. In der Summe kann man da genauso viele Höhenmeter machen wie hier. Man fährt da immer wieder kurze steile Strecken hoch und kurze steile Strecken runter. Der Verein Harburger Berge hat da ein sehr schönes, gut ausgeschildertes Trailnetz mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden geschaffen. Einen Kaiserstuhl gibt es übrigens auch dort.

Der aber nur 75 Meter oder so hoch ist – hier geht es immerhin fast 600 Meter hoch.

Das stimmt. Hier fährt man auch eine halbe Stunde hoch – bei uns nur fünf bis zehn Minuten. Trotzdem macht es auch dort super viel Spaß. Nur auf eine andere Art.

Stevens ist mittlerweile über 30 Jahre alt. Statt Rennrädern, wie zu erwarten gewesen wäre, bot das Unternehmen eigene Mountainbikes an. Wie kam das?

(Jacob) Bestimmt wurde die erste Modellpalette als eigene Marke vom MTB-Boom, der aus den USA nach Europa schwappte. Die ersten MTB und Trekkingräder wurden hergestellt, es folgten Rennräder, unter anderem auch aus Vollcarbon. STEVENS gehörte schon 1991 zu den Carbon-Pionieren. Inzwischen haben wir über 100 verschiedene Modelle im Angebot. Rennräder, Gravelbikes, Tourenräder, Kinderräder, Mountainbikes. Wir sind heute schon Vollsortimenter.

Lastenräder gibt es auch von Stevens?

Aktuell ist da bei uns nichts in der Planung. Ganz sicher sind Cargobikes aber ein sehr spannendes Segment und spielen bei der Mobilitätswende eine Rolle. Als Familienunternehmen sind unsere Kapazitäten in der Produktneuentwicklung auch begrenzt.

Dafür spielen E-Bikes eine wachsende Rolle auch bei Euch.

Oh ja. Wir bieten inzwischen 30 bis 40 Prozent unserer Fahrräder mit einer elektrischen Trittunterstützung an.

„Die Wertschätzung für das Fahrrad und das E-Bike ist in den letzten Jahren sehr gestiegen.“

Stevens-Geschäftsführer Jacob von Hacht

Nur? In Deutschland liegt der Anteil fast schon bei 50 Prozent.

Ja, aber wir bedienen auch andere Märkte in Deutschland. Thomas kann uns auch sicher mal erklären, wie sich das Angebot bei uns aufsplittet.

(Thomas) Wir haben unser Angebot an e-Mountainbikes im vergangenen Jahr komplett überarbeitet und bieten diese Fahrräder mit Antrieben von Bosch und Shimano, mit unterschiedlichen Rahmengeometrien und Federwegsklassen an, mit Aluminium- und Carbonrahmen.

(Jacob) Wir haben da inzwischen ein sehr breites Portfolio, preislich wie technisch, mit bis zu 180 Millimeter Federweg. Damit kann man es downhill schon ordentlich krachen lassen

Wie wir gesehen haben.

Na ja: Ich fahre gerade das E-Inception 9.7.1., ein All-Mountain-Fully mit 150 Millimeter vorne und hinten. Damit lässt sich schon sportlich bergauf wie bergab fahren.

(Thomas) Wir bauen aber auch E-Bikes für Menschen, die weniger sportiv unterwegs sein wollen, die eine eher gemütliche Tagestour fahren wollen. Auch E-Biker sind nicht über einen Kamm zu scheren.

Anfangs wurden E-Biker eher bespöttelt: Die Nutzung einer elektrischen Trittunterstützung galt als unsportlich. Hat sich das gewandelt?

(Thomas) Aber deutlich. E-Bikes sind inzwischen voll akzeptiert. Die Gattung macht ja auch wirklich Sinn: Nicht jeder hat die Zeit, die Woche über intensiv zu trainieren, um auch anspruchsvolle oder lange Strecke mit dem Fahrrad meistern zu können. Oder um mit der Sportgruppe mitfahren zu können. Vorurteile gibt es hier und da zwar immer noch. Aber die haben meist Menschen, die noch nie auf einem solchen Fahrrad saßen. Die glauben immer noch, der Elektromotor treibt das Fahrrad alleine an. So wie ein Mofa. Aber wie man sieht, sind wir ja auch mit unseren E-MTBs mächtig ins Schwitzen gekommen.

Man muss ja nicht immer den Turbo-Modus nutzen.

Eben. Der Grad der Antriebsunterstützung lässt sich ja einstellen. Und bevor man auf die nächst höhere Stufe wechselt, sollte man erst einmal ein, zwei Gänge runterschalten. Ich kann so die Fahrten mit dem E-Bike optimal an meinen Fitnesszustand anpassen und so mein Training allmählich steigern. Das ist ein gigantischer Vorteil. Und es können auf diese Weise auch inhomogene Gruppen, also fitte und weniger fitte Menschen, zusammen Rad fahren und Touren unternehmen. Sie kommen zusammen am Ziel an und haben unterwegs genau so viel Spaß.

Wir nutzen das E-Bike hier gerade eher als Sportgerät. Aber ich denke, als Transport- oder Verkehrsmittel in der Stadt spielt es noch eine größere Rolle.

Ich pendele regelmäßig mit meinem Pedelec zwischen meinem Wohnort und der Arbeitsstätte. Und dazwischen liegen immerhin rund 25 Kilometer. Dafür lasse ich dann mein Auto stehen. Ich stehe nicht im Stau, muss mich weniger ärgern und bekommt den Kopf freier bei der Bewegung in frischer Luft. Für mich ist das E-Bike das perfekte Mittel, um sich in der Stadt fortzubewegen.

Sehr Ihr das Fahrrad also eher als Verkehrsmittel denn als Sportgerät?

(Jakob) Sowohl als auch. Wir haben einen sportiven Hintergrund und bieten auch weiterhin Fahrräder ohne Trittunterstützung an. Insofern ist es gar nicht so einfach zu unterscheiden. Für uns haben alle Kategorien ihre Daseinsberechtigung.

Aber die schnelle Verbreitung der E-Bikes hat schon dazu beigetragen, dass der Anteil der Fahrräder am Stadtverkehr deutlich gestiegen ist, oder?

(Thomas) 100-prozentig ist das so. Viele Menschen haben festgestellt, dass man mit Pedelecs auch leichter größere Entfernungen zurücklegen kann. Nicht nur in der Freizeit. Deshalb ersetzt das Pedelec inzwischen in vielen Großstädten das Auto.

Die Anschaffungskosten sind allerdings manchmal genau so hoch: Preise um die 10.000 Euro für ein E-Bike sind keine Seltenheit mehr. Die Ausgabenbereitschaft der Kunden sind gestiegen?

(Jacob) Ein E-Bike für 10.000 Euro kann sich natürlich nicht jeder leisten, aber die Wertschätzung für das Fahrrad und das E-Bike ist in den letzten Jahren sehr gestiegen. Durch neue Finanzierungsmöglichkeiten wie das Leasing mit finanzieller Unterstützung des Arbeitgebers hat sich das Interesse an hochwertigen Pedelecs gesteigert.

(Thomas) Dafür sorgen aber auch verbesserte Rahmenbedingungen für den Fahrradverkehr. In Hamburg sind eine Reihe neuer Radwege oder neue Fahrspuren für Fahrrad entstanden. Auch das bringt die Menschen zurück auf den Sattel. Unabhängig davon, ob das Fahrrad einen Elektromotor hat oder nicht.

Thomas, Du zählst zu den Entwicklern bei Stevens. Wo gab es aus Deiner Sicht die größten Fortschritte bei E-Bikes in den zurückliegenden Jahren? Bei den Antrieben, bei den Akkus, bei den Bremsen?

Was sich deutlich entwickelt hat, ist das Verhältnis von Motorleistung und Akkukapazität. Auch lassen sich die Akkus heute vielfältiger mit dem Fahrrad kombinieren. Und die Systeme sind auch wesentlich smarter geworden. Man kann das Bike mit dem Handy verbinden, darüber Maßnahmen gegen Diebstähle ergreifen oder einfach navigieren. Das macht das Fahrrad noch einmal interessanter für die Benutzer. Anfangs waren die Motoren auch sehr groß, so dass die Pedelecs sehr leicht als solche auszumachen waren. Heute sind E-Bikes schlanker und schicker geworden, obwohl sie größere Akkus an Bord haben. Das Pedelec sieht deshalb mehr nach Fahrrad aus als früher. Und Light-MTBs und Light Urban-Bikes setzen den Trend fort.

„E-Bikes sind inzwischen voll akzeptiert.“

Entwickler Thomas Marquardt

(Jacob) Richtig. Nicht jeder braucht maßlos Akkukapazität oder maßlos Antriebspower. Es gibt deshalb eine wachsende Nachfrage nach leichten E-Bikes speziell bei Berufspendlern. Wir haben deshalb in diesem Jahr die E-Stradas auf den Markt gebracht, das Topmodell mit Carbonrahmen und integriertem Akku bringt mit voller Ausstattung gerade einmal 13,8 Kilogramm auf die Waage.

Mit welchem Motor?

(Thomas) Wir nutzen dafür einen Hecknabenmotor von Mahle. Der fährt sich sehr angenehm – auch dann noch, wenn die Motorunterstützung bei 25 km/h aufhört. Es tritt sich dann wie ein normales Fahrrad. Das zeigt, welche Potenziale noch in der Technologie liegen.

Welche Entwicklungen erwartest Du noch?

Fahrräder mit ABS haben wir bereits bei einem Trekkingrad im Programm. Das ist ein tolles Feature, was die Fahrsicherheit noch einmal verbessert. Ich erwarte auch, dass die E-Bike-Motoren noch kompakter werden und unauffälliger. Alle Hersteller arbeiten intensiv daran.

(Thomas) Ich persönlich würde mir das sehr wünschen, weil es ein hochinteressantes Fortbewegungsmittel ist. Unter den heutigen Bedingungen ist es eher unpraktisch: Man darf keine Fahrradwege nutzen und auf der Straße werden Pedelec bei vielen Autofahrern als Störfaktor wahrgenommen.

Bevor es hier weitergeht, noch schnell eine Frage zur Liefersituation: Kriegt ihr inzwischen wieder alle Teile, die ihr für Eure Produktion benötigt?

(Thomas) Das hat sich deutlich entspannt. Die Lieferzeiten sind deutlich kürzer geworden. (Jacob) Es ist zumindest eine Besserung in Sicht, nicht unbedingt für alle Teile. Aber wir reden längst nicht mehr von Lieferzeiten von über 24 Monaten. Das freut uns sehr. Wir hoffen bald wieder aus dem Vollen schöpfen zu können.

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