Natürlich können wir dem Gastgeber deshalb keinerlei Angaben zum Zeitpunkt des Erscheinens machen, aber wir kommen, das ist sicher! Und wir bleiben sicherheitshalber gleich über Nacht, denn lieber unternehmen wir das Abenteuer Rückweg bei Tageslicht.

Wir sind übrigens meine drei Kinder und ich. Vier Erwachsene also soll der Zoe durchs Land und bergauf und bergab tragen. Nach tagelangen Recherchen steht der Plan: Der Ladehalt auf dem Hinweg wird Sonneberg sein. Eine Ladenetzstation ist verzeichnet.

Wir machen uns morgens, in für Jugendliche nachtschlafender Zeit, auf den Weg. Und kommen in Sonneberg tatsächlich mit 29 km Rest-Reichweite an. Die Ladestation ist praktischerweise an einer Tankstelle.

Mit Planung zum Ladepunkt

Durch das technische Geschick meiner Tochter schaffen wir es in gerade einmal 15 Minuten (inklusive Versuchsanruf beim Betreiber in Holland), sie in Gang zu bringen. Es ist ja so, dass jede Ladestation ihr eigenes Procedere hat. Meine 15-Jährige ist aber die Stressexplosionen ihrer Mutter schon gewohnt, spricht dann beruhigend und begütigend auf mich ein und sonnt sich später im Ruhm ihrer Tat.

Die Jüngste dagegen staunt, dass wir gerade hier eine Ladestation gefunden haben, welch glücklicher Zufall. Tirili. Ihr sind die Stunden dezidierter Planung entgangen.

Wir wandern zum nahen Schnellrestaurant um dort, wie geplant, zu frühstücken, denn wir wussten ja um diese Zwangspause, so können wir die 1h15, die die Ladestation anzeigt, gut nutzen.

Weiter geht es diesmal auf der Bundesstraße nach Bayreuth. Wir lernen ganz neue Gegenden kennen, abseits der Autobahn, genießen wie “früher” jedes Bergabrollen, das unsere Reichweite erweitert, und kommen gut gelaunt in Bayreuth an. Die Ladestation dort ist beim Rathaus. Das Navi führt uns zur Adresse, aber keine Säule weit und breit.

Mutter ist wieder am Rande eines Nervenzusammenbruchs, erklärt den daraufhin streitenden Kindern den Sinn des Lebens in einfachen Worten … in sehr einfachen Worten.

Auch die zu Rate gezogene Touristeninformation kennt nicht den Standort der so nahen Säule. Der Sohn besichtigt zu Fuß ein Parkhaus. Alles Fehlanzeige.

Erstz die Fahrt ums nächste Eck eröffnet den Blick auf dieso gut versteckte Ladestation. Warum bloß gibt es noch keine Hinweisschilder für Ladestationen für Auswärtige?

Das Geburtstagskind holt uns mit eigenem Auto an der Ladestation ab, das Fest kann beginnen.

Zurück nach Ilmenau

Am Abend wird das Elektroauto vollgeladen schon mal zum Hotel gefahren, Taxidienste übernimmt wieder der Jubilar. Warum einfach, wenn es auch umständlich geht.

Nach guter Nacht und gemeinsamen Frühstück brechen wir wieder auf. Das Navi zeigt uns den Weg … die Fahrerin ist nervös. Es geht bergauf, nach Ilmenau. Wir müssen über den Thüringer Wald zurück. Die alte Praktik von Ausspannen und Pferdewechsel kommt ihr in den Sinn.

Der Schwager, immerhin seines Zeichens Physiker, hatte zu einem Wechsel der Ladestation geraten, Sonneberg sei mit 29 km Restreichweite zu unsicher. Ein tragischer Fehlschluss, wie sich zeigen sollte.

Die nun erwählte öffentliche Ladestation Frankenblick erreichen wir mit Mühe. In einer eher als Industriebrache erscheinenden Einöde stehen tatsächlich drei Elektrosteckdosen nebeneinander. Zwei belegt, eine frei. Aber gerade die freie lässt sich mit der Ladekarte nicht freischalten. Die anderen sind bis zum Montag mit Firmenwagen belegt. Der Anruf in Holland wieder erfolglos. Eine Mitarbeiterin nimmt das Problem auf und ruft zurück… wer’s glaubt…

Und nun? Keine Reichweite mehr, um nach Sonneberg zu gelangen, Ilmenau 46 km entfernt. Not macht erfinderisch.

Es befindet sich noch eine vierte Steckdose dort, eine 08/15 Normsteckdose. Und nach Umparken des Autos und Einsatz des Notladekabels – die Erleichterung: sie hat Strom – können wir laden. Allerdings: 15 Stunden Restladezeit.

Warten auf den Akku

Wir bleiben diesmal im Auto. Es gibt hier nichts, keinen Gasthof und auch sonst nichts in der Nähe. Wie früher fangen wir an im Auto zu spielen, zu singen um uns die Zeit zu vertreiben.

Nach zweieinhalb Stunden beschließen wir gemeinsam den Aufbruch. 65 km Reichweite zeigt das Auto an, 47 km müssen wir bewältigen. Das Ladesystem gibt an, bis wohin wir es schaffen würden, gibt noch kein grünes Licht, aber die letzten Meter zum Haus gehen bergab. Also wagen wir es.

Wir fahren, oder soll ich sagen, zittern die Berge hoch. Bergab lehnen wir uns nach vorne, um bestmöglich zu laden. Ja wir legen uns sogar in die Kurven. Ich lese die Reichweite-Kilometer vor, meine Tochter die noch zu fahrenden. Radio und Heizung sind ausgestellt um Strom zu sparen. Plötzlich der Break Even – 11 km zu fahren, 11 km Reichweite. Und dann 9 Kilometer Reichweite bei 11 km Reststrecke (steile Berge fressen schnell).

Uns bleibt kurz das Herz stehen.

Aber wir halten die Luft an und rollen weiter. Und dann sind wir oben am Kickelhahn angekommen. Nur noch die Rennstrecke des legendären Gabelbachrennens vor uns- 5 km bergab. Früher bewiesen Oldtimer hier ihre Bergtauglichkeit – ein paar Kapitel Autogeschichte später beweisen wir die Tauglichkeit der Elektromobilität. Und wir jubeln, singen gemeinsam “Freude schöner Götterfunken”, als wir den Berg nach Hause rollen.

Der Zoe rekuperiert sogar noch 17 Kilometern Reichweite über die Abfahrt. Was für ein Tag! Die Jüngste beschreibt ihn am nächsten Tag in einer Englischarbeit. Und ihr Schlusssatz: “We were very glad to arrive back home. It was a fun adventure. And I really hope that more people get e cars because it helps clean up our world.”

Tirili.

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