Rutesheim? Ein Fleck im Landkreis Böblingen, in der Nähe von Weissach. Genau: Da wo Porsche seine Sportwagen entwickelt. Hier gibt es angeblich die höchste Dichte an Elektroautos deutschlandweit. Und seit Kurzem auch eine hochmoderne Stromtankstelle – mit Solardach und acht Ladeplätzen, an denen Elektroautos mit Ladeleistungen von bis zu 300 Kilowatt mit Strom
versorgt werden. Es ist eiskalt an diesem Morgen, als wir uns auf dem Gelände des Flagship-Ladeparks von EnBW mit Timo Sillober treffen. Er kommt mit seinem Elektroauto aus München angebraust. Nach 260 Kilometern in forscher Fahrt ist der Akku seines Tesla ziemlich leer. Also wird der Wagen erst einmal verkabelt.

Herr Sillober, seit wann stromern Sie schon?

Seit ich bei der EnBW bin, also schon seit fünf Jahren.

Und womit?

Mit allen möglichen Fahrzeugen. Wir haben einen sehr großen Fuhrpark, da konnte ich in den vergangenen Jahren so einiges durchprobieren. Der Opel Ampera-e war darin das erste vollelektrische Fahrzeug. Später kamen der e-Golf von Volkswagen, der Mercedes EQC und das Model S von Tesla dazu. Inzwischen bin ich bei einem Tesla Model 3 Long Range gelandet.

Timo Sillober
Der 48-jährige Österreicher ist seit 2016 für EnBW tätig. Seine Karriere startete der Diplom-Kaufmann bei Siemens in
München.

Sie haben also erst einmal alles durchprobiert. Mehr aus persönlicher Neugierde oder eher aus dienstlicher Verpflichtung?

Erst einmal aus der Überzeugung heraus, dass mehr für den Klimaschutz getan werden muss. Als Vater von vier Kindern im Alter zwischen drei und neun Jahren ist man da in einer besonderen Verantwortung.  

Persönliches und berufliches Interesse fügen sich bei Ihnen also sehr schön zusammen.

In der Kombination macht es einfach Spaß. Zumal ich so konkrete Beiträge leisten kann zum Klimaschutz und zur Mobilitätswende – mit Schnellladestationen für Elektroautos wie diese hier.

Das Thema Elektromobilität beschäftigt Sie heute intensiv. Wenn man sich Ihren Lebenslauf ansieht, war das nicht unbedingt vorgezeichnet: Sie sind Diplom-Kaufmann, waren zunächst für Siemens und Vodafone tätig, bevor Sie zur EnBW wechselten. Zufällig oder gibt es da eine versteckte Logik?

In allen drei Unternehmen habe ich interessante Übergänge erlebt. Bei Siemens den Übergang zu IT-Technologien bei Vermittlungsanlagen, bei Vodafone den Wechsel vom Telefon zum Smartphone und den Niedergang von Nokia. Und bei EnBW erlebe ich jetzt gleich mehrere Transformationsprozesse, einerseits von fossilen hin zu Erneuerbaren Energien. Und dann die Entwicklung der Elektromobilität. Nicht aus Sicht der Fahrzeughersteller, sondern aus der Sicht der Kunden. Das ist ein ungeheuer spannender Prozess, der große Chancen für unser Unternehmen bietet.

Eine spannende Frage wird sein, mit welcher Dynamik die Transformation zu einer elektromobilen Gesellschaft vonstattengeht. Trotz massiver finanzieller Förderung gibt es immer noch große Vorbehalten in weiten Teilen der Bevölkerung gegen die Antriebstechnik.

Ja, aber derzeit passieren viele Dinge, die den Wandel befördern werden. Die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit haben einen deutlich höheren Stellenwert erhalten. Das zeigt sich bei uns beispielsweise am deutlich gestiegenen Interesse an nachhaltigen Stromtarifen mit Grünstrom. Außerdem kristallisiert sich in der Technologiedebatte immer stärker heraus, dass der Batterieantrieb zumindest in den nächsten 20 Jahren die vorherrschende Lösung sein wird. Was danach kommt – Wasserstoff oder eine andere Technologie – ist noch offen. Das alles wird die Elektromobilität sicher befördern und das Umdenken in der Bevölkerung beschleunigen, unabhängig von Steuererleichterungen und Umweltboni.

Sie selbst sind über die Schwelle schon hinaus, in der neuen Welt der Elektromobilität angekommen. Wie viele Kilometer legen Sie so im Jahr mit dem Auto zurück?

Der Tesla ist jetzt etwa ein Jahr alt und hat mittlerweile 40.000 Kilometer auf dem Tacho.

40.000 Kilometer nach einem Jahr? Da sind Sie ein echter Power User.

Ich komme in der Tat viel und weit damit herum. In Corona-Zeiten noch mehr als früher, da viele innerdeutsche Flüge weggefallen sind.   

Wo laden Sie den Wagen auf den langen Strecken? An den Superchargern von Tesla oder an den Schnellladestationen von EnBW?

Ich nutze natürlich unsere eigenen Ladesäulen. Entlang der deutschen Autobahnen ist unser Netz schon gut ausgebaut – Schnell-Ladestationen der EnBW finden sich inzwischen an jeder dritten Raststätte.

Timo Silllober im Tesla
Fließt der Strom auch?
Timo Sillober prüft den Ladestand in seinem Tesla Model 3. Foto: Lena Giovanazzi

Mit welchen Ladeleistungen arbeiten Sie da?

Anfangs boten wir 50 kW. Das war damals ausreichend, ist heute aber zu wenig. Inzwischen haben wir die alle Ladepunkte auf Leistungen von 150 bis 300 kW aufgerüstet. Und wir haben bei der Gelegenheit noch die eine oder andere Ladesäule dazu gestellt. Damit haben wir schon eine ganz nette Abdeckung. Mit einem Elektroauto mit entsprechender Ladeleistung schafft man es da locker und mit zwei kurzen Ladepausen in einem Tag von München nach Leipzig und zurück.  

Um die Tesla-Charger machen Sie auf solchen Touren einen Bogen?

Gelegentlich halte ich auch da mal, um mir ein Bild von der Konkurrenzsituation zu machen. Aber ich brauche die nicht, zumal wir in Deutschland inzwischen mehr High-Power-Charger, also Stationen mit Ladeleistungen von über 150 kW, als Tesla haben.

An Ladestationen entwickeln sich oft Gespräche zwischen Elektromobilisten und solchen, die es werden wollen…

…Oh ja. Ich habe deshalb immer ein paar Lade-Gutscheine dabei.

Zur Kundengewinnung?

Ja. So traf ich kürzlich einen BMW-Fahrer, der mit seiner Karte nicht zurechtkam. Ich habe ihm dann die Ladung geschenkt – und Tage später per Mail erfahren, dass er Kunde bei uns geworden ist.

Der hatte allerdings auch schon ein Elektroauto. Wie machen Sie Skeptikern die Antriebstechnik schmackhaft? Freistrom-Karten allein werden die nicht alle begeistern.

Sicher nicht. Aber ich rate dann immer, das Elektroauto und das Laden der Batterie einfach einmal auszuprobieren. Sie werden dann einerseits feststellen, wie einfach das Laden eines Elektroautos ist und wie schnell der Vorgang beendet ist. Und sie werden sicher das leise Dahingleiten in einem Elektroauto schnell schätzen.

Das reicht?

Wichtig wäre auch, die Diskussion in Deutschland zu versachlichen. Hierzulande werden gerne Ängste vor dem Elektroauto geschürt. Beispielsweise, indem man auch aus der Autoindustrie Forderungen nach Millionen von Ladepunkten erhebt. Ich halte das nicht für besonders clever, zumal dabei nicht zwischen AC- und DC-Ladepunkten unterschieden wird. 

Im nächsten Teil erzählt der EnBW-Manager, wie das Ladenetz weiter ausgebaut werden soll – und wo.

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1 Kommentar

  1. Raimund

    EnBW macht das schon gut. Schick wäre, wenn die Ladesaulen im Navi des Autos integriert wären und damit in der Planung berücksichtigt würden.

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