Corre Energy, beheimatet im niederländischen Groningen, hilft Deutschland und Europa, ein kleines Stück weiter auf dem Weg der Energiewende zu kommen. Das junge Unternehmen baut in Deutschland und den Niederlanden derzeit zwei  CAES (Compressed Air Energy Storage)-Großanlagen, die wetterbedingte Stromlücken stopfen sollen, ohne dass fossile Kraftwerke einspringen müssen. Denn die sind alles andere als zuträglich fürs Klima – erst recht, wenn sie noch mit Steinkohle betrieben werden statt mit Erdgas oder Wasserstoff.

Die Idee dahinter: Überschussstrom, den bei starker Sonneneinstrahlung Solar- und bei kräftigem Wind Windkraftanlagen produzieren, wird in Form von Druckluft zwischengelagert. Und zwar solange, bis sich die Wetterverhältnisse umgekehrt haben und das Angebot von Strom geringer ist als die Nachfrage.

Alternative zu Pumpspeicherkraftwerken

Bislang werden dafür unter anderem Pumpspeicherkraftwerke genutzt. Mit überschüssiger Sonnen- und Windenergie wird hier Wasser von einem tiefergelegenen in ein höhergelegenes Becken gepumpt und dort „geparkt“. Bei steigendem Strombedarf wird das Wasser aus dem oberen Becken wieder abgelassen, wobei es eine Turbine betreibt. Derartige Pumpspeicherkraftwerke arbeiten zuverlässig, haben aber einen hohen Platzbedarf, sind teuer und haben aufgrund der mehrfachen Energieumwandlung nur einen Wirkungsgrad von etwa 75 Prozent.

Unter Druck 
Schemazeichnung eines sogenannten CAESE-Kraftwerks: Der mit Solar- oder Windkraftanlage erzeugte Strom wird zur Erzeugung von Druckluft genutzt, die in ehemalige Salzkavernen verpresst wird. Bei Bedarf wird die Druckluft aus dem Speicher entlassen und mithilfe von einer Turbine und eines Generators zurück in Strom verwandelt. Grafik: Corre Energy
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Schemazeichnung eines sogenannten CAESE-Kraftwerks: Der mit Solar- oder Windkraftanlage erzeugte Strom wird zur Erzeugung von Druckluft genutzt, die in ehemalige Salzkavernen verpresst wird. Bei Bedarf wird die Druckluft aus dem Speicher entlassen und mithilfe von einer Turbine und eines Generators zurück in Strom verwandelt. Grafik: Corre Energy

Der Platzbedarf der Druckluftspeicherkraftwerke ist hingegen gering. Denn sie werden oberhalb von soliden Salzstöcken errichtet, in denen es riesige Kavernen, also Hohlräume gibt, die bisher als Erdgasspeicher gedient haben. Standort in Deutschland ist Ahaus im Münsterland, in den Niederlanden ist es der Raum Groningen im Norden des Landes. Nach Angaben der Projektpartner liegt der CAES-Standort in Ahaus günstig zwischen der Offshore-Windenergieproduktion in Norddeutschland und den großen Stromverbrauchsregionen in Baden-Württemberg und Bayern. Die bereits im Bau befindliche Anlage befindet sich zudem in der Nähe des geplanten nationalen Wasserstoff-Startnetzes.

Strom wird zu Druckluft

Überschussstrom soll in Ahaus mit Hilfe von gewaltigen Verdichtern in vier unterirdische Kavernen gepresst werden. Es werden Drücke von bis zu 70 bar erreicht, also etwa das 35-Fache des Drucks in einem Autoreifen. Dann kommt bildlich gesprochen der Deckel drauf. Die so gespeicherte Energie bleibt, anders als bei Batterien, die unter Selbstentladung leiden, sogar über lange Zeiträume verlustfrei erhalten.

Wenn Strommangel auftritt, wird das Ventil geöffnet, das die Druckluft bis dahin in Schach gehalten hat. Die Luft strömt dann heraus und treibt eine Turbine an, die wiederum einen Generator rotieren lässt, der Strom erzeugt. Da die Luft beim Entspannen extrem abkühlt und die Turbine zu vereisen droht, muss sie allerdings vorgewärmt werden. Das geschieht mit einem Erdgasbrenner, der später auf Wasserstoff umgerüstet werden soll, sodass der gesamte Prozess letztlich klimaneutral wird.

Es läge nahe, statt des Erdgasbrenners die Wärme zu nutzen, die beim Verdichten der Luft entsteht und eine Temperatur von bis zu 1000 Grad erreichen kann. Darauf verzichtet Corre Energy, um die Anlagenkosten niedrig zu halten. Die Wärme wird über Kühltürme abgeführt, so dass die Druckluft eine Temperatur von etwa 55 Grad Celsius hat, wenn sie in die Kavernen strömt.

Energiewende schafft neuen Markt

Anfang dieses Jahrtausends gab es bereits ein Konzept, bei dem die Abwärme genutzt werden sollte. Entwickelt wurde es vom Energiekonzern RWE zusammen mit General Electric, dem Baukonzern Züblin sowie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für den Standort Staßfurth in Sachsen-Anhalt – einem Zentrum des Kalibergbaus. Dort sollte ein Druckluftspeicherkraftwerk mit einer Leistung von 90 Megawatt entstehen. Doch 2015 stellte RWE das Projekt „mangels konkreter Marktperspektive“ ein.

Diese Marktperspektive ist jetzt jedoch da. Denn je mehr Solar- und Windkraftwerke ins Stromnetz einspeisen, desto größer sind auch die Lücken in der Stromversorgung, die das Wetter reißen kann. Derzeit reicht sowohl die installierte Wind- als auch die installierte Solarleistung in Deutschland theoretisch schon aus, das Land nahezu komplett zu versorgen – bei entsprechenden Wetterbedingungen und wenn man die erzeugten Strommengen auch längere Zeit puffern könnte.

Speicherkraftwerk soll 2027 in Betrieb gehen

Umgekehrt muss genau diese Leistung in Form von wetterunabhängigen Kraftwerken vorgehalten werden, um Versorgungslücken gar nicht entstehen zu lassen. Druckluftspeicherkraftwerke und andere Puffer können also zu einem lukrativen Geschäft werden, denn Strom wird in Mangellagen geradezu fürstlich bezahlt.

Die CAES-Anlage in Ahaus soll im Endausbau eine Leistung von 640, die in Groningen von 220 Megawatt haben. In beiden Fällen stehen vier Salzkavernen zur Verfügung. Die Kavernen in Ahaus sind bereits zu 75 Prozent für die Aufnahme von Luft ausgebaut. Dies entspricht einer Speicherkapazität von über 60 Stunden bei jedem Projekt, mit einem abgeschlossenen Ziel von jeweils 84 Stunden und einer kombinierten Erzeugungskapazität von 640 Megawatt. Das niederländische Energieunternehmen Eneco wird 50 Prozent des gesamten Entwicklungs- und Baukapitals für das Projekt, das noch nicht endgültig beziffert ist, bereitstellen und neben Corre Energy zu 50 Prozent Eigentümer des Projekts werden. Bis 2027 soll das eigentliche Kraftwerk, das oberirdisch errichtet wird, fertiggestellt werden.

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