Der Tuner – sorry: Veredler – Abt Sportsline aus dem schönen Allgäu wendet sich noch stärker der Elektromobilität zu. Wer nun einen heftigen Strategiewechsel des motorsportbegeisterten Eigentümers Hans-Jürgen Abt befürchtet, kann aufatmen. Die Abt e-Line widmet sich vorerst nur den elektrischen Nutzfahrzeugen und rüstet den VW Transporter T6.1 und eben den Caddy auf Stromantrieb um.

Mit der rein elektrisch angetriebenen Version des VW Caddy von Volkswagen Nutzfahrzeuge sollen Handwerker und Paketzusteller zum Umstieg auf umweltfreundliche Stromer motiviert werden. Aber auch umweltbewusste Familien können ihn ordern, weil er nicht nur als Kastenwagen (ganz ohne Fenster hinten), sondern auch als Kombi (mit Fenstern hinten) sowie mit zwei Sitzreihen als Pkw-Version zu haben ist.

Nur im Leasing ab 293 Euro im Monat

Der Kemptener e-Caddy wird ausschließlich als Leasingfahrzeug über zertifizierte VW Nutzfahrzeug-Händler in ganz Europa angeboten und startet bei 293 Euro netto für die Variante Kastenwagen. Die Leasingrate basiert auf einem Basispreis von 29.900 Euro, der bereits den herstellerseitigen Umweltbonus von 3.000 Euro und eine Sonderzahlung von 3.000 Euro beinhaltet. Das ist für Volkswagen sicherlich kein kostendeckendes Angebot, „aber wir wollen damit die Berührungsängste gegenüber elektrifizierten Fahrzeugen abbauen und sie in diesem speziellen Einsatzgebiet, nämlich den Innenstädten, in die Fläche bringen“, verrät ein Sprecher von VW Nutzfahrzeuge. Derzeit bestehe immer noch Kauf-Zurückhaltung wegen der fehlenden Auszahlungsrichtlinien des höheren Umweltbonus, „aber wir sind startklar“. Zunächst ist die Umrüstung von 300 e-Caddys geplant. Die ersten sollen bis Ende März ausgeliefert werden.  

Motor raus, Akku rein
Umbau des VW Caddy im neuen Montagewerk von AL-KO in Günzburg. Foto: Abt

Für Kleinunternehmer, die sich viel in Innenstädten bewegen müssen, ist der e-Caddy mit Elektromotor eine attraktive Alternative zum Verbrennerfahrzeug: Er ist emissionsarm und leise – und das bei unverändertem Laderaumvolumen von 4,2 Kubikmetern. Die niedrigen Energie- und Wartungskosten sprechen ebenfalls für seine Anschaffung.   

Der von Abt zum E-Fahrzeug umgebaute e-Caddy wird mit einer Batteriekapazität von 37,3 Kilowattstunden und einem drehmomentstarken Elektromotor ausgeliefert, der immerhin 83 Kilowatt Leistung auf die Vorderräder bringt. Je nach Einsatzzweck kann die Höchstgeschwindigkeit variiert werden: Reicht im Alltagsbetrieb Tempo 90, kommt der e-Caddy auf eine maximale Reichweite von 159 Kilometer. Sollen gelegentlich auch mal 120 km/h erreicht werden können, muss der Lieferwagen spätestens nach 141 Kilometern wieder an eine Ladesäule. So etwa regelt man normalerweise mit dem rechten Fuß oder einem Tempomaten. Wer sich oder seinem Fahrer so viel Eigenverantwortung nicht zutraut, muss in die Werkstatt, wo die Höchstgeschwindigkeit programmiert wird.

Variabel ist natürlich auch die Zuladung. Allerdings dürfen maximal 998 Kilogramm an Bord gehievt werden – mehr verträgt das Fahrwerk nicht, das gegenüber der Version mit Dieselmotor ein Mehrgewicht von 154 Kilogramm schultern muss.

Volkswagen bindet den Mittelstand ein

Verantwortlich für den Umbau des Caddy wie auch des „Bully“ vom Typ T6 auf den Elektroantrieb ist die 2018 gegründete Abt e-Line GmbH, die sich voll auf die E-Mobilität fokussieren soll. Chef Hans-Jürgen Abt ist fest davon überzeugt, dass die beiden „Alltagshelden“ mit elektrischem Antrieb künftig eine entscheidende Rolle spielen werden, insbesondere in den Ballungszentren, wo wegen der hohen Schadstoffwerte in der Luft Dieselfahrzeugen Fahrverbote drohen. „Wir machen seit zehn Jahren tolle Kooperationsprojekte. Da dachte man sich wahrscheinlich, warum nicht mal den Mittelständler Abt mit einer VW-Großserie verbinden?“

Strom statt Diesel
Der Elektroantrieb mobilisiert 83 Kilowatt Leistung und 200 Newtonmeter Drehmoment, spürbar weniger als der Zweiliter-Diesel, der hier normalerweise nagelt. Foto: Abt

Das Projekt stemmt Abt e-Line aber nicht komplett alleine. Die Montage übergab Abt an die AL-KO Fahrzeugtechnik. Das schwäbische Unternehmen hat in Günzburg eigens ein neues Montagewerk errichtet, wo 100 Mitarbeiter die beiden VW-Transporter umbauen. In der aktuellen Anlaufphase spricht man nicht gerne über Stückzahlen. Bei voller Auslastung sollen dort jedoch im Zwei-Schicht-Betrieb 40 Fahrzeuge pro Tag vom Band laufen.

Umbau mit Standardkomponenten aus der Serie

AL-KO wurde 1931 von Alois Kober gegründet und ist heute ein global agierendes Technologie-Unternehmen mit über 40 Standorten weltweit. Es entwickelt und produziert hochwertige Chassis- und Fahrwerkskomponenten für Anhänger, Freizeitfahrzeuge und eben leichte Nutzfahrzeuge.

Bei AL-KO lässt Abt den kompletten Umbau vornehmen. Das heißt, die Fahrzeuge werden fahrfertig – samt Motor, Tank und Getriebe – von Volkswagen Nutzfahrzeug übernommen, nach Günzburg transportiert und dort ausgeschlachtet. Die Motoren werden wieder ausgebaut und gehen zurück an VW, um erneut in die Produktion eingeschleust zu werden. Anstelle des Verbrennungsmotors platziert AL-KO im Motorraum dann einen kompakten und leichten Elektromotor von Bosch. Dann werden das Batteriemodul, Ladegerät, sowie Hochvoltheizer und -klimakompressor eingebaut sowie ein neues Bordnetz installiert. AL-KO ist bis zur Endkontrolle aller verbauten Komponenten und für die komplette Dokumentation verantwortlich. Klingt kompliziert, ist es auch.

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Nur ein Logo verrät den Stromer

Abt e-Line mit seinen rund 70 Mitarbeitern entwickelte immerhin die gesamte Integration der E-Komponenten und hält so die Änderungen im Basisfahrzeug so gering wie möglich. Das hat den Vorteil, dass alle Subsysteme wie Airbags, ESP oder Navigation wie gehabt funktionieren. Eigentlich erkennt man den e-Caddy und den T6.1e nur am veränderten Drehzahlmesser, der nun auch noch den Ladezustand anzeigt, sowie dem neuen Logo „Abt E“ an der Kofferraumklappe.

Das Batteriemodul liefert Volkswagen übrigens aus China an. Es stammt aus einer elektrischen Limousine namens Lavida, die Volkswagen in China zusammen mit SAIC entwickelt und produziert. Diese Batterie besteht aus 16 Modulen zu je 12 Zellen und wiegt im neuen e-Caddy 320 Kilogramm (im T6.1e 330 Kilogramm). Der Gewichtsunterschied stammt daher, dass im VW Transporter die Batterie nur einlagig verbaut ist und daher mehr Gewicht ins Thema Steifigkeit geht. Beim e-Caddy bekam die Batterie einen zweilagigen Aufbau. Der entnommene Verbrenner wiegt nur etwa 200 Kilogramm.

Erfahrungen aus der Formel E

Abt Sportsline beschäftigt sich bereits seit 2009 mit der Elektromobilität und rüstete auch schon Fahrzeuge der Deutschen Post zu Stromern um. Zudem ist das Unternehmen Partner von Audi in der Formel E. Die Kemptener forschen selbst und suchen auch die enge Zusammenarbeit mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft, um immer wieder mit spektakulären Prototypen auf ihre Fähigkeiten aufmerksam zu machen – wie 2018 mit dem Audi RS6-E, einem Audi A6 mit leistungsgesteigertem Hybridantrieb. Wie wichtig das Geschäftsfeld für das Unternehmen ist, dokumentiert schon die Tatsache, dass sich Eigentümer Hans-Jürgen Abt persönlich um alle Projekte der neuen e-Line kümmert.

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