Rund eine Million Elektroautos – Voll- und wiederaufladbare Teilzeitstromer – sind nach den Erhebungen des Kraftfahrtbundesamtes derzeit in Deutschland zugelassen. Und davon stehen auf Gebrauchtwagen-Plattformen wie mobile.de derzeit zum Verkauf. Leasingrückläufer mit geringem Alter und geringer Laufleistung, aber auch auf Elektrotraktion umgerüstete Verbrenner aus den 1980er, Tesla-Roadster von 2007 Jahren oder Exemplare des kleinen Mitsubishi i-MiEV, des ersten vollelektrischen Serienautos aus von 2009.

Auch ein sieben Jahres altes Tesla Model S ist im Angebot – mit einer Laufleistung von sageundschreibe 390.000 Kilometern. Das Elektroauto habe zwar leichte Gebrauchsspuren, die Batterie aber sei „Top“, schreibt der Verkäufer. Knapp 40.000 Euro will er deshalb noch für seinen Stromer haben. Auch eine Renault Zoe von 2014 findet sich im Angebot, mit einer Laufleistung von „nur“ 109.000 Kilometern und für nur 6.900 Euro. Die Batteriekapazität gibt der Privatverkäufer mit 22 kWh an – so viel wie seinerzeit im Verkaufsprospekt angegeben war. Aber wie viel stehen davon heute noch für den Fahrbetrieb zur Verfügung?

SoC ist wichtigstes Kaufkriterium beim Elektroauto

Der Kauf von gebrauchten Elektroautos ist derzeit vielfach noch ein Glücksspiel. Vor allem bei Fahrzeugen aus Privathand. Der Käufer kann sich auf die Angaben des Vorbesitzers verlassen oder eine ausgedehnte Testfahrt mit dem Stromer unternehmen. Der Bericht über die jüngste Hauptuntersuchung liefert keine Erkenntnisse über den Zustand des Energiespeichers – dort wird bislang nur ein Sichtprüfung vorgenommen.

Dabei ist die Antriebsbatterie das teuerste Bauteil am Elektroauto, das über die Zeit und die Nutzung verschleißt: Je häufiger der Akku geladen wird, desto stärker ist seine Alterung. Deshalb ist der Gesundheitszustand der Batterie („State of health“ = SOH) das wichtigste Kaufkriterium. Denn ein kompletter Tausch des Energiespeichers kommt in der Regel einem wirtschaftlichen Totalschaden gleich – kostet der Einbau eines Neuteil doch schnell einen fünfstelligen Betrag.

Rosi nimmt's genau
Die Dekra hat mit der Unterstützung der RWTH Aachen ein hochpräzises Verfahren entwickelt, um den Gesundheitszustand von Traktionsbatterien zuverlässig zu ermitteln. Über Kfz-Werkstätten können auch Privatkunden den Service in Anspruch nehmen. Foto: Dekra
Rosi nimmt’s genau
Die Dekra hat mit der Unterstützung der RWTH Aachen ein hochpräzises Verfahren entwickelt, um den Gesundheitszustand von Traktionsbatterien zuverlässig zu ermitteln. Über Kfz-Werkstätten können auch Privatkunden den Service in Anspruch nehmen. Foto: Dekra

Aber die Prüforganisationen haben die Marktlücke erkannt. Der TÜV Rheinland, der TÜV Süd sowie die „Gesellschaft für Technische Überwachung“ (GTÜ) bieten inzwischen Batterieprüfungen an. Und auch die Dekra hat nun ein Verfahren entwickelt, um den Alterungszustand der Antriebsbatterie von Elektroautos zu ermitteln. Die Stuttgarter haben das Verfahren von Spezialisten der RWTH Aachen validieren und von verschiedenen Autoherstellern testen lassen – und inzwischen auch patentieren lassen.

Dekra reicht eine Viertelstunde zum Test

Schon nach einer viertelstündigen Testfahrt und einer kurzen Beschleunigung über 100 Meter soll es zuverlässige Daten liefern über den „State of Health“ (SoC) des Akkus und somit eine solide Basis für ein Gebrauchtwagen-Gutachten. Dazu hat die Dekra nach eigenen Angaben einen „hochkomplexen“ Algorithmus entwickelt und mit einer Datenbank abgeglichen. Bislang wurde auf der Basis haben die Experten der Dekra eine Typenliste mit mehr als 50 voll- und teilelektrischen Modellen deutscher und europäischer Fahrzeughersteller sowie von Hyundai-Kia aus Südkorea erarbeitet, bei dem das Verfahren funktioniert. Bis zum Jahresende soll die Liste auf rund 100 Fahrzeuge wachsen – das wäre in etwa die Hälfte der in Deutschland verfügbaren E-Auto-Flotte.

Profitieren davon sollen zunächst Profis – groß Leasinggesellschaft und Autohäuser. Hier sieht die Dekra derzeit den größten Bedarf. „Gerade im Gebrauchtwagen-Management ist eine präzise und schnelle Ermittlung der Restkapazität besonders wichtig, damit der Gesamtprozess wirtschaftlich bleibt“, erklärte dazu Ulrike Hetzel, die Technik-Chefin der Dekra. Erst in einem zweiten Schritt wolle man den Schnelltest auch Privatkunden zugänglich machen. Zu welchem Preis? Der steht noch nicht fest.

Aviloo-Testkit für die OBD-Schnittstelle 
Das Gerät analysiert die Batteriedaten während der Fahrt - bis der Akku nur noch einen Ladestand von zehn Prozent hat. Die Daten werden dann in die Cloud hochgeladen und dort von Spezialisten analysiert. Bild: Aviloo
Aviloo-Testkit für die OBD-Schnittstelle
Das Gerät analysiert die Batteriedaten während der Fahrt – bis der Akku nur noch einen Ladestand von zehn Prozent hat. Die Daten werden dann in die Cloud hochgeladen und dort von Spezialisten analysiert. Bild: Aviloo

Bei Aviloo, dem Kooperationspartner des TÜV Süd und des GTÜ aus Österreich, kostet der Test inzwischen 99 Euro – 49 Euro waren es noch in der Einführungsphase im März. Nach der Auswahl des Fahrzeugtyps im Internet erhält der Kunde ein Testkit, das er über die OBD-Schnittstelle des Elektroautos anschließt. Anschließend analysiert das Gerät die Batteriedaten während der Fahrt – bis der Akku nur noch einen Ladestand von zehn Prozent hat. Die dabei ermittelten Daten werden in die Aviloo-Cloud hochgeladen und anschließend ausgewertet. Die Ergebnisse werden anschließend in einem Prüfbericht festgehalten und digital verschickt. Das Testkit geht an Aviloo zurück.

„Quick Check“ von TÜV Rheinland ab Herbst

Der TÜV Rheinland hat zur Bewertung der Traktionsbatterien gebrauchter Elektroautos mit der Battery Quick Check GmbH sogar ein eigenes Unternehmen gegründet. Voraussichtlich im Herbst wird es die Arbeit aufnehmen und den Schnelltest anbieten – Autohäusern, Versicherungen, Leasinggesellschaften oder Fuhrparkmanagern. Privatkunden können die Dienstleistung über ihre Werkstätten nutzen – da die Ergebnisse vom TÜV Rheinland zertifiziert werden und in ein Gebrauchtwagen-Gutachten einfließen, soll allein qualifiziertes Werkstattpersonal den Test durchführen.

Technologiepartner der Kölner ist das Münchner Startup Twaice, das ein spezielles Analysetool entwickelt hat. Auch beim „Quick Check“ werden über die OBD-Schnittstelle eine Reihe von Daten ausgelesen – der Stromfluss und die Spannung, der Innenwiderstand sowie die Temperatur der Zellen, Module und des gesamten Batterie. Immerhin 60 Minuten dauert es, bis alle Daten ausgelesen sind. Auch hier werden die Daten anschließend in eine Cloud hochgeladen und von Twaice mit Hilfe spezieller Algorithmen und auch Künstlicher Intelligenz analysiert. Der Alterungszustand der Batterie und die Restkapazität soll sich auf diese Weise sehr präzise feststellen lassen.

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3 Kommentare

  1. Jürgen Baumann

    Wenn man den Test in der Schweiz machen wollte, wer wäre da ein Partner?

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    • Franz W. Rother

      ACS bietet den Batterietest von Aviloo an

      Antworten
      • Jürgen Baumann

        Danke.

        Antworten

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