Nach 17 Jahren Bauzeit und mit zwölf Jahren Verspätung hat der französische Stromkonzern EDF in der Normandie kurz vor Jahresende den Kernreaktor Flamanville 3 ans Netz angeschlossen. Der Druckwasserreaktor (European Pressurized Water Reactor, kurz EPR) der dritten Generation verfügt über eine Leistung von 1.650 Megawatt und ist damit der bislang größte Meiler in Frankreich. Die Gesamtkosten des Projekts beliefen sich laut Angaben von EDF auf 13,2 Milliarden Euro – sie fielen damit rund vier Mal so hoch aus wie ursprünglich vorgesehen.
Es ist der erste Reaktor seit 25 Jahren überhaupt, der in Frankreich den Betrieb aufnimmt. Das Land verfügt derzeit über insgesamt 56 Kernreaktoren und plant den Bau von 14 weiteren Atomkraftwerke mit einer Stromerzeugungsleistung von zusammen 13 Gigawatt. Im laufenden Jahr werden die vorhandenen Reaktoren im Netz voraussichtlich rund 364 Terawattstunden (TWh) Strom produzieren, rund zwölf Prozent mehr als im Jahr davor. Auch Deutschland profitiert davon – seit der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke ist das Land in steigendem Maße von Stromimporten aus den europäischen Nachbarländern abhängig .
Ursprünglich sollte der EPR-3-Meiler in Flamanville schon 2012 in Betrieb gehen. Mehrmals musste der verstaatliche Energiekonzern EDF die Inbetriebnahme wegen technischer Probleme und Pannen wie mangelhafte Schweißnähte und minderwertiger Stahl allerdings nach hinten korrigieren. Eine erste Reparatur am neuen Kernreaktor kündigte sich auch bereits an: Die französische Atomaufsicht hat EDF zu einem Austausch der Abdeckung des Reaktors verpflichtet, da Schwachstellen im Stahl entdeckt worden sind. Der Austausch soll im Jahr 2026 stattfinden.
Der Reaktor wurde am 21. Dezember an das nationale Stromnetz angeschlossen und erzeugte seitdem 100 Megawatt Strom. Erst in einigen Monaten werde der Meiler seine vollständige Leistung erreichen, hieß es von EDF. Bis dahin seien weitere Testphasen vonnöten, in denen das An- und Abschalten vom Netz unter Aufsicht der französischen Atombehörde fortgesetzt werde.
„Großer Augenblick“
EDF-CEO Luc Rémont sprach bei der Inbetriebnahme von „einem historischen Moment für den gesamten Nuklearsektor“. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einem „großen Augenblick“ für Frankreich. Der produzierte Atomstrom stärke die französische Wettbewerbsfähigkeit und schütze das Klima, erklärte Frankreichs Präsident.
Die angeblich besonders sichere wie wirtschaftliche Reaktortechnik, die ein Konsortium aus aus der französischen Areva (heute Framatome) und der deutschen Siemens AG (heute Siemens Energy) Ende des vergangenen Jahrhunderts im Rahmen verschiedener europäischer Forschungsprojekte entwickelt hatte, wird bislang weltweit in drei Atomreaktoren eingesetzt. Das finnische EPR Olkiluoto 3 ging 2022 ans Netz. Auch der Olkiluoto 3 verzögerte sich mehrmals und ging erst mit zwölf Jahren Verspätung in den Betrieb. Zwei weitere EPR-Kernkraftwerke mit einer Kapazität von 3500 Megawatt stehen in China und produzieren seit 2018 Strom.
EDF ist auch an dem britischen Kraftwerksprojekt Hinkley Point C beteiligt. Dort sollen gleich zwei Druckwasserreaktoren entstehen. Die Kosten dort liegen inzwischen bei rund 50 Milliarden Euro, 2017 lag die Kostenschätzung noch bei unter 20 Milliarden Euro. Auch die Inbetriebnahme von Hinkley Point C wird sich über mehrere Jahre verzögern. Ursprünglich peilte EDF 2025 als Startdatum an – mittlerweile plant das Unternehmen mit einer ersten Inbetriebnahme frühestens im Jahr 2030.
(Mit Ergänzungen von Franz Rother)
„Auch Deutschland profitiert davon – seit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke ist das Land von Stromimporten aus den europäischen Nachbarländern abhängig.“
Es stehen jederzeit genügend Kapazitäten zur Verfügung aus Kohle und Gas. Die sind aber teurer in der Erzeugung. Wollen Sie, das der Ladestrom noch teurer wird? Darum wird überwiegend aus Dänemark und Frankreich günstig importiert. Günstiger Windstrom aus Dänemark (18 TWh) und der hochsubventionierte AKW Strom aus Frankreich (16 TWh). Schön, wenn die de facto pleite gegangene und vom Staat gerettete EdF mal wieder Geld in die Kasse bekommt. Die sind nämlich systemrelevant für ganz Europa. Hier die Übersicht für das Jahr 2024
https://www.energy-charts.info/charts/import_export/chart.htm?l=de&c=DE
ES ist Fakt, dass Deutschland durch die Abhängigkeit von einer wetterabhängigen Stromproduktion und mangelnden Speicherkapazitäten inzwischen in starkem Maße von Stromimporten angewiesen ist. Nach den Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) lieferte Deutschland 2024 (bis zum 8. Juli) rund 26,2 Terawattstunden (TWh) Strom an andere europäische Staaten. Andererseits erhielt die Bundesrepublik von ihren Nachbarn 38,3 TWh. Auch aus Frankreich bezog Deutschland 2024 mehr Strom als dorthin exportiert wurde. Den Fraunhofer-Daten zufolge bekam Deutschland bis zum 8. Juli 8,44 TWh aus Frankreich und lieferte dorthin 1,62 TWh. Das macht Frankreich zu einem der größten, wenn auch nicht dem größten Stromexporteur nach Deutschland im laufenden Jahr. Da in Frankreich über 60 Prozent des Stroms aus Kernenergie gewonnen wird, kann getrost davon ausgegangen werden, dass trotz der Abschaltung der Kernkraftwerke Atomstrom durch unsere Leitungen und auch in die Akkus von E-Autos fließt. Das mag man bedauern, aber ist immer noch besser als die Nutzung von Kohlestrom: Im Herbst betrug der Anteil des mit Stein- und Braunkohle erzeugten Stroms hierzulade bei 30 Prozent. Am 30. Dezember war der Strom in unserem Netz mit einer CO2-Belastung von 379 Gramm/kWh belastet, in Frankreich nur mit 39 Gramm CO2 – ich empfehle einen Blick auf den Live-Monitor auf electricity maps.
Es ist Fakt, das Deutschland jederzeit genügend Erzeugerkapazitäten zur Verfügung hat. Die Bundesnetzagentur hat ein Papier zum Strommarkt veröffentlicht, wonach die sichere Stromversorgung zu keinem Zeitpunkt gefährdet war.
https://finanzmarktwelt.de/strompreis-explosion-bundesnetzagentur-332781/
Ich empfehle dringend sich mit der Meldung der Bundesnetzagentur zu beschäftigen.
Falls es sie interessiert dürfen sie auch gerne einmal anhören was Bruno Burger und Leonhard Probst vom ISE dazu sagen. https://www.youtube.com/watch?v=vlW6QShzkjA
Frankreich verliert gerade den Zugang zu einer wichtigen Uranquelle, die sie als Kolonialmacht lange Zeit zur Verfügung hatte: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/niger-frankreich-verliert-kontrolle-ueber-uranproduktion-110153035.html
Keine wesentliche Rolle für eine sichere, klimaneutrale und kostengünstige europäische Energieversorgung spielt die Kernenergie. Sie ist im Vergleich zu Photovoltaik und Windkraft nicht wettbewerbsfähig – auch unter Berücksichtigung von Speichern und erhöhten Transportkosten. Dies gilt, solange die realen Investitionskosten für Kernkraftwerke nicht unter 6.600 Euro pro Kilowatt (kW) liegen. Selbst das neueste finnische Kernkraftwerk Olkiluoto 3 liegt mit 6.875 Euro/kW über dieser Schwelle. Der französische Reaktor Flamanville-3 liegt bei 10.875 Euro/kW, Hinkley Point C (Grossbritannien) bei 17.500 Euro/kW. In dieser Kalkulation sind die Kosten für die bisher ungeklärte Entsorgung nicht enthalten. Siehe dazu auch die Publikation des Forschungszentrum Jülich vom 01.11.2024. https://www.energiezukunft.eu/erneuerbare-energien/wasserstoff/ausbaurate-fuer-erneuerbare-in-europa-um-faktor-5-steigern
Wie es entschlossen mit den Erneuerbaren vorangeht, zeigt nicht nur Portugal https://www.iwr.de/news.php?id=38978, sondern auch Kalifornien: https://electrek.co/2024/12/31/california-grid-100-percent-renewables-no-blackouts-cost-rises/
Sie sollten sich an Fakten halten und nicht einer verblichenen Dampfkochtopf-Technologie nachweinen, die nicht nur viel zu teuer ist, sondern für die immer noch sichere Lagerstätten für deren Abfälle gesucht werden. Bis jetzt gibt es die nur als Projekt. Selbst in Finnland: https://www.srf.ch/news/international/atomendlager-in-finnland-ein-projekt-fuer-100-000-jahre
Geradestehen dürfen dafür finanziell und personell die kommenden x Generation. Nicht gerade ein Ausbund an Nachhaltigkeit.
Darf ich ein paar Korrekturen anbringen? Im Juli 2020 wurde ein Bericht des französischen Rechnungshof publik, wonach sich die bis dato bekannten Gesamtkosten des Projektes von den bisher kommunizierten 12,4 Mrd. Euro um weitere 6,7 Mrd. auf dann ca. 19,1 Mrd. Euro erhöhen sollen. Die hier angegebenen 13.2 Mrd. Euro sind überholt. Wahrscheinlich ist der Endbetrag noch höher als die genannten 9,1 Mrd. Euro.
Noch eine Bemerkung zu den anderen EPR: Für eine sichere, klimaneutrale und kostengünstige europäische Energieversorgung spielt die Kernenergie keine Rolle. Sie ist nämlich im Vergleich zu Photovoltaik und Windkraft nicht wettbewerbsfähig – auch unter Berücksichtigung von Speichern und erhöhten Transportkosten. Dies gilt, solange die realen Investitionskosten für Kernkraftwerke nicht unter 6.600 Euro pro Kilowatt (kW) liegen. Selbst das neueste finnische Kernkraftwerk Olkiluoto 3 liegt mit 6.875 Euro/kW über dieser Schwelle. Der französische Reaktor Flamanville-3 liegt bei 10.875 Euro/kW, Hinkley Point C (Grossbritannien) bei 17.500 Euro/kW. In dieser Kalkulation sind die Kosten für die bisher ungeklärte Entsorgung nicht enthalten. Siehe dazu auch die Publikation des Forschungszentrum Jülich vom 01.11.2024.