Über die derzeitigen Diesel-Diskussionen kann ich eigentlich nur schmunzeln. Ich fahre i3. Schon seit März 2014. Bis heute habe ich keinen Tag davon bereut. Im Gegenteil, BMWs kompaktes Karbon-Gefährt hat mich zu einem anderen Autofahrer gemacht. Einem, der gelassener fährt, die Ruhe genießt und sich gut dabei fühlt, Umwelt und Mitmenschen möglichst wenig zu belasten, sei es durch verschmutzte Luft oder Lärm.
Pubertär mit PS protzen? Nein, danke. Sprit tanken und Öl wechseln? Nein, danke.
Nie wieder werde ich zum Verbrennungsmotor zurückkehren. Für mich ist das ein Auslaufmodell. Einmal E-Auto, immer E-Auto. Besonders der i3 faszinierte mich. Endlich hatte es ein deutscher Premiumhersteller geschafft, ein Elektroauto vom ersten Zeichenstrich als solches zu entwerfen und gleichzeitig mit allen Konventionen zu brechen: neues Design, neue Werkstoffe, neuer Antrieb, neue Technik, neue Fabrik, neue Produktion.
Dazu viel Platz, eine gute Variabilität und ein konkurrenzlos kleiner Wendekreis, mit dem das Fahren sogar im Parkhaus Spaß bringt. Es musste nicht einmal ein BMW sein. Die Marke war mir egal. Ein Modell dieser Bauart hätte genauso von Audi kommen können, als Nachfolger des A2. Den Versuch hatten die Ingolstädter ja 2011 als Studie auf der IAA in Frankfurt präsentiert. Cooles Teil. Dann aber machten sich die Audianer in die Hosen und überließen ihrem Nachbarn aus München den „Vorsprung durch Technik“.
Teuer und emotional
Dass so wenige Leute auf die neue Mobilität umsteigen, hat natürlich mit Geld zu tun. Der Preis für ein Elektroauto ist happig. Mein i3 kostete mit einigen Extras 45.000 Euro. Für die Hälfte dieser Summe gibt es gleichwertig ausgestattete Benziner. Das weiß man, handelt dennoch anders. Der Kauf eines Elektroautos ist eine rein emotionale Angelegenheit. Man möchte sich solch ein Auto einfach gönnen, ohne zu rechnen, ab wann oder nach wie vielen Kilometern sich das lohnen könnte. Wer es trotzdem tun möchte, hier die Basiszahl: 100 Kilometer kosten im i3 etwa vier Euro an Strom.
Belohnt wird das Ganze mit einer Menge Fahrfreude. Besonders die lineare wie leise Beschleunigung liefert den Kick. Erstmals-Mitfahrer können es kaum glauben, zu was ein Elektromotor im Stande ist, und flippen stets aus. Aber kaufen? Eher nicht. Das leidige Thema bleibt die Reichweite. Nach nichts Anderem fragen die Leute, wenn Sie mit mir über den i3 ins Gespräch kommen. Es zeigt die Urangst des Autofahrers, draußen in der Pampa mit leerer Batterie liegen zu bleiben. Ist mir jedoch kein einziges Mal in den dreieinhalb Jahren passiert. Dafür müsste man sich auch ziemlich blöd anstellen. 140 Kilometer schafft der i3 maximal im Sommer, weniger als 100 im Winter.
Ich war überrascht, wie schnell man sich damit arrangiert. Klar kann ich nicht einfach so drauflos fahren, muss vorher die Entfernung wissen und ob es am Zielort eine Möglichkeit zum Laden gibt. Doch im Schnitt ist man pro Tag nicht mehr als 40 bis 60 Kilometer unterwegs. Die typische Pendlerstrecke eben. Längere Touren? Da wird’s problematisch. Autobahnfahrten fressen tierisch Strom, so dass auch hier der i3 nach 100 Kilometern leer ist. Und dann? Ende Gelände. BMW bietet daher in Zusammenarbeit mit Sixt einen vergünstigten Mietservice an, der dennoch viel zu teuer ist.
Wie es richtig geht, zeigt Volkswagen. Wer einen e-Golf kauft, kann bis zu 30 Tage im Jahr ein konventionelles Auto mieten – kostenlos. Ein Super-Service, von dem sich die Münchener gern eine Scheibe abschneiden dürfen.
Schnellladen klappt gut
Wie über 90 Prozent der E-Auto-Besitzer lade ich hauptsächlich zu Hause über die normale Steckdose. Abends anschließen, morgens voll. Passt. Daher würde hier eine Wallbox mit mehr Leistung keinen Vorteil bringen. Zudem kostet sie fertig montiert knapp 2.000 Euro. Für diese Summe kann ich über vier Jahre lang Strom tanken. Schnellladen klappt gut an öffentlichen Ladesäulen, vorausgesetzt man hat die richtige Karte dabei. Hier besteht noch Handlungsbedarf, um das sogenannte „diskriminierungsfreie“ Laden zu ermöglichen. Das Ziel: eine Karte für alle Stromanbieter, bundesweit, am besten europaweit. Zurzeit geht dies noch nicht.
Wunderbar funktioniert das Laden am Hamburger Flughafen, dessen Parkausbetreiber zwölf! – ja, man glaubt es kaum – zweimal sechs Parkplätze mit Stromanschluss zur Verfügung stellt, und die auch noch unmittelbar vor dem Eingang ins Terminal platziert hat. Wie cool ist das denn? Preis? Null, weil in den normalen Parkgebühren enthalten. Angewöhnt habe ich mir, wenn es kalt ist, unmittelbar nach der Landung die BMW-App auf dem iPhone zu aktivieren und auf „Klimatisierung“ zu drücken. In den folgenden 15 Minuten bis zum Parkhaus ist der i3 bereits kuschelig warm – mit dem Strom aus der Steckdose. Die Batterie bleibt unangetastet.
Ich fahre ich nie ganz leer zum Flughafen, sondern achte darauf, dass noch mindestens der Weg nach Hause (25 Kilometer) an Restreichweite in der Batterie steckt. Grund: Was ist, wenn alle Plätze besetzt sind? Gerade im Sommer besteht diese Gefahr. Dänen nutzen den Airport gern als Startrampe in den Urlaub und besetzen mit ihrem Tesla Model S teils über Tage und Wochen die Strom-Parkplätze. Hier besteht noch logistischer Nachholbedarf, beispielsweise ein Umpark-Service des Betreibers.
Neue Generationen machen Hoffnung
Mittlerweile hat sich ja ein bisschen was getan in Sachen Elektromobilität. Ich meine damit nicht den Luxusbereich, wie ihn Tesla und bald auch Audi, Porsche und Jaguar beliefern, sondern das gerade noch finanziell erschwingliche Volumensegment. VW kündigt für 2020 seine I.D.-Familien an, Nissan kommt 2018 mit dem zweiten Leaf, der über 500 Kilometer Reichweite schaffen soll. Opel hat einen attraktiven Ampera-e, kann den nur leider nicht liefern, weil bei GM getreu dem Trump-Motto „America first“ gehandelt wird. Und Tesla lässt gerade sein Model 3 aus der Fabrik rollen – vorerst ebenfalls nur für US-Kunden.
Dennoch, unmodern kommt mir mein i3 in keiner Weise vor. Es ist schon erstaunlich, was die BMW-Leute da auf die Räder gestellt haben und wie weit man in die Zukunft geplant hat. Immerhin ist das sogenannte „project i“ über acht Jahre alt. Besonders der Innenraum mit seinem bewusst anders gestalteten Cockpit ist ein Hingucker. Endlich mal nicht das übliche (Gähn!) T-Design mit Rundinstrumenten hinterm Lenkrad und Display in der Mittelkonsole, die stets Fahrer und Beifahrer voneinander abgrenzt. Ebenso cool finde ich im i3 die Öko-Materialien, egal ob Filz- und PET-Flaschen-Rezyklate, naturgegerbtes Leder oder offenporiges Olivenholz. Nichts von dem wirkt nach dreieinhalb Jahren abgenutzt oder unansehnlich.
Apropos Abnutzung: Ein Elektroauto fährt nahezu verschleißfrei. Kein Kolben, kein Keilriemen, kein Zahnriemen, keine Zylinderkopfdichtung, kein Auspuff, kein Getriebe. Was nicht existiert, kann nicht kaputt gehen. Ja nicht einmal die Bremsen werden beansprucht. Nach ein wenig Übung lässt sich der i3 komplett mit dem Fahrpedal verzögern. Hässlichen Bremsstaub in den Felgen kennt dieses Auto nicht – und ist damit auch kein Verursacher von Feinstaub.
Auch der berüchtigte Kurzstrecken-Verschleiß, dem ein Auto mit Verbrennungsmotor nach dem Kaltstart unterliegt, ist für Elektrofahrzeuge nicht relevant. Daher habe ich kein schlechtes Gewissen, zum Beispiel bei Regen die 500 Meter zum Bäcker statt mit dem Fahrrad mit dem i3 zu fahren. Weder Wasser und Öl müssen erwärmt, noch ein Katalysator auf Betriebstemperatur gebracht werden.
Saloon-Tür eher gut gemeint
Also, alles gut soweit? Nicht ganz. BMWs i3-Entwickler haben auch Fehler gemacht. Nachsehen muss man ihnen allerdings: Es war ihr erster Aufschlag, ein Elektroauto zu konstruieren. Das Saloon-Tür-Konzept mag witzig sein, im Alltag aber ist es hinderlich. Besonders in engen Parklücken kann man kaum eine Sporttasche von den Rücksitzen nehmen, weil man sich im „Dreieck“ der beiden offenen Türen einkeilt. Und hintere Fahrgäste können nur aussteigen, wenn der Vordermann zuvor die Fronttür öffnet, sich abgurtet oder gleich ganz aussteigt. Ziemlich umständlich.
Vergessen wurde zudem eine Lenkradheizung. Das mag lächerlich klingen, aber im Winter zieht einem der innere Metallkranz eiskalt die Wärme aus den Händen. Es gibt Tage, da fahre ich mit dicken Handschuhen. Warme Luft gegen das Lenkrad zu pusten wäre Energieverschwendung. „Abfallwärme“, wie sie beim Benziner oder Diesel in Mengen zur Verfügung steht, produziert ein Elektroauto nicht. Die Heizenergie muss einzig und allein die Batterie liefern. Da wird man schon ein bisschen knauserig und friert stattdessen. Ich bin gespannt, ob BMW im Zuge des für den Herbst anstehenden i3-Facelifts das Lenkradproblem in den Griff bekommen hat. Ein großer Aufwand wäre es ja nicht.
Abschließend noch ein Wort zum Wertverlust. Die ersten drei Jahre sind hier, wie bei normalen Autos auch, stets die schlimmsten. 55 bis 60 Prozent vom Neupreis sollte man abziehen. Käufer, das zeigte eine von mir aufgegebene Verkaufsanzeige, äußern Bedenken, dass irgendwann die Batterie schlapp machen könnte und sie dann noch weniger Reichweite hätten. Bislang ist nichts zu spüren, nach wie vor hat der Akku seine volle Kapazität. Acht Jahre steht BMW dafür gerade. Falls er bis dann um mehr als 20 Prozent abfällt, gibt’s gratis eine neue. Ich bin gespannt.