Daimler wird, wie der Konzern kürzlich bekannt gegeben hat, 2023 ins Wasserstoff-Zeitalter starten und den neuen, zusammen mit Volvo entwickelten Mercedes-Benz GenH2-Truck mit 1000 Kilometer Reichweite an Kunden aus der Logistik-Branche zur Erprobung übergeben. Die Serienproduktion des Brennstoffzellen-Lasters soll, wenn alles gut geht, dann im Jahr 2025 starten.

Da ist Hyundai schon wesentlich weiter: Gestern übergaben Vertreter von Hyundai Hydrogen Mobility (HHM), einem Joint Venture des koreanischen Autokonzerns mit dem Schweizer Unternehmen H2 Energy die ersten sieben Zugmaschinen vom Typ XCient Fuel Cell an Kunden aus dem Schweizer Groß- und Einzelhandel. Die von einem 350 kW (475 PS) starken Elektromotor von Siemens und zwei zusammen 190 kW starken Brennstoffzellen von Akasol angetriebenen Schwerlaster mit einer Reichweite von zunächst 400 Kilometern im vollbeladenen Zustand sind dabei gewissermaßen nur die Vorhut: Bis zum Jahresende sollen insgesamt 50 Brennstoffzellen-Trucks auf die Straße kommen, in der Schweiz, aber auch in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und in Österreich.

Serienfertigung wird kräftig ausgebaut

Und Cheol Lee, der Chef der Nutzfahrzeugsparte von Hyundai Motor, verfolgt ehrgeizige Ziele: Bis Ende kommenden Jahres will er die Produktionskapazitäten für den XCient-Brennstoffzellen-Truck Laster auf 2000 Einheiten im Jahr steigern, um möglichst schnell Kunden in Europa, Nordamerika und China bedienen zu können. Bis zum Jahr 2025 – in dem Jahr, in dem Daimler die Produktion des GenH2-Trucks starten will – sollen wenigstens 1600 Exemplare des Hyundai XCient in Europa abgesetzt werden – in den verschiedensten Ausprägungen und Antriebskonstellationen. „Ein Schlüssel für unsere globale Expansion mit Brennstoffzellen-Lkws wird die erfolgreiche Einführung des XCient in Europa sein“, erklärte der Hyundai-Vorstand schon im Vorfeld der Fahrzeug-Übergabe.

Hyundais Weg in die Wasserstoff-Mobilität
Allein in der Schweiz will der südkoreanische Autokonzern bis 2025 bis zu 1600 Brennstoffzellen-Laster vom Typ XCient in den Verkehr bringen. Dazu soll zusammen mit Partnern vor Ort auch in die Wasserstoff-Infrastruktur investiert werden. Grafik: Hyundai

Zustande kam das Europa-Geschäft auf ganz kuriose Weise, wie EDISON erfuhr: Rolf Huber, der Geschäftsführer der H2 Energy AG aus Opfikon bei Zürich hatte sich zehn Jahre lang bemüht, wasserstoffbetriebene Lastzüge für seinen Kunden Coop zu bekommen, um die Klimabelastungen aus dem Schwerlastverkehr zu mindern: Die Einzelhandelskette will bis 2025 klimaneutral sein. Huber sprach darüber mit Verantwortlichen von Daimler, mit Scania, sogar mit dem damaligen Fiat- und Iveco-Chef Sergio Marchionne persönlich. Aber alle winkten ab und vertrösteten Huber auf das nächste Jahrzehnt.

Über einen befreundeten Zahnarzt, der wiederum einen Kollegen im südkoreanischen Seoul kannte, bei dem ein Hyundai-Vorstand Stammkunde war, nahm er Kontakt zu dem Autokonzern auf. Sein Brief nach Korea hatte ungeahnte Folgen, wie Huber lachend erzählt: „Schon eine Woche später flog eine 50-köpfige Delegation von Hyundai in die Schweiz ein.“ Schnell wurde man sich einig, ein Joint-venture zu gründen und die Eroberung des europäischen Marktes gemeinsam in Angriff zu nehmen: 25 Prozent an HHM hält H2Energy.

60.000 Franken Ersparnis an Mautgebühren

Und das Geschäft lässt sich gut an. Das erste Kontingent von 50 XCient-Trucks ist bereits verkauft, nicht nur an die coop, sondern auch an Migros, Traveco, Galliker Logistics und andere Speditionsunternehmen, die heute noch überwiegend mit Dieselfahrzeugen unterwegs sind. Doch die Mautgebühren sind in der Schweiz stark an die Schadstoffemissionen gekoppelt. Und Fahrzeuge mit einem emissionsfreien Antrieb kriegen kräftige Rabatte: Rund 60.000 Franken im Jahr, hat Huber ausgerechnet, bringt einem Transportunternehmen schon jetzt die Umstellung eines Fahrzeugs auf den Brennstoffzellen-Antrieb. Wenn ab kommendem Jahr eine CO2-Steuer auf den Diesel-Kraftstoff aufgeschlagen werden, werde die Ersparnis noch größer.

Imposante Erscheinung
Für eine Last von 40 Tonnen ist der 475 PS starke Brennstoffzellen-Truck Hyundai XCient ausgelegt, der jetzt in der Schweiz an den Start geht. Foto: Hyundai

Und Hyundai macht den Unternehmen den Umstieg leicht: Die XCient-Laster werden nicht verkauft, sondern auf Basis eines Vertrages nach Nutzungsdauer zu günstigen Konditionen verleast. Pro Kilometer Wegstrecke, so war zu erfahren, zahlt das Unternehmen zwischen 1,5 und drei Dollar.

Kooperation mit Linde und Alpiq

Zudem will sich Hyundai beim Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur in Europa engagieren. In der Schweiz allein sollen in den kommenden Jahren insgesamt 100 Tankstellen aufgebaut werden, an denen Wasserstoff in gasförmigem Zustand mit 350 bar gezapft werden kann. Aktuell gibt es in der Schweiz gerade einmal sieben. HHM hat sich dazu mit Hydrospider zusammengetan, einem anderen Joint Venture von H2 Energy mit dem Gashersteller Linde und dem Energiekonzern Alpiq. Zugute kommen soll das Tankstellennetz natürlich auch Personenwagen mit Brennstoffzellenantrieb: Huber fährt selbst mit großer Begeisterung einen Hyundai Nexo.

Zukunft am Fließband
Fertigung des Hyundai XCient in Südkorea.

Mit dem Nexo hat der XCient Fuel Cell auch den Brennstoffzellen-Stack gemein – davon hat die knapp zehn Tonnen schwere Zugmaschine für eine Last von 36 Tonnen gleich zwei an Bord. Und das ist erst der Anfang. Wie Cheol Lee verriet, arbeitet sein Unternehmen bereits an einer Weitentwicklung des XCient mit mehr Leistung und einer noch größeren Reichweite von bis zu 1000 Kilometer. Technisch, so heißt es, sei das bei einem Brennstoffzellen-Laster im Unterschied zu einem Batteriefahrzeug kein großes Problem: Man müsse nur die Zahl der Tanks vergrößern.

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