Vor fünf Jahren hat sich die ZEV Alliance zusammengefunden. Ein Bund von Nationen und Staaten, der den Verkehr bis spätestens 2050 klimaneutral stellen will. Was nach aktueller Lesart einem Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gleichkommt. In den USA zählen neben Kalifornien neun weitere Bundesstaaten zum Bündnis. Gemeinsam stehen sie für 40 Prozent aller amerikanischen Neuzulassungen. Und auch Deutschland gehört zu den ZEV-Alliance-Gründungspartnern, zusätzlich ist das Bundesland Baden Württemberg diesem Verband im Jahr 2018 beigetreten. Nun prescht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, flankiert vom Chef des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, vor und regt ein deutschlandweites Verbot von konventionell angetriebenen Fahrzeugen bereits im Jahr 2035 an.

Ökostrom für 3,3 Millionen Autos nötig

Unter Umweltgesichtspunkten ist so ein Verbot allerdings nur dann sinnvoll, wenn der Fahrstrom aller neuzugelassenen E-Autos klimaneutral produziert wird. Und es wäre in Deutschland eine große Menge Ökostrom nötig, um die 3,3 Millionen Neuzulassungen des Jahres 2035 (Prognose auf Basis der Neuzulassungen 2019) ohne CO2-Emissionen zu betreiben. Ob sich diese Strommenge produzieren lässt, ist fraglich. Aktuell stockt der Ausbau der erneuerbaren Energien deutschlandweit. In Bayern gingen 2019 ganze sechs neue Windräder in Betrieb, weil die Vorschriften für ihren Bau, in Bayern die schärfsten im gesamten Bundesgebiet, einem zügigen Ausbau der Windenergie im Wege stehen. Die Halbherzigkeit, mit der die Politik die Energiewende angeht, entpuppt sich als Bremsklotz für die Transformation der Mobilität, in die die OEMs und Zulieferer Milliarden investieren.

Fast die Hälfte der weltweiten Automobil-Produktion würde bei einem Verbot von Verbrennungsmotoren betroffen. Grafik: Berylls

Wann kommt der Car Ban in China?

Würden bereits heute die weltweit angekündigten oder zur Diskussion stehenden Verkaufsverbote oder Restriktionen für den Betrieb von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gelten, wären 41,6 Millionen Einheiten oder 46 Prozent vom aktuellen globalen Absatzvolumen betroffen. Wobei China als große Unbekannte in diese Gleichung, mit allein 24,6 Millionen Stück, eingeht. Denn ein „Car Ban“ wird dort zwar diskutiert,. Ab wann der gelten soll, ist aber offen. Die Insel Hainan hat zwar ein Fahrverbot für konventionelle Autos für das Jahr 2030 ausgesprochen und Hainan gilt als Modellregion. Wann wird der große Rest des Riesenreiches folgen? Die nun bereits seit 2017 andauernde Prüfung eines Car Bans scheint ein Zeichen dafür zu sein, dass die Co-Existenz zwischen E-Auto und Verbrenner in China noch länger andauern wird. Wenn China allerdings ein Verbot ausspricht und den Hebel Richtung E-Mobilität umlegt, müssen alle Hersteller bereit sein, sonst ist ihr Geschäft massiv bedroht.

Synthetische Kraftstoffe als Brückenlösung

Am Ende sind die Fahrverbote der kleinen Staaten, zu denen auch Deutschland zählt, zwar ehrenhaft, für die globale Entwicklung aber unerheblich. Auch wenn immer mehr Staaten über solche Verbote nachdenken oder sie vorziehen wollen. In China entscheidet sich, wie der Antriebsstrang der Zukunft aussehen wird.

„Für die globale Entwicklung unerheblich“
Unternehmensberater Andreas Radics kritisiert die Diskussion in Deutschland über ein Neuzulassungs-Verbot für Verbrenner ab dem Jahr 2035. Foto: Berylls

Dass sie ohne Verbrennungsmotor auskommen muss, ist keineswegs klar. Noch im vergangenen Jahr hatte China zwar seinen Fokus auf die E-Mobilität gerichtet, aber dieser Fokus wurde jüngst aufgezogen: Wasserstoff, Brennstoffzellenantrieb und Verbrennungsmotoren spielen als Alternativen plötzlich – wieder – eine größere Rolle. Damit ist für die OEMs eine neue Unsicherheit entstanden, auf die sie reagieren müssen.

Möglich, dass Markus Söder deshalb in seiner Forderung eine Hintertür offen gelassen hat. Er spricht lediglich von Verboten für Fahrzeuge, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Interpretiert man diese Aussage richtig, wären Autos mit Benzin- und Dieselmotoren, die mit synthetisch hergestellten E-Fuels laufen, 2035 weiterhin zulassungsfähig.

Um E-Fuels aber umweltverträglich produzieren zu können, müsste massiv in den Ausbau von Grünstrom investiert werden. Eine Maßnahme, die auch VW Konzernlenker Herbert Diess gefallen dürfte. Schließlich setzt er auf der einen Seite auf die E-Mobilität, bringt aber auch die E-Fuels wieder ins Gespräch. Wenn auch vorläufig nur als Kraftstoff für die Formel 1.

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2 Kommentare

  1. lanzu

    „Unter Umweltgesichtspunkten ist so ein Verbot allerdings nur dann sinnvoll, wenn der Fahrstrom aller neuzugelassenen E-Autos klimaneutral produziert wird.“

    Und:

    „Um E-Fuels aber umweltverträglich produzieren zu können, müsste massiv in den Ausbau von Grünstrom investiert werden.“

    Hier werden zwei Sachverhalte nicht berücksichtigt:

    1. E-Autos auch dann einen Emissionsvorteil gegenüber fossilen Verbrenner haben, wenn Sie nicht mit Ökostrom fahren.
    2. Der Energiebedarf für synthetische Kraftstoffe ist sehr groß. Das fünf- bis sechsfache, wenn das Ganze mittels Strom erzeugt wird. Es gibt also einen extrem großen Energiebedarf. Für Nischen mag das OK sein, für den Massenbedarf erscheint das unrealistisch, bzw. muss durch Importe sehr teuer bezahlt werden, mit auch dort entsprechender Infrastruktur.

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    • Franz W. Rother

      Punkt 2 sieht allerdings anders aus, wenn a) der Strom in wind- und sonnenreichen Regionen produziert und nach Deutschland exportiert wird. Und wenn man b) in die CO2-Bilanz die Produktion der Fahrzeuge einbezieht: Eine Umstellung auf E-Fuels würde es erlauben, einen Teil der Flotte zu erhalten und trotzdem umweltverträglich zu betreiben. Kann also durchaus Sinn machen, wenn man Bedingung a) erfüllt.

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