Solarstrom in Kombination mit Speichern drängt die Kernkraft weltweit zurück. Dies hob der Politikberater Mycle Schneider bei der Vorstellung des „World Nuclear Industry Status Report 2024“ bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hervor. Gemeinsam mit der Windenergie verhindere die Solarenergie bereits heute den kostspieligen Neubau von Kernkraftwerken und unterminiere zunehmend den Betrieb bestehender Reaktoren, konstatierte der Hauptautor der Studie in seinem Vortrag in Berlin.

Die absolute Atomstromproduktion nahm zwar weltweit nach Fukushima zunächst wieder zu, mündete in den vergangenen vier Jahren jedoch in ein Auf und Ab. China beeinflusste mit 51 neuen Kernkraftwerken seit 2005 den globalen Trend maßgeblich. Denn außerhalb Chinas standen im gleichen Zeitraum 53 neu ans Netz gegangenen Reaktoren 101 Schließungen gegenüber. Bei den 27 EU-Staaten zeige sich mit vier Inbetriebnahmen und 35 Schließungen die Abkehr von der Atomkraft noch deutlicher. 101 Reaktoren waren hier 2024 noch am Netz. Ihre Nettobetriebskapazität belief sich auf 98.000 Megawatt – rund ein Viertel weniger als beim Höchststand im Jahr 2002.

Abwärtstrend der Kernkraft unaufhaltbar

Im Gegensatz zum kürzlich veröffentlichten Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA), die die Kernkraft im Aufwind sieht, ist für Schneider und seine Co-Autoren der fortschreitende Bedeutungsverlust dieser Energiequelle in der weltweiten Stromversorgung „unumkehrbar“. Die 2024er-Ausgabe des Reports, den die Friedrich-Ebert-Stiftung, die grüne Heinrich-Böll-Stiftung sowie das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und die Technische Universität Berlin finanziell unterstützt haben, lasse keine anderen Schlüsse zu.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Nicht zuletzt dank des weltweiten Erneuerbaren-Booms zeigte der Anteil der Kernkraft an der weltweiten Bruttostromerzeugung seit 1996 einen deutlichen Abwärtstrend: von damals 17,5 Prozent auf 9,15 Prozent im Jahr 2023. China herausgerechnet, erreichte die Anzahl der sich in Bau befindlichen Reaktoren 2024 mit 32 ihren Tiefstand seit 2008.

Neben China baue nur noch Russland Kernkraftwerke „auf einem signifikanten Niveau“, allerdings nicht nur im eigenen Land, sondern vor allem im Ausland, erklärte Schneider. Hauptpartner mit je vier russischen Kernreaktoren sind China, Indien, Türkei und Ägypten. Auf dem amerikanischen Kontinent gebe es derzeit keine Bautätigkeit. Bei durchschnittlichen Bauzeiten für Kernkraftwerke von zehn Jahren ist daher auch dort bis Mitte der 2030-er Jahre unabhängig vom politischen Willen kein Ausbau der Kernkraft möglich, gab Politikberater Schneider zu bedenken.

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