38 Minuten dauert es derzeit, um an einem Schnelllader von Ionity oder der EnBW den 77 kWh großen Akku eines VW ID.4 Pro von 5 auf 80 Prozent zu befüllen. So lauten zumindest die offiziellen Angaben des Herstellers – unter der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Dass es draußen nicht zu kalt ist, die Ladesäule die volle Leistung bringt und die Batterie des Elektroautos beim Eintreffen am Ladepunkt perfekt konditioniert und entsprechend aufnahmebereit ist.

Das Laden eines Elektroautos am Schnelllader ist ein komplexer Vorgang, bei dem es auf viele Parameter ankommt. Und die Ladegeschwindigkeit ist für viele Fahrer von Elektroautos inzwischen mindestens genauso wichtig wie die Reichweite. „Allen ist klar, dass die Ladezeit ein maximaler Differenzierungsfaktor“, weiß Martin Roemheld, der bei der Volkswagen-Tochter „Elli“ das Business Development und das Beteiligungsmanagement leitet. Und deshalb dreht der Autohersteller jetzt kräftig an dieser Stellschraube: Durch ein Software-Update wird die maximale Ladeleistung der Elektroautos der ID-Familie zum Jahreswechsel spürbar erhöht.

Erst einmal bis zu 150 kW – und später mehr

Bei den Fahrzeugen mit der großen 77 kWh-Batterie steigt die Ladeleistung von 125 auf 135 Kilowatt (kW), beim bisherigen allradgetriebenen Spitzenmodell ID.5 GTX sogar auf 150 kW. Für die Stromer mit den kleinen, 45 und 58 kWh großen Akkus gab es schon früher einen „kleinen Schubs“ nach oben: Mitte des Jahres ließ ein Software-Update deren maximale Ladeleistung am Schnelllader von 100 auf 110 kW beziehungsweise 100 auf 120 kW steigen.

Auf Dauer hilft nur Power
Mit der Software-Version 3.0 steigt vor allem in den ersten Minuten und bei leerem Akku die Ladeleistung deutlich an. Bild: VW

Das Software-Update soll natürlich auch den baugleichen Schwestermodellen der ID-Reihe, dem Cupra Born, Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron, zugute kommen. Aufgespielt wird die neue Software ab Kalenderwoche 51 (die am 20. Dezember beginnt) zunächst auf alle auf Neufahrzeuge vom Typ ID.5, die im Werk Zwickau frisch vom Band laufen. Die anderen Modelle sollten sukzessive damit ausgestattetet werden. Bestandsfahrzeuge erhalten das Software „over the Air“ im ersten Quartal kommenden Jahres aufgespielt.

Bis zu zehn Minuten Zeitersparnis

Unter dem Strich sollen sich die Ladezeiten am DC-Schnelllader mit dem Update um acht bis zehn Minuten verkürzen. Nicht nur aufgrund der höheren Spitzen-Ladeleistung, sondern auch, weil VW die Ladekurve insgesamt optimiert hat. Roemheld: „In den ersten zehn Minuten sollte es deutlich schneller gehen.“ Volkswagen reagierte damit nicht nur auf Wünsche von Kunden aus dem „ID-Hub“, auf dem sich der Hersteller mit den Besitzern und Nutzern der Elektroautos austauscht. Auch „Mr. Electric“, VW-Entwicklungsvorstand Thomas Ulbrich, habe darauf gedrängt, war am Rande des Workshops zu erfahren.

Und es ist noch „Luft nach oben die Software weiter zu optimieren“, wie Silke Bagschik, die für die Elektroautos verantwortliche Vertriebs- und Marketing-Chefin von VW, bei einem Presse-Workshop in Berlin andeutete. „Unter Idealbedingungen“ könne man auch jetzt schon einmal Ladeleistungen von sogar bis zu 175 kW, häufiger auch von 135 kW erleben – die Steuerungs-Software gebe es bei perfekten Rahmenbedingungen bereits her.

Und auch das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange: „Es wird auf Dauer auch bei VW nicht bei der 400 Volt-Architektur bleiben“, kündigte Roemheld an. Die Topmodelle von Porsche und Audi, der Taycan und e-Tron GT, nutzen bereits eine 800-Volt-Architektur, die Ladeleistungen von bis zu 350 kW ermöglicht – bei einer 400-Volt-Architektur sind maximal 200 kW möglich.

VW bietet ab 2022 komfortables Plug & Charge an

Fast noch wichtiger als die Verbesserung der Lade-Performance war den VW-Managern aber noch eine andere Neuerung, die sie auf dem Workshop ankündigten: Im kommenden Jahr erhalten die Elektroautos von VW eine Funktion erhalten, die den Einsatz von Ladekarren und -apps künftig überflüssig machen. „Plug & Charge“ (Einstöpseln und Laden) soll die Ladepausen an Schnellladern ausgewählter Partner wie Ionity, Aral, E.On, Enel und Iberdola deutlich vereinfachen: Sobald das Kabel verbunden ist, startet automatisch eine Kommunikation zwischen Ladesäule und Fahrzeug, bei der die im Auto hinterlegten Kundendaten verschlüsselt an den Ladepunktbetreiber übertragen werden. Der internationale ISO-15118-Standard liefert dafür die Basis. Abgerechnet wird die Stromlieferung über einen Vertrag, den der Autobesitzer mit dem VW-Dienst „We Charge“ abgeschlossen hat.

Plug & Charge oder Auto Charge?

Damit setzt sich Volkswagen bewusst von den Bestrebungen der Energiewirtschaft ab, „AutoCharge“ als Standard in dem Wachstumsmarkt zu etablieren. Autocharge funktioniert unter anderem bereits an 1400 Schnellladepunkten der EnBW sowie bei Fastned und den Superchargern von Tesla. Auch hier beginnt der Ladevorgang automatisch, sobald die Kabelverbindung hergestellt ist. Allerdings ist hier die Ladesäule der aktive Teil: Vor dem Start der Stromlieferung liest sie die so genannte MAC-Adresse des verbundenen Autos aus. Auf der Basis erstellt anschließend der Energieversorger seine Rechnung – auf Basis des Vertrag, den der Autofahrer mit ihm geschlossen hat.

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