Im stürmischen Süden Chiles, unweit von Kap Hoorn und den Feuerlandinseln, ist am Freitag (10. September) der erste Spatenstich zum Bau der weltweit ersten Großanlage zur kommerziellen Produktion von klimaneutralem Benzin getan worden. Ab kommendem Jahr sollen hier mithilfe von Wasser und Wind sogenannte E-Fuels produziert werden – während der Pilotphase in einer Größenordnung von 750.000 Litern.
Gebaut wird die Anlage von Siemens Energy, genutzt werden soll der Öko-Sprit später von dem Sportwagenhersteller Porsche – im Motorsport, in den Porsche Experience Centern und – sobald in Chile größere Mengen produziert werden – auch Bestandsfahrzeuge von Porsche. Angepeilt wird eine Jahresproduktion im Endausbau der Anlage von rund 550 Millionen Litern im Jahr. Das wäre in etwa ein Viertel des aktuellen Benzinverbrauchs auf deutschen Straßen – im Monat.
„Starker Wind“ hilft bei Wasserstoff-Produktion
Hari Onu heißt in der Sprache der Ureinwohner Feuerlands so viel wie „starker Wind“. Den gibt es in der Provinz Magallanes heute immer noch, was die Wahl des Standortes maßgeblich bestimmte – neben der Unterstützung durch die chilenische Ladesregierung und die Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium. Denn E-Fuels sind nur dann klimaneutral und auch kostenseitig vertretbar, wenn sie mithilfe regenerativer Energien erzeugt werden.
Im konkreten Fall wird der mit einem Windrad erzeugte Strom dazu genutzt, um durch die Elektrolyse von Wasser Wasserstoff und Sauerstoff zu produzieren. In einem zweiten Prozess-Schritt wird CO2 aus der Luft gefiltert, um mit dem grünen Wasserstoff zu synthetischem Methanol kombiniert zu werden. Durch eine von ExxonMobil entwickelte MTG-Technologie (MTG = Methanol-to-Gasoline) wird dann in einem dritten Schritt das Methanol in Benzin verwandelt, das problemlos und nahezu abgasfrei in herkömmtlichen Ottomotoren verbrannt werden kann.
130.000 Liter E-Fuel – zu drei Euro pro Liter
Soweit die Theorie. Während der Pilotphase, die nach Beendigung der Bauarbeiten in der zweiten Jahreshälfte 2022 starten soll, müssen die verschiedenen Teile und Technologien erst einmal zeigen, was sie leisten können – und wie gut sie ineinander greifen. Im ersten Jahr sollen zunächst nur 130.000 Liter E-Fuel produziert werden. Der dann entweder gleich vor Ort in Autos abgefüllt wird oder über den Hafen von Punta Arenas in Containern und per Schiff nach Europa exportiert wird. Erst mit der Vergrößerung des Windparks und dem Ausbau der „Raffinerie“ werden die produzierten Mengen so steigen, dass sie auch erschwinglich werden. Porsche peilt einen Preis von unter drei Euro pro Liter an – vor Steuern und Abgaben. Heute wäre ein Preis von etwa 4,50 Euro pro Liter fällig.
Aber vorerst geht es eher um strategische Überlegungen und politische Planungen. Chile will zu einem der größten Exprteure von grünem Wasserstoff zu werden, die Bundesregierung einen weiteren Hebel zu erhalten, um die Klimaziele zu erreichen – und am Aufbau einer weltumfassenden Wasserstoffwirtschaft teilzuhaben. Und Porsche? Elektromobilität hat für das Unternehmen zwar höchste Priorität. Doch e-Fuels sind für das Unternehmen auch im Straßenverkehr eine sinnvolle Ergänzung. „Sie sind“, gab Porsche-Technikvorstand Michael Steiner bei dem virtuellen ersten Spatenstich zu Protokoll, „ein zusätzlicher Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung. E-Fuels sind in Verbrennern und Plug-In-Hybriden einsetzbar und nutzen das vorhandene Tankstellennetz.“ Der Altbestand an Porsche-Fahrzeugen kann also weiterhin sichergestellt werden.