Die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres wird Renault-Chef Luca de Meo seinen Aktionären erst am 19. Februar vorstellen. Aber allzu gut scheinen die Zahlen nicht zu sein: Bereits im vergangenen Jahr hatte de Meo ein Sparprogramm eingeläutet und mit den Gewerkschaften über den Abbau von rund 15.000 Jobs gesprochen. Und seitdem hat sich die Situation für Europas viertgrößten Automobilkonzern (Jahresumsatz 2019: 56 Milliarden Euro) trotz großer Absatzerfolge mit dem Elektroauto Zoe nicht wesentlich verbessert. Nach Einschätzung von Analysten wird Renault für 2020 einen Millliardenverlust ausweisen.

„Das Unternehmen ist zu fett und zu langsam“, beklagte de Meo bei der Präsentation des neuen Strategieplan „Renaulution“, den er zusammen mit seinem Vorstand in den vergangenen sechs Monaten ausgearbeitet hat und mit dem der Konzern nun in eine neue Ära starten will. Mit geringeren Produktionskapazitäten und einer schlankeren Organisation, mit einer Neupositionierung der Marken – und einer stärkeren Fokussierung auf die Elektromobilität und neue Geschäftsaktivitäten rund um das Themenfeld Neue Mobilität.

Für den Aufstieg in höhere Kreise
Mit dem Mègane E will Renault Ende des Jahres auch einen Stromer im C-Segment anbieten – auch in der Hoffnung auf bessere Margen als im KLeinwagengeschäft. Foto: Renault

Ziel ist es, bis 2023 auf eine Gewinnspanne von über drei Prozent, bis 2025 auf über fünf Prozent zu kommen. Die Finanzkraft soll insgesamt gestärkt werden zu kommen und die Zeiten für die Entwicklung neuer Modelle um ein Jahr zu verkürzen. Durch eine Straffung der Abläufe, aber auch durch eine Reduzierung der technischen Komplexität: Die Globalisierung habe auch hier in den zurückliegenden Jahren zu einer „exzessiven Diversität“ der Teile und Komponenten geführt, ohne dass es mehr Geld in die Kassen spielte.

Nun wird kräftig ausgemistet. Unter anderem die Motorenpalette: Statt wie heute mit acht Motorenfamilien – davon sechs mit Benzin oder Diesel betrieben – sollen die drei Marken Renault, Dacia und Alpine 2025 mit vier Motoren auskommen: einem Diesel für leichte Nutzfahrzeuge, einem Benziner für Pkw mit Hybridantrieb sowie zwei Elektromotoren für Personenwagen mit Batterie- und Brennstoffzellenantrieb. Abgedeckt werden soll damit ein Leistungsspektrum zwischen 45 und 400 PS. Eingepflanzt werden die Antriebe in drei Plattformen, die Renault zusammen mit den Partnern Nissan und Mitsubishi entwickelt hat.

Die Auslastung der Werke soll darüber spürbar steigen, die Fertigungskosten um etwa 20 Prozent sinken. Allein schon dadurch erhofft sich de Meo eine Absenkung der Gewinnschwelle um etwa 30 Prozent.

Der Renault 5 kehrt als Stromer zurück

Und was hat der Kunde von diesem „Rightseizing“? Nun, ein breiteres Modellangebot und Elektroautos zu den Preisen heutiger Verbrenner, verspricht de Meo. „Die neue wertorientierte Organisation wird in Verbindung mit einer Produktoffensive zu einem besseren Preis- und Produktmix führen“. Die Rede war von Einsparungen in einer Größenordnung von 600 Euro pro Fahrzeugen – die wenigstens zum Teil an die Autokäufer weitergegeben werden sollen. 14 neue Modelle plant allein die Marke Renault bis 2025 – die Hälfte davon soll vollelektrisch auf den Markt kommen. Darunter die Neuauflage des früheren Kultautos Renault 5 und der neue Mègane E. Letzerer wird Ende dieses Jahres auf den Markt kommen, Ersterer in der zweiten Jahreshälfte 2023.

Modellplanung 2021 bis 2025
Die Anzahl der Modelle mit Elektroantrieb will Renault kräftig ausbauen. Die übrigen Pkw-Modelle werden zumindest teilelektrisch fahren – und ohne Dieselmotoren auskommen.

Vor allem im C-Segment – der so genannten Golf-Klasse – will Renault künftig deutlich stärker präsent sein. Denn hier lassen sich bessere Renditen erzielen als in der Kleinwagen-Klasse B-Segment. Dort erzielt Renault heute noch 68 Prozent seiner Umsätze.

Vorstoß in neue Klassen und Kategorien

Auch Dacia soll deshalb so schnell wie möglich in die nächst höhere Klasse vorstoßen: Heute ist die rumänische Renault-Tochter mit Sandero, Logan und Duster ausschließlich im B-Segment unterwegs. Anfang 2025 soll ein größerer, zumindest teilelektrisch angetriebener SUV folgen, der zusammen mit Lada entwickelt wird.

Die spannendeste Neuheit bei Dacia ist aber sicher der vollelektrische Mini-SUV Spring, der noch in diesem Jahr startet. Und auch bei Renault wird es wohl noch einen weiteren kleinen Stromer geben: Gezeigt wurde ein Prototyp eines zweisitzigen, nur 2,30 Meter langen Elektroautos namens EZ-1 – die Ähnlichkeiten mit dem Smart EQ Fortwo waren sicherlich reiner Zufall. Eingesetzt werden soll der Elektro-Zwerg in Städten im Car- oder Ridesharing. Dazu wurde der Prototyp des vollvernetzten EZ-1 unter anderem mit einem Batterie-Wechselsystem ausgestattet.

Smart lässt grüßen
Das zweisitzige Citymobil EZ-1 verfügt über ein Batterie-Wechselsystem und soll unter der Marke Mobilze im Car- und Ridesharing eingesetzt werden. Starttermin? Ist noch offen.

Die drei Leben der Zoe

Gebaut wurde der Mobilize EZ-1 Prototype nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft: Er besteht zu 50 Prozent aus recycelten Materialien und ist am Ende seines Lebenszyklus zu 95 Prozent recycelbar. Die gleichen Prinzipien sollen künftig auch für den aktuellen Bestseller von Renault gelten: die Zoe. Diese soll in Zukunft wenigstens drei Leben haben, in dem sie bis zu eine Million Kilometer zurücklegen soll. Nicht in einer Hand, nicht mit einem Akku – soweit ist die Technik noch nicht. Vielmehr soll das Elektroauto nach dem Gebrauch durch den Erstbesitzer in eine große „Refactory“ nach Flins gebracht werden, wo es mit neuen Teilen aufgefrischt und aufhübscht wird. Anschließend kommt es zurück in den Handel, um eine zweite Runde in der Hand eines Privatbesitzers oder Unternehmens zu drehen. Nach einem weiteren Kur-Aufenthalt in Flins soll das Auto dann noch ein drittes Leben im Carsharing fristen, ehe es – mit theoretisch einer Million Kilometern auf dem Tacho – dann in der „Refactory“ zerlegt und recycelt wird.

Wie sich das ganze rechnet und vor allem: wie Renault den Zoe-Kreislauf bei gekauften Privatautos sicherstellen will, blieb in der Pressekonferenz noch ein Geheimnis.

Aber die „Renaulution“ hat ja auch gerade erst begonnen.

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3 Kommentare

  1. Gerd

    „Stromspannung“.
    Wie peinlich ist das denn. Die armen Physiklehrer haben scheinbar erfolglos gekämpft.

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    • Franz W. Rother

      Es sollte nur ein Wortspiel sein. Aber der Physikus hat aufgespasst. Bravo

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      • Gerd

        …aber kreativ korrigiert 😉
        Stromspannung ist eben wie ein Deppenapostroph. Damit spielt man nicht 😉

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