Deutschland deckte knapp mehr als die Hälfte des gesamten Bruttostromverbrauchs im Jahr 2023 aus regenerativen Quellen. Ein Novum, denn bisher schafften PV, Windkraft und. Co. dies nur phasenweise, nicht aber über ein ganzes Jahr. Das teilte der Branchenverband der Energiewirtschaft auf Grundlage vorläufiger Berechnungen mit, die der Verband mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) vornahm.
Demnach kletterte der Ökostromanteil am bundesweiten Verbrauch um beinahe fünf Prozentpunkte auf 53 Prozent. 2023 brach gleich mehrere Ökostromrekorde. Zum einen weist die Statistik mit 113 Milliarden Kilowattstunden ein neues Windrekordjahr aus. Zum anderen schaffte die PV-Erzeugung im Juni ein saisonales Allzeithoch von 9,8 Milliarden Kilowattstunden. Insgesamt kam der Anteil der Erneuerbaren am Verbrauch somit in vier Monaten deutlich über die 50-Prozentmarke. So geschehen im Mai (57 Prozent), Juli (59 Prozent) sowie im Oktober und November mit jeweils 55 Prozent.
Gasanteil am Strommix gestiegen
Der Anteil der konventionellen Energien am Bruttostromverbrauch ging entsprechend zurück. Dafür sorgten die Abschaltung der verbliebenen drei Atomkraftwerke und ein Rückgang bei der Kohleverstromung. So machten die Erzeugung aus den Atomkraftwerken noch ein Prozent am Bruttostromverbrauch aus, nach rund sechs Prozent im Vorjahr.
Zugleich schrumpfte der Kohlestromanteil am Bruttoverbrauch von rund 32 Prozent im Jahr 2022 auf 26 Prozent im auslaufenden Jahr. Lediglich der Anteil der Gaskraftwerke am Bruttostromverbrauch stieg an – um knapp zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent. Dabei ist der Statistik zufolge der Stromverbrauch insgesamt zurückgegangen, nach vorläufigen Berechnungen vom 540,2 Milliarden um 4,2 Prozent auf 517,3 Milliarden Kilowattstunden.
34 Prozent der Erzeugung mit Wind und Sonne
Wird für die Statistik ausschließlich der in Deutschland erzeugte Strom berücksichtigt, ergibt sich ein sehr ähnliches Bild. Hier weisen BDEW und ZSW einen Anteil der Erneuerbaren von 53 Prozent aus. Onshore-Windkraft (22 Prozent) und PV (zwölf Prozent) bleiben weiter die wichtigsten Stützen der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland. Es folgen Biomasse mit rund neun Prozent vor Offshore-Wind (4,5 Prozent) und die Wasserkraft (knapp vier Prozent). Wie der Gesamtverbrauch ist dabei auch die gesamte Erzeugung im Vergleich zum Vorjahr rückläufig, um elf Prozent auf geschätzte 508 Milliarden Kilowattstunden. Deutschland muss deshalb im steigenden Umfang Strom aus dem Ausland importieren. Nach einer Auswertung des Thinktanks Agora Energiewende überwiegend mit Wind- und Wasserkraft produzierten Grünstrom aus Skandinavien, aber auch große Mengen Atomstrom aus Frankreich und Belgien.
„Die Zahlen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Einst haben viele den Erneuerbaren nur einen einstelligen Anteil am Stromverbrauch zugetraut, heute nutzen wir mehr Strom aus erneuerbaren als aus konventionellen Quellen und haben die 100 Prozent Erneuerbare fest im Blick“, sagt Kerstin Andreae, die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Der Weg zu einer vollständig klimaneutralen Stromversorgung war und ist aber kein Selbstläufer. Die zweiten 50 Prozent schaffen wir nur, wenn die Politik alle Hürden für den Erneuerbaren-Ausbau konsequent weiter aus dem Weg räumt.“ Langwierige Genehmigungsverfahren, überbordende Bürokratie und fehlende Flächen bremsten die Energiewende weiterhin aus.