Manchmal zählt Größe doch. Während viele europäische Autobauer entweder erst gar nicht nach München gekommen sind und andere ihre Präsenz deutlich zurückgefahren haben, demonstriert die Great Wall Motors-Untermarke Wey mit einem sorgsam kreierten Messestand in unmittelbarer Nachbarschaft von Mercedes-Benz Stärke. Warum? „Weylwir es können!“, scheint die Aussage der Chinesen zu lauten. Dabei hatte der Auftritt auf der IAA Mobility wenig mit der bisher bisweilen ostentativ zur Schau getragener automobiler Potenz anderer Marken aus dem Reich der Mitte zu tun, die viel verspricht, aber nicht immer genauso viel hält.

Der Grund ist einfach: Es ist nicht mehr nötig. Die Produkte sprechen für sich selbst. Kopien westlicher Fahrzeuge mit einer Hartplastikhöhle als Cockpit sind auch in China passé. Fahrzeuge wie der Wey Coffee 01 des Autokozerns Great Wall Motors zeigen interessante Ansätze: Während die europäischen Hersteller bei Plug-in-Hybriden eine rein elektrische Reichweite von mehr als 120 Kilometern nicht als wirtschaftlich erachten – Stichwort: Batteriekosten und Gewicht – schnallen die Chinesen mal eben eine Batterie mit einer Kapazität von 41,8 Kilowattstunden unter das 4,87 Meter lange SUV. und wollen so eine elektrische Reichweite von 150 Kilometern schaffen. Auch wenn dieses Resultat bei einer solchen Akku-Kapazität bei einem 2,2 Tonnen schweren Allrad-Crossover niemanden vom Hocker haut, zeigt es dennoch, wohin die Reise geht.

Denn das koffeinhaltige Vehikel ist soll mit Preisen ab 50.000 Euro ab kommendem Jahr eine Alternative in der Premium-Klasse darstellen. Billig war gestern. Nobel und mit großen Margen soll es in Zukunft sein. Und damit sind nicht nur die Materialien gemeint, die Musik der automobilen Zukunft ist digital. Der Coffee 01 ist mit dem schnellen Qualcomm Snapdragon 8155 Chip ausgerüstet. Er verarbeitet mit seiner besonders schnellen Rechenleistung Technologien wie 5G, WLan, Gesichtserkennung und Personalisierung. Im Innern gibt es bequeme Sitze vorne wie hinten, animierte Instrumente, ein 14-Zoll-Infotainment-Display und drahtlose Updates.

Kleinwagen Ora Cat für 30.000 Euro

Dass Great Wall Motors beabsichtigt, die gesamte Klaviatur der automotiven Begehrlichkeiten zu spielen, zeigt der Ora Cat, ein Kleinwagen mit Kulleraugen, der vor allem weibliche Autofahrer ansprechen dürfte. Der 4,24 Meter lange Stromer soll – vor Umweltbonus und Innovationsprämie – rund 30.000 Euro kosten und bietet dafür eine Antriebsleistung von 126 kW (171 PS) und dank einer Batterie, die 63 kWh Strom speichert, eine Reichweite von rund 400 Kilometern. 

Der Tech-Konzern Huawei will derweil Apple ein Schnippchen schlagen und hat auf der IAA eine Automobil-Plattform im Gepäck, die das autonome Fahren demonstriert. Das passende Fahrzeug dazu gibt es mit dem Elektro-SUV Seres Huawei Smart Selection SF5 schon länger. Jetzt wollen die Chinesen auch technologisch bei den Robo-Autos an die Spitze.

Xpeng geht in die Luft

Ein ähnliches Ziel verfolgt Xpeng, ein Autobauer, den hierzulande (noch) nicht jeder kennt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Guangzhou mietete sich deshalb einen virtuellen Stand auf der IAA Mobility und präsentiert so den Messebesuchern seine Produktpalette. Während in Deutschland das Lastenfahrrad ein wichtiges Verkehrsmittel zu werden scheint, setzen die Asiaten auf Transportmittel, die Menschen und Güter durch die Lüfte ans Ziel bringen.

Der Xpeng X2 wiegt dank Leichtbauweise und jede Menge Karbon nur 560 Kilogramm, ist 4,97 Meter lang und kann 35 Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h in einer Höhe von bis zu 1.000 Metern fliegen – über alle Staus oder autofreien Zonen hinweg. Wenn die ersten Flüge stattfinden und wo, wollten oder konnten die Entwickler noch nicht sagen.

Infotainment auf höchstem Niveau

In der Zwischenzeit setzen die Chinesen weiter auf den Bodenverkehr und Elektroautos wie den Xpeng 7. Die Limousine kommt mit einer Ladung seiner 80 kWh großen Batterie bis zu 530 Kilometer weit. Alternativ stehen das Crossover Xpeng G3i und die kleinere Limousine Xpeng P5 zur Auswahl. Auch bei diesen Autos wollen die Chinesen mit Infotainment auf höchstem Niveau und allerlei Fahrassistenten für das teilautonome Fahren punkten.

Klar, es ist nicht alles Gold, was da so in den Autos aus China glänzt und vielversprechend glitzert. Die Autos aus dem Reich der Mitte müssen auf Europas Straßen erst einmal zeigen, dass sie technisch mithalten können und nicht nur mit günstigen Preisen locken. Doch die Geschwindigkeit, mit denen die Asiaten auch dank der Unterstützung deutscher Zulieferer und Kooperationspartner technisch und qualitativ aufholen, ist beeindruckend: Billig war gestern.

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