Eine Wechselstrom-Ladesäule an jeder Straßenecke? Das war mal eine nette Idee von Kommunalpolitikern und Stadtwerken. Doch besonders praxistauglich war sie nicht. Zu groß waren aufgrund der hohen Zahl der Installationen die Investitionen, zu groß war der Platzbedarf, zu gering der Nutzen, zu gering der Ertrag für den Betreiber. Denn ein Ladevorgang zieht sich hier meist über Stunden hin – und anschließend ist die Ladesäule oft auch noch die ganze Nacht hindurch durch ein Elektroauto blockiert. So wird daraus kein Geschäftsmodell.
Der Energieversorger und Ladepunktbetreiber EnBW hat deshalb längst einen Strategieschwenk vollzogen – weg von den so genannten „Schnarchladern“ am Straßenrand hin zu Schnellladepunkten in der Stadt. Nicht im Wohngebiet, sondern dort, wo sich die Menschen (samt ihren Elektroautos) regelmäßig und in größeren Mengen einfinden. Wie zum Beispiel zum Einkaufen im Supermarkt.
Shoppen und zeitgleich laden
Zwischen 20 und 30 Minuten, haben schlaue Menschen bei der REWE Group ausgerechnet, braucht es, um dort die Wocheneinkäufe zu tätigen. In der Zeit kann aber nicht nur der Einkaufswagen, sondern zeitgleich auch der Akku der meisten Elektroautos wenigstens zu 80 Prozent gefüllt werden – wenn denn eine mit Gleichstrom betriebene Ladesäule vor dem Markt steht. EnBW und die REWE Group haben sich deshalb zusammengetan, um wenigstens 400 der insgesamt 6000 Lebensmittelmärkte von Rewe und der Schwestermarke Penny in den kommenden Jahren mit vier bis sechs HighPower-Chargern auszustatten, die den Ladestrom mit 150 bis 300 kW Leistung abgeben. Für viele Ladevorgänge im Laufe des Tages.
Die erste Schnellladestation der Art wurde jetzt in Meerbusch nahe Düsseldorf eröffnet. Die 60.000 Einwohner zählende Stadt am linken Niederrhein weist die höchste Millionärsdichte in Nordrhein-Westfalen auf – entsprechend hoch ist hier die Zahl der Elektrofahrzeuge. Die Investition in eine Schnellladestation könnte sich hier also schnell lohnen, für Achim Blumentritt, den neuen Betreiber des Rewe-Supermarkts im Stadtteil Büderich, aber auch für die EnBW. Für den einen in Gestalt zusätzlicher Kunden, für die anderen in klingender Münze.
„Wir schaffen damit einen echten Mehrwert für unsere Kunden“, sagte Telerik Schischmanow, der Finanzchef der Rewe Group (im Foto oben links), der den Deal mit der EnBW eingefädelt hatte. Timo Sillober, der Verantwortliche für die E-Mobilität beim Energieversorger (im Foto rechts), rechnete anschließend vor, um wie viel effizienter ein HPC-Ladepark sei: „Eine Anlage wie hier ersetzt etwa 80 AC-Ladesäulen.“
„Zentraler Ausbaupfad“
Statt mit bundesweit einer Millionen Ladepunkten (wie von der Bundesregierung geplant) könnte man also mit deutlich weniger Standorten auskommen, um Elektroautos flächendeckend und zeitsparend mit Fahrstrom zu versorgen. Auch der private Ladeplatz werde auf diese Weise beinahe überflüssig: „Der Energiebedarf eines Elektroautos für eine ganze Woche kann hier während eines kurzen Aufenthalts gedeckt werden.“ Und ohne dass der Fahrer erst lange einen freien Ladeplatz suchen müsse. Für die EnBW seien Ladestationen auf den Parkplätzen des Einzelhandels deshalb ein „zentraler Ausbaupfad“.
In Büderich stehen derzeit zwei Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten. Eine Erweiterung wird jedoch nicht ausgeschlossen – wenn der Bedarf wächst. In Meerbusch sind die Vorkehrungen dafür bereits getroffen.