Auf dem Gelände der portugiesischen Universität von Évora schlägt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Industriepartnern gerade ein neues Kapitel in der Nutzung der Solarenergie und damit der Nutzung Erneuerbarer Energien auf. Dort entstand die weltweit erste Parabolrinnen-Anlage, die nicht wie sonst üblich mit Thermoöl oder Wasser arbeitet, sondern geschmolzenes Salz als Wärmeträger nutzt.
Zur Erinnerung: Ein Parabolrinnenkraftwerk besteht es aus zahlreichen, halbrund gebogenen Spiegeln. Diese konzentrieren das Sonnenlicht auf ein Rohr, indem sich Thermoöl befindet. Das Öl erhitzt sich und gibt die aufgenommene Energie an einen wasserführenden Kreislauf weiter. Während das passiert, verdampft das Wasser. Der heiße Dampf strömt anschließend über eine Turbine, die dabei Strom erzeugt.
In dem neuen Solarkraftwerk in Portugal wird das Salz in den langen Rohren, die in der exakten Brennlinie der Spiegel verlaufen, auf eine Temperatur von bis zu 565 Grad Celsius erhitzt. Bei den bisher verwendeten Thermoölen kommt man allenfalls auf Temperaturen von 400 Grad. Die höhere Temperatur der Salzschmelze verbessert den Wirkungsgrad der Anlage.
Heißes geschmolzenes Salz als Speicher
Und letztlich senkt es natürlich die Kosten der Stromerzeugung. Dies geschieht, indem das heiße Salz später genutzt wird, um in einem Wärmetauscher Wasser in Dampf zu verwandeln. Dessen Eigenschaften – Druck und Temperatur – ähneln denen in fossilen Kraftwerken. Deshalb sind hier keine Spezial-Turbogeneratoren nötig. Es genügen einfache Standardmaschinen, die weitaus billiger sind.
Ein Teil der tagsüber produzierten Wärme wird bei dem neuen Verfahren in Form von heißem geschmolzenem Salz für den Nachtbetrieb gespeichert. In solarthermischen Kraftwerken mit Parabolrinnen, in denen Thermoöl genutzt wird, lässt sich ebenfalls Energie für den Nachtbetrieb speichern. Dazu fließt es in mäandernden Rohren durch eine Salzschmelze und gibt dabei seine Wärmeenergie ab. Bei der nächtlichen Nutzung geht es anders herum. Die mäandernden Rohre lassen sich beim Evora-Projekt einsparen, das flüssige Salz wird hier direkt gespeichert.
Vom Thermoöl zum Salz
Damit die Salzschmelze über Nacht nicht erstarrt, müssen allerdings alle Rohleitungen mit einer elektrischen Widerstandsheizung ausgestattet sein. Das senkt den Wirkungsgrad des Solarkraftwerks zwar, aber längst nicht so stark, dass sich der Wechsel vom Thermoöl zum Salz nicht mehr lohnt.
Die Solarthermie-Anlage der DLR in Evora besteht aus vier Kollektormodulen, die das Kölner Unternehmen TSK Flagsol Engineering entwickelt hat und unter dem Namen HelioTrough vertreibt. Um die Tanks zur Lagerung der heißen Salze musste sich das DLR nicht kümmern – die waren schon da.
Heiße Salzschmelze in Solaranlagen
Forscher am Lehrstuhl für Erneuerbare Energien der Universität nutzen die Evora Molten Salt Platform (EMSP) gemeinsam mit dem DLR, um heiße Salzschmelzen in Solaranlagen nutzbar zu machen. Beteiligt ist zudem noch Rioglas, der spanische Spezialist für Komponenten, die in solaren Wärmekraftwerken benötigt werden, sowie der Energieversorger RWE.
Rioglas hat bereits weltweit Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 4700 Megawatt ausgerüstet. Derzeit rüstet das Unternehmen Noor Energy I in Dubai aus, das nach seiner Fertigstellung weltgrößte Solarturm-Kraftwerk. Solarturm-Kraftwerke bestehen aus einer Vielzahl drehbarer Spiegel, die um einen Turm herum angeordnet sind. Die zweiachsig gekrümmten Spiegel – Heliostate genannt – werden per Computer der Sonne nachgeführt und richten die Sonnenstrahlung auf die zentrale Turmspitze. Dort befindet sich im Brennpunkt der Receiver mit einem Absorber, der sich dabei auf über 1.000°C erhitzt. Das den Absorber durchströmende Wärmeträgermedium (Luft oder flüssiges Salz) transportiert die Wärme zu einer zentralen Gas- oder Dampfturbine, die den Dampf in Strom umwandelt.
Weltgrößtes Solarturmkraftwerk in Dubai
Die rund drei Milliarden Dollar teure Anlage Noor Energy I in Dubai besteht aus einem Solarturmkraftwerk mit einer Leistung von aktuell 100 Megawatt, drei Parabolrinnen-Modulen mit jeweils 200 Megawatt sowie einer Fotovoltaik-Anlage mit 250 Megawatt. Die Anlage steht nach vierjähriger Bauzeit kurz vor der Fertigstellung. Mit ihrer Hilfe will Dubai künftig etwa 25 Prozent seines Strombedarfs decken und jährlich 2,4 Millionen Tonnen CO2 in der Energieerzeugung einsparen. Und das nicht nur tagsüber: In acht Tanks wird Wärmeenergie in Form von flüssigem Nitratsalz gespeichert, damit die Anlage auch nach Sonnenuntergang noch Strom liefern kann.
In Solarturmkraftwerken werden mit 800 Grad Celsius oder mehr noch deutlich höhere Temperaturen erzielt als in der Evora-Anlage. Der Turm des Kraftwerks in Dubai ist 262,44 Meter hoch. An seiner Spitze befindet sich der so genannte Receiver, auf den in weitem Umkreis aufgestellte Spiegel die Infrarotstrahlen der Sonne konzentrieren. Keramikkörper nehmen die Wärme auf und im Normalfall transportiert Luft sie zu einem Wärmetauscher, in dem Dampf für die Verstromung erzeugt wird.
In Dubai wird im Receiver Salz erhitzt, das direkt in die Speicher fließt, um nachts zur Stromerzeugung genutzt werden zu können. Die hohen Temperaturen können aber auch verwendet werden, um chemische Reaktionen in Gang zu setzen – etwa die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff.
Deutschland und Spanien als Piloniere
Deutschland und Spanien gehörten lange zu den Pionieren der Solarturmkraftwerke. Jahrelang wurde diese Technik parallel zu Parabolrinnenanlagen im spanisch-deutschen Solarforschungszentrum Plataforma Solar de Almeria weiterentwickelt. Heute befindet sich das deutsche Zentrum für Solarturmkraftwerke in Jülich bei Aachen. Hier betreibt das DLR gleich zwei Anlagen, in denen vor allem chemische Techniken und Werkstoffentwicklungen erforscht werden.