In Österreich dürfen Motorräder seit 10. Juni auf einigen Streckenabschnitten in Tirol nicht mehr fahren, weil sie zu viel Lärm verursachen. Auch in Deutschland gibt es aus diesen Grund bereits zahlreiche Streckensperrungen. Und im Bundesrat wird ein Gesetzesentwurf diskutiert, Motorrädern Ausfahrten am Wochenende sowie an Sonn- und Feiertagen zu untersagen, wenn die von Benzinmotoren angetriebenen Maschinen lauter als etwa ein Rasenmäher (80 Dezibel) sind.

Fahrer der Voxan „Wattman“ wären davon nicht betroffen. Denn das Motorrad ist – Nomen est Omen – vollelektrisch angetrieben und gibt selbst bei Höchstgeschwindigkeit nur ein Pfeifen von sich. Allerdings ist der Wattman auch nicht für den öffentlichen Straßenverkehr konzipiert. Die Rennmaschine soll vielmehr im Juni 2021 (der ursprünglich für dieses Jahr geplante Versuch musste wegen Corona verschoben werden) auf dem Salzsee Salar de Uyuni in Bolivien einen Weltrekordversuch starten: Der sechsfache Motorrad-Weltmeister Max Biaggi wird versuchen, das Elektro-Motorrad auf über 330 Kilometer zu beschleunigen. Bislang hält den Titel der Japaner Ryuhji Tsurata, der im vergangenen Jahr auf einem Salzsee in Utah auf Tempo 328 kam.

Batterie in Eigenregie entwickelt

Voxan produziert bereits seit über 25 Jahren Motorräder – mit konventionellen Verbrennungsmotoren. Doch seit der Übernahme des Unternehmens 2010 durch die monegassische Venturi-Gruppe Gildo Pastor stehen und die Venturi-Gruppe dreht sich am Voxan-Standort im französischen Issoire alles um Volt und Watt. 2013 wurde ein erstes Konzeptfahrzeug präsentiert, damals noch mit 150 Kilowatt (kW) Leistung. In den darauffolgenden Jahren wurde die Technik aber noch einmal kräftig überarbeitet. Der Wattman, der jetzt vorgestellt wurde, hat einen 270 kW (367 PS) an Bord, der über ein maximales Drehmoment von 970 Newtonmetern verfügt. 300 Kilo ist der Motor schwer. Obendrauf kommen die 140 Kilo Gewicht der Lithium-Ionen-Batterie, die knapp 16 Kilowattstunden Strom speichern kann.

Mehr Rakete als Motorrad
Selbst ein mehrfacher Weltmeister könnte bei 340 km/h den Lenker nicht mehr kontrollieren, wenn er nicht durch ein Schild gegen den Fahrtwind geschützt wird. Der „Wattman“ ist vollverkleidet, das Tempo wird mit einem Staudruckmesser aus der Luftfahrt ermittelt.

Das reicht allemal für den Rekordversuch und die angepeilte Höchstgeschwindigkeit. Die Batterie ist eine Eigenentwicklung. Voxan arbeitete hier eng mit den Experten von Venturi zusammen, die bereits seit über zehn Jahren an Elektroantrieben arbeiten. Sie brachten auch ihre Erfahrungen aus dem Formel-E-Team ein, das Pastor 2013 zusammen mit dem Schauspieler Leonardo di Caprio gegründet wurde und inzwischen als Kundenteam von Mercedes unter der Leitung von Susie Wolff antritt. Hilfestellung bei der Entwicklung der 1470 Batterie-Zellen leistete auch ein Team der Ohio State University, die schon bei der Entwicklung des über 500 km/h schnellen Venturi-Rennwagens „Jamais Contente“ beteiligt war.

Faltschirm statt Scheibenbremse

Da die Batterie des Super-Bikes bei dem Rekordversuch ordentlich auf Temperatur kommen sollte, wird sie während der Fahrt mit Trockeneis gekühlt. Um Gewicht zu sparen, haben die Konstrukteure auf eine Vorderrad-Bremse verzichtet. Heruntergebremst wird die Maschine am Ende der Piste statt dessen mit einem Faltschirm.

Man darf gespannt sein, welche Geschwindigkeit die zweirädrige Rakete auf dem Salzsee erreichen wird: Die Reifen von Michelin sollen bis maximal 350 km/h halten.

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