Tesla ist besonders großzügig. Wer ein Model S oder X erwirbt, braucht sich acht Jahre lang oder 240.000 Kilometer keine Gedanken über die Leistungsfähigkeit der Antriebsbatterie zu machen: Wenigstens 70 Prozent der Speicherkapazität werden garantiert. Schreitet der Alterungsprozess aus irgendeinem Grund schneller voran als erwartet, wird Tesla „nach eigenem Ermessen die Einheit reparieren oder gegen ein neues, überholtes oder wiederaufbereitetes Teil ersetzen“, heißt es in den Garantiebestimmungen.

Andere Hersteller von Elektroautos nicht ganz so generös. Die Garantie auf die Batterie des Renault Zoe beispielsweise währt zwar ebenfalls 96 Monate oder acht Jahre – aber nur, wenn in der Zeit nicht mehr als 160.000 Kilometer zurückgelegt werden. Beim Smart EQ erstreckt sich die Garantie sogar nur über eine Laufleistung von maximal 100.000 Kilometer – und darauf, dass der Akku dann nicht weniger als 70 Prozent seiner ursprünglichen Speicherkapazität hat.

Kühlung per Luft statt mit Wasser
Rohkarosse des Lexus UX300e mit den konstruktiven Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Akkublocks im Fahrzeugboden. Foto: Lexus

Aber nun kommt zum Jahreswechsel der vollelektrische Lexus UX300e auf den europäischen Markt, zum Preis von voraussichtlich 50.000 Euro, einer Antriebsleistung von 150 Kilowatt und einer Reichweite von etwas mehr als 300 Kilometer nach der neuen Verbrauchsnorm WLTP. Und die Japaner sind entschlossen, zumindest bei den Garantiebestimmungen eine Führungsrolle zu übernehmen. Denn allen Käufern des Kompakt-SUV verspricht die Toyota-Tochtermarke, dass die Lithium-Ionen-Batterie im Fahrzeugboden wenigstens 10 Jahre hält und dass die 288 Zellen frühestens nach einer Laufleistung von einer Million Kilometern Ermüdungserscheinungen zeigen. „Das Batteriepack wird auch nach zehn Jahren noch mehr als 80 Prozent seiner Ausgangsleistung bringen“, verspricht Chefingenieur Toshio Asahi. Der Garantiefall tritt beim UX300e aber erst ein, wenn nur noch 70 Prozent zur Verfügung stehen.

Heizschlangen wärmen die Batterie im Winter

Dabei wird die Antriebsbatterie mit einer Speicherkapazität von 54,3 Kilowattstunden (kWh) lediglich per Luft gekühlt – in Fachkreisen war bislang ausgemacht, dass Batteriezellen nur dann eine lange Lebensdauer haben und jahrelang problemlos laden lassen, wenn sie mit Flüssigkeiten umspült und so auf Idealtemperatur gehalten werden.

Batterieauto von Lexus Der Pionier in der Hybridtechnologie will bis 2025 zehn reine neue Elektroautos auf den Markt bringen, mit Batterie und Brennstoffzelle. Den Anfang macht noch dieses Jahr der Lexus UX300e. Elektroauto

Auch der Lexus verfügt nach einer Pressemitteilung des Herstellers über ein „hochentwickeltes Batteriemanagementsystem“, bei der Sensoren die Spannung und die Temperatur jeder einzelnen Batteriezelle überwachen. Aber um Gewicht zu sparen, zirkuliert im Batterieblock lediglich Luft, die an heißen Tagen mit Hilfe der fahrzeugeigenen Klimaanlage gekühlt wird. An kalten Tagen treten hingegen Heizschlangen unter dem Batterieblock in Aktion.

Droht ein neues „Rapidgate“?

Damit soll auch bei hohen Fahrgeschwindigkeiten und bei wiederholtem Schnellladen eine stabile Batterieleistung gewährt sein, verspricht Lexus. Beim Nissan Leaf, dessen Batterie ebenfalls nur luftgekühlt ist, ging nach mehrmaligem Schnellladen gerne die Ladeleistung in die Knie, weil sich die Batterie stark erhitzte. Den so genannten Rapidgate-Effekt haben die Nissan-Ingenieure trotz mehrerer Software-Updates bis heute nicht vollständig abstellen können. Bei dem Elektroauto von Lexus sollen solche Effekte ausgeschlossen sein. Allerdings lädt der kompakte Stromer Gleichstrom auch nur mit maximal 50 Kilowatt (kW). Beim Nissan Leaf e+ ist die maximale Ladeleistung doppelt so hoch.

„Kühlung ist für die Zellchemie ganz wichtig“, erläutert Moritz Beyer vom Werkzeugmaschinenlabor der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Aber möglicherweise kämen bei der neuen Batteriegeneration im Lexus UX300e auch eine neue Zellchemie oder ein neuer Materialmix bei der Zusammensetzung der Annode zum Einsatz. Lexus beziehe seine Zellen von dem chinesischen Hersteller CATL, der derzeit, was Material- und Produktionstechnik anbetrifft, weltweit führend sei. Und die Gesamtheit der Alterungsprozesse bei einer Lithium-Ionen-Batterie hänge wesentlich von der Materialzusammensetzung sowie das Thermo- und Spannungsmanagement ab. Beyer: „Es gibt da extrem viel Gestaltungsspielraum.“

Seine persönliche Einschätzung: „Die eine Million Kilometer sind sehr wohl machbar.“ Erfahrungswerte von Tesla belegten, dass Batteriezellen des Model S auf den ersten 50.000 Kilometern etwa fünf Prozent ihrer Kapazität verlören, danach aber erstaunlich stabil sind und nur noch geringfügig altern.

Eile mit Weile
Maximal 6,6 Kilowatt Strom kann der Lexus UX300e an einer AC-Ladesäule pro Stunde aufnehmen. Bis der Akku wieder voll ist, können da schon einmal zehn Stunden vergehen. Foto: Lexus

Vielleicht aber, so argumentieren andere Spezialisten, fährt Lexus zum Schutz der Batterie aber auch eine besonders schonende SOC (State of Charge)-Strategie. Audi etwa nutzte beim e-tron anfangs nur 88 Prozent der Speicherkapazität. Inzwischen wurde das so genannte Lade- oder SOC (State of Charge)-Fenster bei dem Elektroauto auf 91 Prozent erhöht. Am Garantieversprechen habe sich darüber nichts geändert: Es blieb bei acht Jahren und 160.000 Kilometern.

„Ambitioniertes“ Garantieversprechen

Wie auch immer: Das „sehr ambitionierte“ Garantieversprechen von Lexus hat die Ingenieure nicht nur in Ingolstadt hellhörig gemacht. Hat die Toyota-Schwester vielleicht einen Wunder-Akku an Bord. Möglicherweise ist die Erklärung für die großzügige Regelung aber weniger in der Zellchemie als in der Versicherungsmathematik zu suchen, vermutet ein anderer Experte: Der Marketingeffekt möglicherweise höher zu bewerten als die Kosten für den Austausch eines Batterieblocks in einigen Jahren. „Zumal das Modell nicht auf allzu große Stückzahlen kommen dürfte.“

Ob die Rechnung der Japaner aufgeht, wird man spätestens in zehn Jahren wissen.

Frage an die Elektromobilisten in dieser Community mit hohen Fahrleistungen: Wie macht sich die Alterung der Batterie in eurem Auto bemerkbar?

Artikel teilen

1 Kommentar

  1. FrankSJ

    Der Nissan Leaf hat meines Wissen überhaupt keine aktive Batteriekühlung und ist daher nicht mit dem Lexus vergleichbar.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert