Nachdem in den vergangenen Jahren ein regelrechter Boom um Elektroautos entbrannt war, hat sich inzwischen die Nachfrage deutlich abgeflacht. Aufgrund steigender Stromkosten entscheiden sich deutlich weniger Menschen für den Kauf eines E-Fahrzeugs als noch im letzten Jahr – sinkende Subventionen, hohe Listenpreise und mangelnde Verfügbarkeit befeuern die rückläufigen Verkaufszahlen zusätzlich.

„Die hohen Strompreise berauben E-Autos ihres wichtigsten Verkaufsarguments: geringere Betriebskosten gegenüber Verbrennern“, sagt Sascha Röwekamp. Der Unternehmensberater berät zahlreiche Autohäuser und kennt die Sorgen, die sie zurzeit belasten. Im folgenden Artikel beleuchtet er die Auswirkungen von steigenden Stromkosten auf den E-Auto-Markt und verrät, wie Autohäuser darauf reagieren sollten.

Die aktuelle Situation für Autohäuser

Die wirtschaftliche Lage, der Krieg und all seine Auswirkungen führen in der Gesellschaft zu einer Veränderung des Kaufverhaltens: Es ist ein starker Rückgang wahrzunehmen. Hinzu kommen jetzt die erhöhten Strompreise und der Rückgang der Förderungen für E-Autos. All das erschwert es den Autohäusern, weiterhin erfolgreich Elektroautos zu verkaufen. Denn in der Vergangenheit haben viele Kunden die Fahrzeuge aufgrund des Preises und den wirtschaftlichen Vorteilen gekauft – etwa die günstigere Versteuerung bei Dienstwagen.

Sascha Röwekamp ist der Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung RWKMP. Zusammen mit seinem Team unterstützt und begleitet er Geschäftsführer und Inhaber von markengebundenen Autohäusern durch ihre Transformation.

„Die wenigsten Kunden kaufen E-Autos aus Überzeugung. So wurden häufig Hybridfahrzeuge, die als Dienstwagen genutzt wurden, von den Nutzern noch nicht einmal geladen, sondern die meiste Zeit einfach als Verbrenner genutzt“, führt Röwekamp aus. Für diese Fahrzeuge waren die Leasingraten das Hauptverkaufsargument. Das führt jetzt zu einem großen Problem für den Autohandel: Das bisherige Hauptargument der Elektroautos, der Preis, war bisher immer im Vordergrund.

Daher haben sich viele Autohäuser und auch Mitarbeiter noch nicht intensiv genug mit dem Thema und den Vor- und Nachteilen der E-Autos beschäftigt. Das reicht jetzt nicht mehr aus, um zu überzeugen. Denn in der aktuellen Situation liegt auch eine extrem große Chance, weiß Röwekamp. Autohäuser wie auch die Verkäufer benötigen in Zukunft neue Einnahmequellen und müssen wieder mehr über das Produkt und ihre Dienstleistung verkaufen, als über den Preis. Wie das geht, erklärt Röwekamp anhand der folgenden fünf Punkte.

1. Eine Gesamtstrategie für das Autohaus entwickeln

In Anbetracht der veränderten Marktlage ist es für Autohäuser jetzt notwendig, ihre Strategie kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Dazu sollten sie sich die gesamte Wertschöpfungskette wie auch die Customer Journey, also die Reise, die der Kunde von Beginn seines Interesses bis zum Kauf des E-Autos tätigt, genauer betrachten. Darüber hinaus gilt es, eine klare Positionierung zu wählen und auf ihrer Basis den künftigen Fahrplan auszuarbeiten.

2. Dem Personal E-Mobilität vermitteln

In vielen Autohäusern ist ein akuter Mangel an Grundwissen und Begeisterung für das Thema E-Mobilität vorhanden. Das spüren auch mögliche Interessenten. Daher rät Röwekamp dazu, technisches Know-how und Begeisterung für die Welt der elektrischen Mobilität zu vermitteln. Dazu sollte jeder im Team schon einmal am Steuer eines E-Autos gesessen und dieses auch geladen haben. So können gängige Fragen problemlos beantwortet werden und es lässt sich Freude am Thema wecken, die sich später auf die Arbeit im Autohaus überträgt.

3. Neue Marketingkonzepte formen

Trotz der hohen Relevanz des Themas E-Mobilität fehlt es dem Marketing an richtig gutem Content, den sich die Zielgruppe in den sozialen Medien ansehen kann. Autohäuser, die mit den nötigen Ressourcen ausgestattet sind, können hier Marktlücken erschließen. Auf Online-Plattformen wie YouTube bietet sich etwa die Chance, günstig hochwertige Inhalte zum E-Auto zu liefern und die häufigsten Fragen zu beantworten.

Außerdem empfiehlt Röwekamp, für einen regionalen Bezug zu sorgen, der die Besonderheit des eigenen Angebots betont, alle Bereiche der Elektromobilität erklärt und echten Mehrwert bietet. Das kann beispielsweise ein Podcast oder eine ausführliche Einweisung durch einen Experten vor Ort sein.

4. Workshops und Beratung zum Produkt anbieten

Da die E-Mobilität noch viele weitere Bereiche umfasst und in der Zielgruppe einige Fragen offen sind, bieten sich Beratungen und Workshops besonders gut an. Dabei können unter anderem folgende Fragen beantwortet werden: Wie sieht es mit der Nutzung des E-Autos im Winter, den Stromkosten für eine Ladung, der Versteuerung oder der viel diskutierten Reichweite aus?

Um die Interessen, Fragen und Vorurteile der Zielgruppe herauszufinden, sollte sich das Team des Autohauses zusammenfinden und die Inhalte des Workshops recherchieren. Auf diese Weise können viele Vorurteile abgebaut werden, denen das E-Auto aktuell ausgesetzt ist, um mehr Menschen vom Kauf überzeugen.

5. Über das Kerngeschäft hinausdenken

Vertriebsexperte Röwekamp betont, dass zunächst die bisher genannten Grundlagen in einem Autohaus sitzen müssen. Ist das der Fall, bietet das Geschäftsfeld anschließend viele interessante Anknüpfungspunkte. Autohäuser können ihre Margen beispielsweise steigern, indem sie selbst die Installation von Ladeinfrastruktur anbieten.

Insbesondere im urbanen Raum steigt zudem das Interesse für E-Roller oder E-Bikes, die mit in das Themenfeld aufgenommen werden können. Schon der Verkauf von Ladekabeln zeichnet sich durch sehr attraktive Margen aus und kann dadurch eine Option sein.

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