Ohne KI geht es offenbar nicht mehr. Und ohne Sprachsteuerung lassen sich Privatwagen nicht mehr verkaufen. In Europa vielleicht noch, aber in China sicher nicht mehr. Und so holt nun auch Volkswagen – wie zuvor schon BMW, Mercedes-Benz und DS – einen Chatbot ins Auto, um die sogenannte User-Experience zu verbessern. Der Chatbot liest dem Fahrer zwar nicht jeden Wunsch von den Lippen ab, ist aber ein echter“ Car-panion“ – ein smarter Begleiter, der auf Knopfdruck und Zuruf (fast) alle Fragen des täglichen Lebens beantwortet. Wo es die beste Pizza in der Stadt gibt oder welche Sehenswürdigkeiten einen Besuch lohnen. Und er temperiert auch den Innenraum des Autos so, dass sich die Insassen wohl fühlen – ohne dass der Fahrer den Slider in der Mittelkonsole bemühen muss: Der Zuruf „Mir ist kalt“ reicht völlig aus.

ChatBot an Bord 
Der VW ID.7 und der neue Golf zählen zu den ersten Fahrzeugen der Marke mit der Cerence Chat Pro-Software. Ein Software-Update ist nicht einmal nötig, um ab Sommer die neue Qualität der Sprachsteuerung nutzen zu können. Foto: Volkswagen
ChatBot an Bord
Der VW ID.7 und der neue Golf zählen zu den ersten Fahrzeugen der Marke mit der Cerence Chat Pro-Software. Ein Software-Update ist nicht einmal nötig, um ab Sommer die neue Qualität der Sprachsteuerung nutzen zu können. Foto: Volkswagen

Zum Einsatz kommt das neue Feature, das Volkswagen in nur drei Monaten zusammen mit dem US-Technologiepartner Cerence realisiert hat und nun auf der Computer Electronics Show (CES) in Las Vegas präsentierte, ab Sommer in allen Autos, die bereits den Sprachassistenten IDA sowie die Betriebssoftware OS 4.0 an Bord haben. Also dem neuen ID.7, dem ID.3, ID.4 und ID.5, aber auch dem neuen VW Passat, Tiguan und Golf.

Keine Zusatzkosten

Die dafür erforderliche Hardware ist hier bereits an Bord. Volkswagen muss die Software „Chat Pro“ von Cerence lediglich im Backend, also im Hintergrund freischalten. Und der Autobesitzer muss sich lediglich für die Online-Nutzung registrieren – derzeit haben das in Deutschland allerdings erst 70 bis 80 Prozent der Kunden getan. Zusätzliche Kosten entstehen durch die neue Funktion nicht, versicherte VW-Technikchef Kai Grünitz im Gespräch mit EDISON.

Manche mögen das für eine Spielerei halten. Insbesondere ältere Semester und Autofahrer in Europa und den USA, die noch die klassischen Bedienelemente und eine traditionelle „User Experience“ schätzen. 2026 bringt Volkswagen deshalb auch den klassischen Drehknopf zur Regelung der Radio-Lautstärke ins Auto zurück. In China aber, so Grünitz, würden die Autokäufer am liebsten „alles“ per Sprachbefehl steuern, nicht nur die Klimaanlage, sondern auch das Öffnen und Schließen der Heckklappe.

Software interpretiert die Worte

Die neue Sprachsteuerung nach dem „Large Language“-Modell (das sich dank Künstlicher Intelligenz durch die Fähigkeit auszeichnet, ein allgemeines Sprachverständnis zu entwickeln) sei inzwischen so einfach und flüssig, dass sich dafür sicher auch in USA und Europa auch schnell Fans finden sollten. „Manche steuern ja bereits ihren Haushalt mithilfe von Alexa. Die nutzen Siri auf dem Smartphone auch für Suchfunktionen. Da ist es nur konsequent, das auch im Auto zu ermöglichen“, argumentiert der Technikvorstand. Zumal der Chatbot von Cerence in der Lage ist, die Sprache zu interpretieren: Auch bei undeutlicher Aussprache oder unklarer Ansage „ahnt“ der Assistent, was der Fahrer meint und bietet ihm Lösungen an. Möglich wird dies, indem das System das in der Internet-Cloud gespeicherte Wissen nutzt.

Startet Ende 2025 
Die Entwicklung des kompakten Elektroautos vom Format des heutigen VW Polo Volkswagen liegt voll im Zeitplan. Gerüchten über eine Verzögerung bei dem Projekt trat Technikchef Kai Grünitz in Las Vegas entschieden entgegen. Foto: VW
Startet Ende 2025
Die Entwicklung des kompakten Elektroautos vom Format des heutigen VW Polo Volkswagen liegt voll im Zeitplan. Gerüchten über eine Verzögerung bei dem Projekt trat Technikchef Kai Grünitz in Las Vegas entschieden entgegen. Foto: VW

Für Grünitz ist die Zusammenarbeit mit Cerence auch ein Beleg dafür, dass Kooperationen Prozesse massiv beschleunigen können. „In nur drei Monaten hätten wir das nie realisieren können, wenn wir es nur mit eigenen Kräften gemacht hätten.“ Und Grundlage für die Realisierung sei eine neue Generation von Power-Chips, die von Qualcomm und Samsung zugeliefert wurden. „Damit ist ganz eine wesentlich größere Rechenleistung verfügbar.“

ID.2 liegt im Zeitplan – und verzögert sich nicht

Grünitz widersprach bei der Gelegenheit Gerüchten, wonach Volkswagen den Produktionsstart für den ID.2 auf 2026 verschoben habe: „Das haben wir definitiv nicht. Wir haben nichts, wirklich nichts verschoben.“ Das kleine Elektroauto komme Ende 2025 zu einem Einstiegspreis um die 25.000 Euro auf den Markt – so wie seit 2023 geplant und angekündigt. „Wir haben damals die Einsatzschiene festgelegt. Demnach wird der Cupra als erster die Plattform nutzen, VW kommt direkt danach.“ Der ID.2 sei ein PEP36-Projekt – die komplette Produktentstehung soll nach 36 Monaten abgeschlossen sein. Und alles sei derzeit im Zeitplan.

Beim geplanten Einstiegsmodell ID.1 mit einem angepeilten Verkaufspreis von unter 20.000 Euro sind hingegen noch einige Fragen offen. „Die Herausforderung bei dem Modell ist, dass man den Preispunkt treffen und trotzdem noch Geld verdienen muss. Nicht so viel wie mit den größeren und besser ausgestatteten Fahrzeugen, aber wir dürfen ja nicht bei jedem verkauften Auto Geld drauflegen.“

Kooperation mit Renault nur eine Option

Wie das realisiert werden kann, steht noch nicht fest: „Wir untersuchen verschiedene Richtungen – ob wir das Auto alleine machen können, wie wir das ähnlich wie beim ID.2 zusammen mit Skoda und Cupra machen. Oder zusammen mit Audi“ – die hätten ja seit dem Ende des A2 keinen Kleinwagen mehr im Programm. Aber auch die Zusammenarbeit mit einem konzernexternen Partner werde untersucht. Gerüchteweise gab es bereits Gespräche mit Renault – der Vorstandschef dort stand immerhin einmal in den Diensten des Konzerns.

Aber eine Festlegung auf einen Kooperationspartner gebe es bei allem Zeitdruck ebenso wenig wie die Festlegung auf eine der vier Strategien – „wir sehen uns alle Lösungen parallel an“. Das wichtigste für die Kunden sei, „dass sie einen echten Volkswagen bekommen.“ Fest stehe derzeit nur, dass der ID.2 schneller auf dem Markt sein wird als das noch kleinere Elektroauto.

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