Ein europaweit einheitliches Bezahlsystem und eine bessere Abstimmung zwischen Stromnetz und Ladesäule: Der Bund will in Sachen E-Mobilität in den kommenden Monaten noch einmal ordentlich voranschreiten. Das machten Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Vekehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei einem „kleinen Ladegipfel“ mit Vertretern der Energiewirtschaft, der kommunalen Unternehmen und der Autoindustrie deutlich.
Altmaier betonte dabei die Bedeutung der Energiewirtschaft. Diese spiele eine wichtige Rolle dabei, Netzprobleme zu vermeiden, wenn viele Elektroautos gleichzeitig laden. Nach seinen Angaben entwickelt sein Ressort gerade „einen Vorschlag für ein nutzerfreundliches und europaweit einsetzbares Bezahlsystem für das spontane Laden an öffentlichen Ladesäulen“. Zudem wolle das Wirtschaftsministerium mit einem Gesetzentwurf den „wettbewerblichen und vorausschauenden Aufbau von Ladesäulen“ voranbringen. Netzüberlastungen durch Elektrofahrzeuge will das Haus von Peter Altmaier außerdem mit einer Reform des Energie-wirtschaftsgesetzes (EnWG) vermeiden. Vorgesehen ist unter anderem, dass Netzbetreiber das Laden eines E-Autos um bis zwei Stunden unterbrechen können, wenn Versorgungsengpässe drohen.
Aus den Kassen des Bundesverkehrsministeriums sollen in den
kommenden Jahren rund vier Milliarden Euro in den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur fließen, wie Scheuer auf der Veranstaltung bekannt gab. Mit Blick Richtung Energiewirtschaft betonte der Minister, dass es nun ein schnelles unkompliziertes Verlegen von Netzanschlüssen, verlässliche und unkomplizierte Ladevorgänge mit einer Zahlungs-möglichkeit für alle Ladesäulen sowie einheitliche Standards, wie etwa beim Plug & Charge, brauche.
Nach Angaben des Politikers gibt es derzeit 35.000 öffentliche
Ladepunkte in Deutschland. Der Verband der Deutschen Autoindustrie nennt als Zahl knapp über 32.000. Der „Charging Radar“ von CIRRANTiC und THEON Data sieht bereits rund 50.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Bis 2030 will die Bundesregierung das Netz auf eine Million öffentliche Ladepunkte ausbauen.
„Gemeinsamer Kraftakt nötig“
Aus Sicht der Energiewirtschaft müssen jedoch auch andere Akteure liefern. Mit einer Verdopplung der öffentlichen Schnellladepunkte auf 3.600 Ladepunkte bis Ende 2020 habe die Energiewirtschaft „ihre Ziele erreicht“, wie Kerstin Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betont. Von einem wirtschaftlichen Betrieb der öffentlichen Ladeinfrastruktur sei die Bundesrepublik aber noch deutlich entfernt. Dafür gebe es bisher zu wenig Elektroautos auf deutschen Straßen – nach letztem Stand rund eine halbe Million.
„Der Hochlauf der Elektromobilität wird ein Kraftakt, der die Unterstützung aller Akteure braucht. Es ist Zeit für einen Elektromobilitätsgipfel, der die Branchen Energie, Automobil, Wohnungswirtschaft, Einzelhandel, aber auch die Kommunen an einen Tisch holt“, so Andreae. In Sachen privater Ladeinfrastruktur müsse die Bundesregierung mit dem Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (GEIG) einen geeigneten Rahmen für den Ausbau liefern.
Dieser Haltung schließt sich der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) an, in dem 1500 Stadtwerke organisiert sind. Der Ausbau von Infrastruktur benötige vor allem mehr Fläche. „So sollte etwa das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG), das sich gerade im parlamentarischen Verfahren befindet, sinnvoll erweitert werden und zum Beispiel auch Kunden- und Besucherparkplätze in gewerblichen Gebäuden und Quartierslösungen mit in den Blick nehmen“, fordert VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.
Schlusslicht Krefeld
Pünktlich zum Spitzentreffen präsentierte der Verband der Automobilindustrie (VDA) sein sogenanntes Elektro-Ladenetz-Ranking
für ganz Deutschland. Demnach kommen aktuell im Durchschnitt rund 1.500 Fahrzeuge im Bestand auf einen öffentlichen Ladepunkt. Die Aussagekraft dieser Zahl ist allerdings gering, da der Verband beim so genannten A-Wert nicht zwischen Elektroautos und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren unterscheidet.
Relevanter ist da schon der so genannte T-Wert: Dieser zeigt an, wie viele E-Pkw sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen müssen. Die privaten Lademöglichkeiten sind allerdings auch hier nicht erfasst.
Nach diesem T-Wert finden Besitzer von Elektroautos im Landkreis Regen aktuell die besten Bedingungen vor: Hier stehen 298 Elektroautos 161 Ladepunkte gegenüber. Vorne liegen auch die VW-Städte Salzgitter mit einer Relation von von 270 E-Autos zu 89 Ladeplätzen sowie Emden mit einem Verhältnis 152 zu 44.
Schlusslichter sind Wuppertal, der Stadtkreis Stuttgart und Krefeld. In Wuppertal stehen 1.634 Elektroautos nur 21 Ladepunkte gegenüber, in Stuttgart 8773 Elektroautos 100 Ladepunkte. Und in Krefeld gibt es aktuell für 993 Elektroautos nur ganze fünf öffentlich zugängliche Ladepunkte im Stadtgebiet. Nicht berücksichtigt sind dabei in der VDA-Analyse Plug-in-Hybride, was die Schieflage in vielen Städten nochmals verschärft.
Um das staatlich vorgesehene Ziel von einer Million öffentlicher Ladepunkte zu erreichen, sind laut dem VDA künftig rund 2.000 neue öffentliche Ladepunkte pro Woche nötig. „Aktuell werden aber nur rund
200 neue Ladepunkte im öffentlichen Bereich installiert“, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
Weitere Spitzengespräche zum Thema Ladeinfrastruktur scheinen nötig.