Derzeit werden hierzulande in großem Umfang neue Elektroautos in den Verkehr gebracht. Engpässe bei der Ladeinfrastruktur, Staus vor den Ladepunkten erwarten Sie trotzdem nicht?
Nein. Wir favorisieren gerade das Schnellladen von Elektroautos und bauen die Zahl der Schnelllader nicht nur entlang der Autobahnen aus. Denn mit dem Hochgeschwindigkeits-Laden lässt sich das Problem der wachsenden Elektroauto-Flotte relativ einfach lösen.
Nämlich?
Ich muss das Laden dort anbieten, wo der Kunde es braucht und wo er sich typischerweise bewegt.
Ich würde sagen: In der Umgebung des Wohnortes oder Arbeitsplatzes – und auf Fernfahrten an der Autobahnen.
Richtig. Aber wenn der Kunde sich von der Autobahn fortbewegt, ist er meist in der Umgebung von Einkaufszentren, in Shopping Malls, in Supermärkten, in Baumärkten. Da kommen aus unserer Sicht verschiedene Dinge zusammen: Es gibt da viele Kunden, es gibt viel Platz und meistens auch ein Anschluss an ein Mittelspannungs-Netz. Das erlaubt es uns dort eine Hochgeschwindigkeits-Ladeinfrastruktur aufzubauen, mit der der Akku des Elektroautos problemlos in einer halben Stunde gefüllt werden kann. Und wir kriegen auf diese Weise viel Traffic am Ladeplatz, was diesen schneller wirtschaftlich macht.
Den Bau Tausender und Abertausender AC-Ladepunkte in den Städten kann man, sollte man sich also sparen?
Dieses Konzept ist überholt, denn es kann nicht funktionieren. Die AC-Säulen werden beinahe ausschließlich in den Abend- und Nachtstunden genutzt: Elektroautos werden hier nach 19 Uhr ans Netz gehängt – und die Leitung wird erst wieder am nächsten Morgen gelöst. Denn niemand kann erwarten, dass der Besitzer mitten in der Nacht im Schlafanzug die Säule wieder räumt. Insofern wird die Kapazität einer AC-Ladesäule in einem städtischen Wohngebiet immer nur zu einem kleinen Teil genutzt. Und man kann auch nicht für jedes Elektroauto in dem Wohngebiet eine Ladesäule aufbauen. Die Rechnung geht nie auf.
Den quantitativen Aspekt hätten wir damit geklärt. Wünschen würde ich mir einen einfacheren Zugang zu den Ladesäulen – die Suche nach der Ladekarte nervt ebenso wie das Hantieren mit Lade-Apps auf dem Smartphone bei Dunkelheit und in Funklöchern.
Mich auch.
Was lässt sich da verbessern? Tesla-Fahrzeuge werden am Supercharger automatisch erkannt. Wann wird das auch an den Ladeplätzen von EnBW möglich sein?
Plug&Charge ist in der Tat ein großer Vorteil bei der Tesla-Lösung. Um das auf unser System übertragen zu können, müssten sämtliche Fahrzeuge zertifiziert werden. Schon deshalb wird das noch eine Weile dauern.
Ist das in Ihrem Sinne? Die Kundendaten werden dann im Fahrzeug hinterlegt und aus Bequemlichkeitsgründen könnten sich viele Ihrer heutigen Kunden an Ladelösungen der Autohersteller vertraglich binden.
Plug&Charge ist durchaus auch in unserem Sinne. Denn der Vertrag kann ja auch mit der EnBW geschlossen werden. Es muss natürlich gewährleistet sein, dass im Auto verschiedene Verträge hinterlegt werden können – beispielsweise auch für verschiedene Fahrer innerhalb einer Familie oder eines Unternehmens. Das Auto darf nicht etwa mit einem vorkonfigurierten Vertrag ausgeliefert werden. Wir brauchen auch da einen fairen Wettbewerb mit Wahlfreiheit für die Kunden.
Die Autohersteller, so ist mein Eindruck, arbeiten aber an Lösung, wo Auto und Stromlieferung ein Paket bilden. Beispielsweise Volkswagen mit dem Konstrukt WeCharge.
Konkurrenz tut dem Geschäft immer gut. Aber Sie fahren ja heute auch nicht mit einer Tankkarte etwa von Shell oder Aral aus dem Autohaus.
Viele Elektromobilisten ziehen beim Laden ihres Autos an öffentlichen Stationen nach meinem Eindruck immer noch Ad-hoc-Lösungen einer vertraglichen Bindung vor. Wird sich das ändern?
Ich glaube schon. Aus zwei Gründen: Sie wollen eine möglichst flächendeckende Lösung haben, an 98 Prozent aller öffentlichen Ladeplätze zu einem Preis und mit der gleichen Experience laden können. Und sie brauchen ja auch einen Partner im Ausland. Ich vergleiche das immer mit dem Handymarkt. Sie können sich dort für eine Prepaid-Lösung entscheiden. Sie sind dann aber nicht sicher, ob sie damit überall eine gute und stabile Verbindung bekommen. Viele entscheiden sich da lieber für einen festen Partner, auf den sie sich verlassen können.
Ob sich das Ganze rechnet und wie es mit Ionity weitergeht, erzählt Timo Sillober im dritten und letzten Teil des Interviews.
EnBW macht das schon gut. Schick wäre, wenn die Ladesaulen im Navi des Autos integriert wären und damit in der Planung berücksichtigt würden.