Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat kürzlich das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 praktisch für erreicht erklärt. Darin einberechnet sind allerdings auch die oft kritisierten Plug-in-Hybride, wie BEM-Präsident Kurt Sigl in einem Gastkommentar kritisiert. Sigl weiß, wovon er spricht: Der 63-jährige ehemalige Audi-Manager (1985-1993) ist Gründungsmitglied und Präsident des Bundesverbandes E-Mobilität (BEM) mit Sitz in Berlin.

„Wir werden unser Ziel von einer Mio. Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung.“ Mit diesem Satz ließ sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kürzlich in einem Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“ exklusiv zitieren.

Ganz offenbar will der Minister Etappenziele feiern, obwohl es nichts zu feiern gibt. Denn weder ist die Zahl wirklich erreicht, noch sind es klimafreundliche E-Autos allein, auf die sich der Minister und alle, die die Nachricht verbreiten, berufen. In der vom Minister gewählten Berechnung werden sie in einen Topf geworfen – die reinen E-Autos (BEV) und die inzwischen viel kritisierten Plug-in-Hybride (PHEV). Zu oft aber werden letztere als Verbrenner genutzt und verbrauchen dann auch noch mehr umweltschädlichen Treibstoff als ein normaler Diesel oder Benziner.

Doch es ist noch mehr faul an der „guten“ Nachricht. Wer glauben machen will, dass Deutschland und die deutsche Autoindustrie jetzt auf dem richtigen Weg sind im Transformationsprozess, äußert ein Gefühl, hält sich aber nicht an die Zahlen.

Nachholbedarf bei deutschen Autobauern

Bleiben wir also bei den Neuzulassungen in diesem ersten Halbjahr. Wie steht es um das Engagement der deutschen Hersteller, beim heimischen Kunden mit neuer E-Auto-Technik zu punkten? Die Top fünf der zwischen Januar und Mai neu zugelassenen, reinen E-Autos von Aachen bis nach Zittau lautet VW, Smart, Tesla, Hyundai und Renault. Bis auf VW sind die deutschen Marken nicht vertreten. Da ist kein Streben nach dem Markt und auch kein bemerkenswerter Zuwachs – nicht beim Kunden, wenn man die Zahlen genau liest.

Kurt Sigl BME
„Es gibt nichts zu feiern“
Kurt Sigl ist Präsident des Bundesverbandes Elektromobilität (BEM). Foto: BEM

So sind aus dem Hause Audi von Januar bis Mai genaue 4.674 reine BEVs zugelassen worden. Im gleichen Zeitraum zählen die Zulassungen von Audi bei PHEVs stolze 14.598 Fahrzeuge. Den Einbruch des angeblich ökologischen Erfolges liefert dann die Zulassung der Verbrenner: Die lag bei Audi im selben Zeitraum bei 67.001 Fahrzeugen – frisch in den Markt. Die Zahlen beruhen auf den Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes.

Bei BMW liegt der Dreiklang ganz ähnlich: 5.356 reine E-Autos zu 18.451 PHEVs zu 72.734 Verbrennern. Mercedes: 3.052 zu 26.444 zu 69.427. Und auch VW hat noch viel umzustellen – bei 171.718 insgesamt verkauften Fossilfahrzeugen in diesen ersten fünf Monaten. Tesla steht dagegen für 100 Prozent rein elektrisch.

Ausbauziele an Bedarf anpassen

Was soll also diese Mogelei um eine Million Elektro-Autos? Damit daran gleich das nächste Ei von einer Million Ladesäulen gekoppelt werden kann? Diese hohe Zahl braucht es im öffentlichen Bereich gar nicht. 300.000 Normalladepunkte und 100.000 Schnellladepunkte in der öffentlichen Infrastruktur sind bis 2030 und für 14 Mio. E-Fahrzeuge ausreichend. Geladen wird im Schwerpunkt zuhause und beim Arbeitgeber, und dank des Einzelhandels kommen noch weitere „halböffentliche“ Lademöglichkeiten hinzu.

Klar, Ausbau braucht es, aber nicht wieder neue Argumente für die eigene Tatenlosigkeit. Dessen sind wir sehr müde.

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