Foto: Maingau

An den Ladesäulen im öffentlichen Raum wird der Strombezug immer teurer – diese Park- und Ladeplätze werden im wahrsten Sinn ein teures Pflaster. Die neueste Preisrunde stößt nun Maingau Energie an. Jahrelang boten die Hessen die fairsten Stromtarife in Europa und haben dadurch ganz wesentlich zur Verbreitung der Elektromobilität in unserem Land beigetragen. Mit der Folge, dass der ehemalige Gasversorgungsverband Obertshausen bundesweit bekannt wurde, immer mehr Kunden gewann – aber offenbar finanziell unter Druck geriet. Die Reaktion erfolgt jetzt: Zum 1. September wird das Unternehmen mit dem Slogan „Einfach Strom laden“ sein Tarifmodell umstellen. Auf neue Preise und eine neue Abrechnungsmethode, bei der das individuelle Ladeverhalten berücksichtigt wird. Experten sprechen hier von „Social Scoring“.

Die Preise für Autostrom wird an den Ladesäulen, an denen Wechselstrom fließt, bei dem Ladekartenanbieter Maingau zum Monatswechsel moderat von 34,11 auf 37,04 Cent pro Kilowattstunde (kWh) steigen. Dafür wird es an Schnellladern künftig deutlich teurer: Hier steigt der Preis in einem großen Schritt von 34,11 auf 46,79 Cent/kWh. Noch teurer wird an den Schnellladesäulen von Ionity am Rande der Autobahn, wo der Strom mit Ladeleistungen von bis zu 350 Kilowatt abgegeben wird. Statt pauschal 34 Cent zahlen dort Maingau-Kunden in Zukunft 73,11 Cent/kWh. Steigt die Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel wieder auf 19 Prozent, werden es runde 75 Cent sein. Das sind nur ein paar Cent weniger als wenn man direkt über Ionity lädt. 

Teilweise trifft es aber Maingau-Kunden noch heftiger, wie die Kollegen von nextmove herausfanden. Denn Maingau führt auch eine Art von Social Scoring ein: Das Unternehmen schaut sich genau an, wo der Vertragskunde im Laufe eines Monats sein Elektroauto lädt. Fährt er häufig Ladestationen an, an denen der Stromversorger draufzahlt, findet er auf der Monatsabrechnung Preise von bis zu 96,51 Cent für die Kilowattstunde Wechselstrom wieder. Maingau begründet die Maßnahme damit, dass ein „sehr kleiner Teil unserer Kunden“ durch ihr Ladeverhalten einen „unverhältnismäßig hohen Anteil an den Gesamtkosten“ verursacht. Wie viele Kunden es sind und wodurch sie die hohen Kosten verursacht, verrät das Unternehmen allerdings nicht.  

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Mit der Preistransparenz ist es an den Ladesäulen seit jeher nicht zum Besten bestellt. Aber mit dem Social Scoring setzt Maingau dem Ganzen jetzt die Krone auf. Entsprechend hoch gehen in den Sozialen Medien derzeit die Wellen. Erste Kunden haben inzwischen auch bereits ihren Vertrag mit Maingau gekündigt, erfuhr EDISON. „Ich bin seit 3 Jahren treuer Maingau-Kunde, was da jetzt passiert, geht gar nicht“, schrieb uns ein Mitglied unserer Community.

Hohe Nebenkosten lasten auf dem Strompreis

Und Preise von fast einem Euro für eine Kilowattstunde Autostrom sind nicht zu rechtfertigen – finden Elektromobilisten. Selbst dann nicht, wenn man sämtliche Kosten in den Strompreis hineinrechnet. Die Netzentgelte, die EEG-Umlage und die Konzessionsabgabe, die Offshore-Haftungsumlage und was es sonst noch an Kostenpunkten gibt. An der Strombörse wird die Kilowattstunde Wind- und Sonnenstrom gerade zu Preisen zwischen 2 und 4 Cent gehandelt. Inklusive aller Steuern und abgaben landet man dann bei etwa 20 Cent für die Kilowattstunde Wechselstrom, bei Gleichstrom bei etwa 32 Cent. Hinzu kommen dann natürlich noch die Kosten für die Ladesäule, deren Installation, Wartung und Betrieb. Etwa zehn Cent pro Kilowattstunde sind hierfür bei einer Abschreibung über zehn Jahre anzusetzen, hat unser Kollege Robin Schmid ermittelt. Unterm Strich müsste die Kilowattstunde AC demnach zwischen 31 und 33 Cent kosten, die Kilowattstunde DC zwischen 49 und 58 Cent – je nachdem, ob die Ladesäule eine steuerliche Förderung erfuhr oder nicht. Obendrauf käme dann noch Personalkosten von etwa 10 Cent. 

Die komplette Weitergabe der Kosten an die Kunden hat sich bislang noch kein Charge Point Operator – Ladepunktbetreiber – getraut. Wohl wissend, dass dies die Nachfrage nach Elektroautos abwürgen könnte. Doch nun scheint die Front zu bröckeln, treten strategische Überlegungen hinter taktischen Maßnahmen zurück.

„Müssen auf Kostensituation reagieren“

Maingau will den „Schwarzen Peter“ allerdings nicht auf der eigenen Hand behalten – und gibt ihn in einem Statement der Pressestelle an die Betreiber der Ladesäulen (CPO, Charge Point Operator) weiter: „In den letzten Monaten ist der eine oder andere CPO-Preis öffentlich geworden. Es handelt sich dabei nicht um Einzelfälle. Als Ladekartenanbieter werden wir von den Ladesäulenbetreibern abgerechnet und müssen daher auf die allgemeine Kostensituation im Markt reagieren.“

Soll wohl heißen: Die Roaming-Gebühren, die einige Ladesäulen-Betreiber fordern, lassen Maingau keine Luft zum Wirtschaften. EnBW hatte deshalb bereits im Frühjahr den Roaming-Vertrag mit Ionity gekündigt. Maingau hingegen entschied sich, die Kooperation fortzusetzen – und gibt die Mehrkosten nun an seine Kunden weiter.

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