„Die Würfel sind gefallen.“ Kein geringerer als Julius Caesar soll diesen berühmten Ausspruch getätigt haben, als er mit seinen Legionären den Rubicon, den Grenzfluss zwischen Gallien und dem römischen Mutterland, überquerte. Die Folge war ein Bürgerkrieg. Wie der Feldzug ausging, weiß jeder Pennäler – die Gegner flohen, Cesar übernahm die Herrschaft.

Auch bei den Nutzfahrzeugen steht ein Machtkampf an. Auf der einen Seite steht die Batteriefraktion, auf der anderen Seite stehen die Befürworter Bei von Lkws, die mit Brennstoffzellen und Wasserstoff betrieben werden. In der Traton-Gruppe des Volkswagen-Konzerns (mit den Marken MAN, Scania und VW Nutzfahrzeuge) fokussiert sich das Management auf batterieelektrische Antriebe.

GenH2-Truck soll spätestens 2028 serienreif sein

Bei Daimler Trucks hingegen ist die Entscheidung zugunsten von flüssigem Wasserstoff gefallen. Und die Entwicklung der Technik ist bereits weit fortgeschritten: Ein neuer Wasserstoff-Brennstoffzellen-Truck dreht bereits im Testzentrum in Wörth am Rhein seine Runden. Unablässig.

Runde um Runde
Mercedes-Benz GenH2 Truck auf dem Testgelände in Wörth. Fotos: Daimler

„Die Haltbarkeit ist extrem wichtig“; erklärt Daimler-Truck-Entwicklungsingenieur Andreas Höfert. Während der Lebenszyklus eines Pkws rund 300.000 Kilometer und 8.000 Betriebsstunden dauert, sind es bei einem 40-Tonner 1,2 Millionen Kilometer und 25.000 Stunden. Wir haben im Führerhaus des GenH2-Truck Platz genommen und dabei erfahren, wie leise, ruhig und unspektakulär sich die Brennstoffzellen-Zugmaschine bewegen lässt.

2071 Newtonmeter Drehmoment

Bei einer komplexen Technologie wie dieser kommt es auf alle Details an. „Wir achten auf Kabel, Leitungen und natürlich die Brennstoffzelle“, sagt Andreas Höfert. Die Prüfung steht im Zentrum der Testfahrten. Der erste Daimler Brennstoffzellen-Wasserstoff-Truck soll spätestens in sechs Jahren serienreif sein. Da muss Antrieb fehlerfrei funktionieren. Der besteht aus zwei E-Achsen mit jeweils 230 kW Dauerleistung (330 kW oder 449 PS maximal) sowie zwei jeweils 150 kW starken Brennstoffzellen. Das maximale Drehmoment der beiden Elektro-Motoren beläuft sich auf 2.071 Newtonmetern pro E-Maschine. Mächtig. Denn bei den Brummis ist das Drehmoment fast noch wichtiger als die E-Power.

Bis zu 1200 Kilometer Reichweite

Da flüssiger Wasserstoff zusammen mit Sauerstoff zu reinem Wasser reagiert, besteht die Bipolarplatte der Brennstoffzelle aus Carbon-Verbundstoff. „Das ist robuster als zum Beispiel eine Metallplatte mit einer Iridiumoberfläche. Die würde durch das reine Wasser angegriffen“, verdeutlicht Florian Henkel von „cellcentric“, die dieses Bauteil beisteuern. „Die Entwicklung ist vorbei, wir müssen das Produkt bringen“, fordert der Techniker.

In zwölf Minuten wieder voll
Der GenH2-Truck hat zwei Edelstahltanks an Bord, die jeweils 40 Kilogramm Flüssigwasserstoff aufnehmen.

Auch wenn das Tanken beim Wasserstoff deutlich schneller vonstattengeht, als das bei Batterien der Fall ist, ist in der Logistikbranche jede Sekunde, in der ein Truck steht, verlorene Zeit. Deswegen ist der GenH2 Truck mit zwei Edelstahltanks mit jeweils 40 Kilogramm Fassungsvermögen bestückt. Das reicht für 800 bis 1.200 Kilometer.

In der Schweiz wurden jetzt die ersten XCient-Trucks mit Brennstoffzellenantrieb an Kunden übergeben. Und für die Koreaner ist das erst der Anfang. Wasserstoff

Falls der Lkw doch mal betankt werden muss, sind die Behälter in gut zwölf Minuten wieder gefüllt. Das Betanken ist nicht ganz trivial, denn da wird Wasserstoff mit einer Temperatur von minus 253 Grad in die beiden Tanks gefüllt. Die bestehen aus zwei Edelstahlhüllen und nicht aus Carbon, was die Kosten deutlich senkt. Der Aufbau der Behälter und die verbesserte Fertigungstechnik machen diese die Lagerung des ultratiefgekühlten Gases möglich. Ein Verdampfen des Wasserstoffs würde dem Projekt den Todesstoß versetzen.

Flüssiger Wasserstoff hat viele Vorteile

Die Tanks bestehen aus zwei Behältern und einem Vakuum dazwischen. Durch diesen Aufbau kann der Wasserstoff lange Zeit ohne eine aufwändige Kühlung transportiert werden. Dass die beiden Behälter dicht sind, ist wichtig, denn nur so bleibt das Vakuum bestehen. „Es ist einfacher, etwas zu pumpen, als ein Gas zu komprimieren“, fasst Roland Dold, verantwortlich für die Fahrzeugentwicklung von Daimler Trucks, einen Grund für diese Entscheidung in Worte. Die Tankstellen haben eine Förderleistung von 400 kg Wasserstoff pro Stunde damit während dieser Zeit fünf Fahrzeuge getankt werden können.

Wasserstoff-Transport ohne Kühlung
Ein ausgefuchstes System sorgt dafür, dass der Wasserstoff in den Tanks ohne Kühlung transportiert werden kann.

Auch wenn der Transport und die Handhabung des flüssigen Wasserstoffs alles andere als einfach ist, gibt es einige Gründe, die für den Einsatz in dieser Form sprechen. Ganz oben auf der Pro-Liste steht die Energiedichte. Wasserstoff mit 350 bar hat eine Energiedichte von 24 kg pro Kubikmeter, bei 700 bar sind es schon 40 kg/m3 und flüssig sogar 70 kg/m3. Zudem lässt sich flüssiger Wasserstoff auf verschiedene Arten transportieren.

Gasförmiger Wasserstoff für Leichtgewichte

Der komplexe Aufbau der Brennstoffzelle reagiert fast schon sensibel auf „unreinen“ Wasserstoff, in dem sich Rückstände befinden, die durch den Transport mithilfe von Gas-Pipelines zustande kommen. Ähnliches gilt übrigens für die Lagerung in Carbontanks. „Airbus setzt auf das gleiche Prinzip“, weiß Dold.

Wobei auch klar ist, dass der flüssige Wasserstoff hauptsächlich für die schweren Fahrzeuge geeignet ist. Bei den leichteren Nutzfahrzeugen werden die 350 und vor allem 700 bar-Varianten zum Einsatz kommen. Das klingt alles in sich schlüssig. 

Ohne Tankstellen geht es nicht
Daimler Truck AG und BP bauen neue Wasserstoff-Infrastruktur auf, um die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs in Großbritannien zu beschleunigen.

Aber wie man es auch dreht und wendet, die Wasserstoff-Mobilität hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Wasserstoff „grün“ ist, also nachhaltig aus erneuerbaren Energien produziert wird. „Wir nutzen den Sonnengürtel der Erde, um Wasserstoff im großen Maßstab zu verflüssigen“, sagt Entwickler Dold. 

Auch wenn Deutschland in naher Zukunft sicher nicht energieautark werden wird, muss man sich nicht allein auf die Importe aus sonnenreichen Gegenden verlassen: Nahe Landshut, in Pfeffenhausen, baut die Hy2B Wasserstoff GmbH derzeit einen Fünf-Megawatt-Elektrolyseur, der Strom mithilfe eines Solar-Anlage stammt. Schon im kommenden Jahr sollen hier mit der Technik täglich 1200 Kilogramm Wasserstoff produziert werden und in mit Brennstoffzellen betriebenen Bussen zum Einsatz kommen.

Artikel teilen

1 Kommentar

  1. Dirk Bethge

    Endlich geht es voran. Die Würfel sind gefallen. Einfach eine wunderbare Nachricht. Den Batterieschwachsinn den Rücken zu drehen. Jeder weiß das im Transportwesen Zeit Geld ist ind jedes Kilogram zählt. Mit dem Truck von Chicago nach Los Angeleles……mit Batterie…..da braucht man nicht weiter drüber nachdenken..
    Dirk

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert