Er ist nicht protzig, aber schon groß und trutzig: Der GrandlandX ist ein echter SUV, auch wenn die Designer versucht haben, mit allerlei Sicken und Falten sowie einer Bi-Color-Optik den wuchtigen Auftritt des knapp zwei Tonnen schweren Großkombis abzumildern. In Berlin, wo eine grüne Verkehrssenatorin über Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotor nachdenkt, könnte der Anblick des durch die Innenstadt dahinrollenden Opel durchaus den einen oder anderen selbsternannten Klimaaktivisten provozieren.
Erster Stromer mit Blaulicht
Um keine Aggressionen zu wecken und später auch Verkehrspolizisten die Arbeit zu erleichtern, die etwaige Fahrverbote kontrollieren müssten, haben die Opel-Entwickler für die neue Variante des Fahrzeugs mit wiederaufladbarem Hybridantrieb ein nettes Feature ersonnen: Eine kleine Leuchte am Innenspiegel sendet ein blaues Friedenssignal, wenn immer der „Großgut“-Besitzer sein Auto gerade elektrisch bewegt. Die Botschaft: Hey Leute, ganz friedlich. Ich bin ein Guter, fahre umweltbewusst und klimafreundlich.
Und der Opel GrandlandX Plug-in-Hybrid, der beim hoffentlich auch in Berlin richtig verstandenen „Opel-Angrillen“ am zurückliegenden Wochenende (18. Januar) in den Markt eingeführt wurde, bewegt sich häufiger im Öko-Modus, als man dies bislang von den Autos mit dem Zwitter-Antrieb kannte: Der Lithium-Ionen Akku im Fahrzeugboden mit einer Kapazität von 13,2 Kilowattstunden (kWh) liefert bei zurückhaltender Fahrweise Energie für bis zu 59 Kilometer. Theoretisch, so rechnet Opels Elektromobilitäts-Experte Matthias Reinartz bei der Pressevorstellung des Stromers im Schwarzwald vor, könnten die meisten Grandland-Besitzer die ganze Woche elektrisch fahren, wenn sie die Batterie daheim oder am Arbeitsplatz regelmäßig laden: Mehr als 50 Kilometer täglich fahren nach einschlägigen Erhebungen nur wenige Berufspendler.
Opel-Blitz mit neuer Bedeutung
Wie weit der allradgetriebene GrandlandX Hybrid4 im e-Modus tatsächlich mit einer Akkuladung kommt, ließ sich beim ersten Kennenlernen nicht feststellen. Denn außerhalb des Stadtgebiets, auf den Landstraße rund um den Titisee war die Versuchung groß, die geballte Kraft des immerhin 221 Kilowatt/300 PS starken Hybrid-Antriebsstrangs zu erproben, sei es, um Traktoren zu überholen oder einfach nur Steigungen am Feldberg zu bewältigen: Der Fahrzeuggattung soll ja bei aller Nützlichkeit auch eine gewisse Sportlichkeit innewohnen.
Für die liefert der Fahr-Mode-Schalter in der Mittelkonsole eine eigene Einstellung, bei der die beiden Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse sowie der Turbo befeuerte Benziner an der Vorderachse zu einer dynamischen, aber leider dann auch vernehmlich brummenden Einheit verschmelzen. Effizienz spielt dann keine allerdings keine große Rolle mehr. Dafür ist Tempo 100 trotz des Mehrgewichts gegenüber dem rein konventionell angetriebenen Modells von 370 Kilo bereits nach sechs Sekunden erreicht. Ist der Benziner allein an Bord, dauert es 8,8 Sekunden bis zu dieser Tachomarke. Da kriegt der Opel-Blitz eine ganz neue Bedeutung. Greta, erbarme Dich!
Im Elektro-Modus mit maximal Tempo 130
Immerhin widerstehen wir der Versuchung, die Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h, die in diesem Fahrmodus angeblich zu erreichen ist, auf der Autobahn zurück nach Freiburg anzutesten. Ohnehin reiht sich hier ein Tempolimit an das nächste. Und bei Geschwindigkeiten um die 130 km/h macht der Hybridantrieb auch viel mehr Sinn. Bis Tempo 135 könnte man sogar komplett elektrisch rollen. Der Stromspeicher würde sich allerdings rasant leeren. Und in Freiburg würden womöglich Klimaschützer aggressiv werden, weil ein SUV mit einem E im Kennzeichen vernehmlich grummelnd durch die City rollt.
Um sicherzustellen, dass auch am Zielort der Grandland X Hybrid 4 noch blaue Lichtsignale senden kann, befehlen wir also dem Auto per Knopfdruck, im Akku Strom für wenigstens zehn Kilometer zurückzuhalten. Wir könnten den Bordcomputer bitten, die E-Reichweite zu maximieren und mit dem Verbrenner den Akku wieder aufzuladen. Aber ökologischen Unsinn haben wir schon genug getrieben, wie der Blick auf die Verbrauchsanzeige zeigt: Ein Durchschnittsverbrauch von 7,1 Litern Superbenzin und 2,2 kWh Strom am Ende der Testfahrt summieren sich rein rechnerisch zu CO2-Emissionen von rund 180 Gramm pro Kilometer. Da hat uns im Schwarzwald wohl der Teufel geritten.
Umweltbonus relativiert den Aufpreis
Bleibt zu hoffen, dass die Käufer des GrandlandX Hybrid4 die aufwändige Antriebstechnik intelligenter nutzen und das Fahrzeug nicht nur ordern, um Steuern zu sparen: In der Topversion „Ultimate“ ist der GrandlandX Hybrid4 nur gut 6000 Euro teuer als die rein benzingetriebene Version mit Automatikgetriebe. Zieht man vom Kaufpreis den geplanten Umweltbonus von 3000 Euro ab und kalkuliert bei Verwendung des SUV als Dienst- oder Geschäftswagen ein, dass beim Finanzamt der geldwerte, zu versteuernde Vorteil nur halb so hoch ausfällt, ist der Plug-in-Hybrid schon eine lohnende Alternative zu Benziner und Diesel.
Erst recht natürlich, wenn die blaue Lampe permanent leuchtet.
Das ist alles schön und gut. Wenigstens ein bisschen CO2-Reduzierung. Aber insgesamt sind diese starken Hybridfahrzeuge eine Augenwischerei: Der Herstellungsaufwand für einen modernen Verbrennungsmotor ist anachronistisch, und dann kommt noch ein zweiter Antrieb dazu, der dann grade für 50 km reicht. Warum nicht einfach ein bisschen Bescheidenheit in der Größe Muss es der SUV sein? Muss ich eine Reichweite von 500 oder 600 km haben, nur weil es bequem ist? Wenigstens ab 300 km kann man ja getrost über eine Bahnfahrt nachdenken. Und was ist so schlimm, in Zeiten von Apps eine Fahrt mit Lademöglichkeiten zu planen?
Das Ding sollte Granddad heissen… Hybrid ist ein komplett veraltetes Konzept.
Böse 😉