Komfortabler geht’s nicht: Fährt man sein Elektroauto korrekt auf das Parkfeld, beginnt der Ladevorgang automatisch. Eine Bodenplatte auf dem Parkplatz überträgt die Energie über ein Magnetfeld an eine Empfängerplatte auf der Unterseite des Fahrzeugs und von dort in die Batterie. Die Technologie für induktives Laden von Elektroautos ist bereits vorhanden und wird etwa vom US-amerikanischen Unternehmen WiTricity, mit Ableger in der Schweiz, entwickelt. Was fehlt, sind die regulatorischen Rahmenbedingungen – und praktische Erfahrungswerte über Vor- und Nachteile des induktiven Ladens gegenüber dem kabelgebundenen, konduktiven Laden.
Genau da setzt das Projekt INLADE an: „Wir wollen herausfinden, wie sich das induktive Laden im Alltag bewährt und welche regulatorischen Änderungen nötig sind, damit sich das Konzept durchsetzen kann“, erklärt Mathias Huber von der Abteilung „Chemische Energieträger und Fahrzeugsysteme“ der Empa, der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt.
Während die Bewilligungen für die Ladestationen noch ausstehen, hat bereits das erste umgerüstete Fahrzeug mit einer Ladeplatte die Straßenzulassung erhalten. Dazu waren umfangreiche Messungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) und Tests zur elektrischen Sicherheit notwendig. „Es ging darum, dass das Magnetfeld beim induktiven Laden keine negativen Auswirkungen auf andere Geräte im und außerhalb des Fahrzeugs und natürlich auch nicht auf den Menschen hat“, erklärt Huber. Gemeinsam mit Vertretern des Projektpartners Eniwa AG, die das erste Fahrzeug vom Typ VW ID.5 betreiben, hat er die Tests im Labor des EMC Testcenters in Regensdorf begleitet.
Vergleichbarer Wirkungsgrad
Schon bald soll auch die Empa ein eigenes Prototypen-Fahrzeug und eine entsprechende Ladestation in Betrieb nehmen. Ziel ist es, Aussagen über die Energieeffizienz und die Zuverlässigkeit des neuen Systems machen zu können. „Wir untersuchen die Effizienz beider Ladesysteme bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen wie Regen oder Schnee“, so Huber. Gemäß Herstellerangaben sollten die Wirkungsgrade beim induktiven Laden bei rund 91 Prozent liegen. Huber: „Diese Werte sind vergleichbar mit dem kabelgebundenen Laden.“
Während sich die Empa um die technische Analyse kümmert, gehen Forscher der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Fragestellungen zu den Erfahrungen von Nutzern der Fahrzeuge nach. Darüber hinaus werden im Projekt mögliche Anwendungsfälle wie das E-Carsharing, Elektrobusse, Taxis oder autonome Fahrzeuge evaluiert. Geleitet wird INLADE vom Energieversorgungsunternehmen Eniwa AG aus Buchs. Weitere Partner sind die Stadtwerke-Allianz Swisspower, die Energie Thun AG sowie die BRUGG eConnect AG.
Bidirektionales Laden vereinfachen
Gerade die Energieversorger sehen neben einer Komfortsteigerung für E-Auto-Besitzer ein großes Potenzial für das sogenannte bidirektionale Laden. Dabei wird die Autobatterie als Speicher genutzt, der einen Teil der Energie zurück ins Netz speist, wenn diese nicht zum Fahren benötigt wird. Für die Regelung des Stromnetzes könnten Fahrzeugbatterien so künftig eine große Rolle spielen – allerdings nur dann, wenn sie auch ans Netz angebunden sind.
„Bei praktisch vollen Batterien werden Fahrzeuge in der Regel nicht an die Ladestation angeschlossen, dabei wären sie gerade in diesem Zustand dafür prädestiniert, einen Teil ihrer Energie temporär für das Stromnetz zur Verfügung zu stellen“, erklärt Samuel Pfaffen, Leiter Unternehmensentwicklung bei Eniwa. Beim induktiven Laden entfalle das manuelle Anschließen der Fahrzeuge über ein Kabel, womit der Zugang zu den Batteriespeichern der Fahrzeuge deutlich vereinfacht werde.
Das Projekt INLADE ist Ende November 2023 gestartet und läuft zwei Jahre. Es wird unterstützt durch das Bundesamt für Energie (BFE) sowie die Kantone Zürich und Aargau.
Autor: Stephan Kälin