Pumpspeicher sind eine zuverlässige Speichertechnologie. Im Prinzip bestehen sie aus einem höher gelegenen und einem tiefer gelegenen Wasserbecken, die durch Rohrleitungen miteinander verbunden sind. Das obere Becken ist dabei der Energiespeicher. Wird Energie benötigt, lässt man das Wasser durch Turbinensätze ins tiefere Becken fließen und erzeugt Strom. Pumpspeicher werden genutzt, um überschüssigen Strom zu speichern – also Strom, der anfällt, wenn konventionelle Kraftwerke, aber auch Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen mehr Elektrizität liefern als das Netz abnehmen kann. Üblicherweise nutzen Pumpspeicher große Höhenunterschiede im Gelände aus. Ihr großer Vorteil ist der hohe Wirkungsgrad von 75 bis 80 Prozent. Das heißt: Nur weniger als ein Drittel der Energie geht beim Füllen des Speichers verloren.

Kugelpumpspeicher für das Hambacher Loch

Zwei Physiker, Horst Schmidt-Böcking, emeritierter Professor der Goethe-Universität in Frankfurt/Main, und sein Kollege Gerhard Luther aus Saarbrücken, haben nun eine Variante dieses Konzepts entwickelt, den Kugelpumpspeicher. Dabei dient ein am Grund eines Gewässers verankerter Hohlkörper als Speicher. Der wird leergepumpt, wenn er Energie speichern soll. Schmidt-Böcking und Luther wollen Hohlkörper aus Beton verwenden. Im Inneren der Hohlkörper befinden sich neben Pumpen auch Turbinen und elektrische Generatoren. Will man jetzt Energie speichern, pumpt man die Kugeln leer. Bei einer Flaute, oder nachts lässt man Wasser einströmen, das die Turbinen antreibt und so Strom erzeugt. 2011 ließen sich die beiden ihre Idee patentieren.

Sie schlagen vor, derartige Pumpspeicher im Hambacher Loch zu errichten,  dem umstrittenen Baunkohle-Tagebau in Nordrhein-Westfalen. Nach heutigen Planungen soll die Kohleförderung dort 2038 enden. Dann will man die Grube fluten, um eine künstliche Seelandschaft entstehen zu lassen. Der neue See wird an seiner tiefsten Stelle um die 450 Meter tief sein. Hier würde die nach dem Bodensee größte Seenlandschaft Deutschlands entstehen.

Bald eine künstliche Seenlandschaft?
Das Hambacher Loch wäre mit 450 Metern tief genug, um Pumpspeicher aufzunehmen.
Foto: David Niklas Jansen via Wikimedia Commons
Bald eine künstliche Seenlandschaft?
Das Hambacher Loch wäre mit 450 Metern tief genug, um Pumpspeicher aufzunehmen.
Foto: David Niklas Jansen via Wikimedia Commons

Sie könnte in Zukunft als Energiespeicher dienen und damit die Energiewende befördern. Für den Kernphysiker Schmidt-Böcking sind Pumpspeicher-Kraftwerke ideal, um den Bedarf an Kurzspeichern von erneuerbaren Energien zu decken. „Sie sind wirtschaftlicher als Lithium-Batterien, und sie halten länger. Möglich ist eine Lebensdauer der Hohlkörper von vielen hundert Jahren“, sagt Schmid-Böcking.

Hohlkörper aus Beton am dem Seegrund

Im See könnte auf einer Fläche von vier Quadratkilometern ein etwa 100 Meter großer Hohlkörper aus Beton verankert werden. Das Innere wäre in Abteilungen unterteilt, die Pumpen und Turbinensätze aufnähmen.

Am Grund des Sees wäre das Kraftwerk zudem unsichtbar und würde die Nutzung des Gewässers nicht weiter stören. Es könnte in einem Zyklus mehr als 300 Gigawattstunden (GWh) speichern, also sieben Mal so viel wie alle anderen Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland zusammen. Bei 100 Füllzyklen im Jahr würde das Kraftwerk um die 30 Milliarden Kilowattstunden oder 30 Terawattstunden speichern. Das entspräche der Energiemenge, die heute das rheinische Braunkohlerevier liefert.

Baut man einen größeren, 200 Meter hohen Hohlkörper, könnten 400 GWh gespeichert werden. Entscheidend für die Speicherfähigkeit ist die Wassertiefe. Bei 200 Speicherzyklen im Jahr könnte die ‚Wasserbatterie‘ sogar Deutschlands gesamten Kurzzeit-Speicherbedarf für erneuerbare Energien decken. Damit fielen auch etwa 5 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland weg.

Erfolgreicher Praxistest am Bodensee

Dass diese Art des Hohlspeichers funktioniert, hat ein Praxistest am Bodensee zwischen November 2016 und März 2017 gezeigt. Die Firma Hochtief war auf Schmidt-Böckings Arbeit aufmerksam geworden und testete das Konzept zusammen mit dem Kasseler Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IEE). Man verankerte eine drei Meter durchmessende Hohlkugel in einer Wassertiefe von 100 Metern. In der Kugel befand sich eine Turbine. Die Versuche waren erfolgreich.

Fertig zum Tauchgang
Der Test-Pumpspeicher vor Versuchen im Bodensee.
Foto: Fraunhofer IEE
Fertig zum Tauchgang
Der Test-Pumpspeicher vor Versuchen im Bodensee.
Foto: Fraunhofer IEE

Als nächstes soll eine 30 Meter große Kugel im Meer verankert werden, um Strom von Offshore-Windrädern zu speichern. Allerdings gibt es für dieses Vorhaben noch keine Finanzierung. Es entspräche dem ursprünglichen Konzept der beiden Physiker. Das sah vor, Kugelpumpspeicher in größere Tiefe im Meer zu verankern, um den Strom aus Offshore-Windkraftwerken zwischen zu speichern.

Schmidt-Böcking und Luther sehen Chancen, dass ihr Konzept tatsächlich Realität wird. Denn die Stadt Kerpen will bis 2032 als „SpeicherStadt Kerpen“ zu einen Zentrum für erneuerbare Energien werden. Kerpen soll zu einen Modell für moderne Energiegewinnung und -nutzung werden, etwa durch Windkraft, Photovoltaik, und grünen Wasserstoff.

Talsperren als Energiereservoir

Bestehende Pumpspeicher in Deutschland und den Nachbarländern bestehen dagegen aus einer oder sogar mehren Talsperren. Meist liegen sie in Mittelgebirgen. Das Pumpspeicherwerk im norddeutschen Geesthacht nutzt das Gefälle zwischen der höheren Geest und der niedrig liegenden Marsch aus, in der auch die Elbe fließt. Insgesamt verfügen die Pumpspeicher in Deutschland über eine Speicherleistung von 7 Gigawatt. Sie können täglich vier bis acht Stunden Strom liefern. Ihr Anteil an der deutschen Stromerzeugung liegt bei 0, 65 Prozent.

Grünes Erbe der DDR
Um Energie zu speichern, wird Wasser in das Oberbecken des Pumpspeicherwerks Markersbach gepumpt. Foto: G. Wansorra via Wikimedia Commons.
Grünes Erbe der DDR
Um Energie zu speichern, wird Wasser in das Oberbecken des Pumpspeicherwerks Markersbach gepumpt. Foto: G. Wansorra via Wikimedia Commons.

Das älteste noch in Betrieb befindliche Pumpspeicherkraftwerk wurde 1926 fertiggestellt. Die beiden leistungsfähigsten der 31 Kraftwerke liegen im Südosten. Goldisthal im Thüringer Schiefergebirge liefert 1.060 Gigawatt und wurde noch zu DDR-Zeiten geplant. Die ersten Arbeiten begannen 1975, wurden aber wegen Geldmangel 1980 unterbrochen und erst 1988 fortgesetzt. Fertiggestellt wurde das Kraftwerk 2003. Das minimal kleinere Kraftwerk Markersbach liegt im Erzgebirge und ging noch zu DDR-Zeiten 1979 ans Netz. Es liefert 1.046 Gigawatt.

Eigentlich sollte die Bedeutung dieser Kraftwerke eher steigen, denn sie sind die einzige Großtechnologie, mit der sich in großem Maßstab Energie speichern lässt. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass alle Komponenten auf bewährten Technologien basieren. Man ist nicht, wie in der Batterietechnik, auf Innovationen angewiesen, die möglicherweise erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen.

Problem: Wenig rentabel und keine Akzeptanz in der Bevölkerung

Trotzdem sind in den letzten Jahren viele Projekte für Pumpspeicherkraftwerke gescheitert und geplante Ausbau-Vorhaben gestoppt worden. Ein Grund dafür ist die eingeschränkte Wirtschaftlichkeit. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2009 gelten Pumpspeicher als Letztverbraucher und somit auch als entgeltpflichtige Netznutzer, weil sie Strom aus dem Netz beziehen. Vorher mussten die Betreiber nur für Netznutzungs-Entgelte für den von ihnen gelieferten Strom bezahlen, nicht aber für den, den sie in Speicherenergie umwandelten. Das Urteil setzte die Wirtschaftlichkeit stark herab.

Pumpspeicherwerk Waldeck an der Edertalsperre
Höhenunterschiede intelligent genutzt
Das Pumpspeicherwerk Waldeck liegt an einem der Ederstauseen. Im Bild ein Ausläufer des Affoldener Stausees sowie Oberbecken, Ablauf, Maschinenhaus und Umspannstation des Werkes Waldeck. Foto: Wolkenkratzer via Wikimedia Commons

Zudem greift der Bau  eines Speicherkraftwerks in die Landschaft ein. Für die Staubecken werden kleine oder auch größere Täler geflutet. Oder es werden eigens Reservoirs angelegt. Das ruft immer wieder Bürgerinitiativen von Anwohnern sowie Umwelt- und Naturschutzorganisationen auf den Plan. So verzögerten sich Weiterbau und Fertigstellung des Kraftwerks Goldisthal, weil 1996 der BUND Thüringen gegen die VEAG klagte, die den Bau durchführen sollte. Nach einem außergerichtlichen Vergleich konnte der eigentlich Bau dann 1997 endlich beginnen.

Im Südschwarzwald endete das Vorhaben, bei Atorf ein Kraftwerk zu errichten, mit dem Ausstieg der beiden Energieversorger EnBW und RWE. Das Kraftwerk sollte aus zwei künstlichen Seen mit jeweils neun Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen bestehen und über maximal neun Stunden 1,4 Gigawatt Energie liefern. Aber auch hier hatten Anwohner und Naturschützer aus der Region über zehn Jahre gegen das Projekt gekämpft. RWE hatte sich bereits 2014 aus wirtschaftlichen Gründen zurückgezogen. EnBW war 2017 gefolgt, nachdem die Planungsbehörden zahlreiche Unterlagen zur Erfüllung von Umweltauflagen nachgefordert hatten. Die Baukosten hätten 1, 6 Milliarden Euro betragen. EnBW forciert seitdem wieder die Arbeit am Lithium-Ionen-Speichern.

Pumpspeicher unter Tage

Auf den ersten Blick böten sich stillgelegte Bergwerke aus Alternative an. Hier wären keine großangelegten Eingriffe in Landschaft und Ökologie nötig. Stattdessen würde man die bestehenden Schachtanlagen nutzen und je nach Bedarf erweitern oder verändern. Professor Oliver Langfeld von der TU Clausthal verfolgt seit 2007 den Plan, die stillgelegte Bergwerksanlage Wiedemannsbruch bei Bad Grund zu einem Pumpspeicher für Windenergie auszubauen. Im Vorwege hatte sich allerdings herausgestellt, dass sich die  meisten der über 100 inaktiven Gruben dafür nicht eignen.

Langfeld und seine Kollegen kamen nach genauen Untersuchungen gerade mal auf drei geeignete Kandidaten, darunter eben der Wiedemannsbruch. Sie planen nun zusammen mit den Harz-Wasserwerken den so genannten „Energie- und Wasserspeicher Harz“, der einmal rund 300 Megawatt Leistung abgeben soll. Weil der Betrieb als Energiespeicher alleine nicht rentabel wäre, soll die Anlage gleichzeitig als Wasserreservoir dienen. Es würde helfen, Trockenperioden zu bewältigen und könnte bei extremen Regenfällen Wasser aufnehmen.

Energievorräte auf dem Meeresgrund
Schmidt-Böckings Konzept sieht eigentlich vor, Kugelpumpspeicher als Zwischenspeicher für Offshore-Windkraftanlagen zu nutzen.
Bild: Fraunhofer IEE
Energievorräte auf dem Meeresgrund
Schmidt-Böckings Konzept sieht eigentlich vor, Kugelpumpspeicher als Zwischenspeicher für Offshore-Windkraftanlagen zu nutzen.
Bild: Fraunhofer IEE

Unterirdische Pumpspeicher ließen sich natürlich auch bauen, ohne auf ein altes Bergwerk zurückzugreifen. Firmen wie das US-amerikanische Unternehmen Gravity Power oder die in Stuttgart ansässige Heindl Energy wollen zunächst einen eigenen Schacht errichten. Auf dem kommt ein großer Pfropfen aus Fels oder Beton. Will man Energie speichern, pumpt man Wasser in den Schacht, so dass der Pfropfen aufsteigt. Zur Energiegewinnung lässt man das unter hohem Druck stehende Wasser ab und treibt so Generatoren an.

Heindle will eine 250 Meter durchmessenden Felszylinder aus dem Boden fräsen und dabei einen 340 Meter tiefen Schacht in den Felsen treiben. Das größte Problem wäre allerdings, den Wasserdruck von 70 bar zu kontrollieren, den die auf dem Wasserreservoir lastende Felsmasse erzeugen würde. Gravity Power denkt nicht viel kleiner. Deren Techniker wollen einen 800 Meter tiefen Schacht mit einem 400 Meter langen Betonzylinder verschließen. Praktische Tests mit dieser Art Kolbenhub-Speicher stehen allerdings noch aus.

Im Vergleich erscheint der konventionelle Verbund aus Staudämmen, Pumpen und stromerzeugenden Turbinen, aus dem die bewährten Pumpspeicherkraftwerke bestehen, wesentlich praxistauglicher. Um mehr von ihnen zu bauen, müsste sich nicht nur die Akzeptanz in der Bevölkerung verbessern. Die Politik müsste allerdings auch die Rahmenbedingen dafür schaffen, damit der Betrieb wieder rentabler wird.

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4 Kommentare

  1. Alfons Geiger

    Gratulation zu diesem Artikel. Ich vertrete seit langem die Idee, in die Gruben des Braunkohletagebaus vor der Flutung Kavernen für die Nutzung als Pumpspeicherkraftwerke zu bauen. Neben der unschlagbaren Speichereffizienz von an die 80 % kommt speziell bei der Umwidmung der Braunkohlegruben hinzu, dass die Anbindung an das Stromnetz aufgrund der existierenden Kraftwerke bereits vorhanden ist. Leider stößt diese Idee bisher bei den Politikern auf keine große Resonanz, ja auf vollständiges Unverständnis. Eine der Hauptgegenargumente: bis zum Jahr 2038 können solche Lösungen zur Versorgungssicherheit nicht warten. Es bahnt sich hier das gleiche Desaster an, wie beim Impf-Skandal: Deutsche Ingenieure zeigen einen gangbaren Weg auf, Politik und Bürokratie verschlafen alles wieder, das Ausland realisiert diese Lösung, die Deutschen diskutieren dann wie es zu dem Energieversorgungsdesaster kommen konnte, obwohl jeder mit dem immensen Strommehrbedarf für E-Autos und Wärmepumpen zur Ersetzung auch der letzten Gasheizung rechnen konnte.

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  2. Wolfgang Meyer

    Der Ansatz, ein Pumpspeicherkraftwerk in einem einzigen See zu intergrieren ist erst mal bestechend. Damit scheint der Nachteil von Pumpspeicherseen, nämlich ihr stark variierender Wasserpegel, aus der Welt geschaft zu sein.
    Dem ist aber hier bei genauerer Betrachtung, auch nicht der Fall. Das Hambacher Loch soll als Nachnutzung in eine Seenlandschaft umgewandelt und touristisch erschlossen werden. Dabei denkt man an Wege, die dicht am Ufer enlang verlaufen und vielfach direkten Zugang zum flachen Uferbereich ermöglichen.
    Der angedachte Reservoir-Klotz von 100m Höhe hat ein Volumen von 0,4km2. Das ist etwa 1/9 des Gesamtvolumens des Hambacher Lochs (3,6km3 – lt.Wikipedia).
    Wenn also der Klotz geflutet wird, verschwindet mal kurz 1/9 des Wassers, was bei 400m Tiefe immerhin ein Absinken des Wasserstands um 10% wohl etwa 30 – 40m ausmachen dürfte. Bei dem doppelt so großen Hohlkörper natürlich entsprechend mehr.
    Damit dürfte dann die touristische Erschließung gestorben sein!!

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  3. Kurt Werner

    Ich halte diese Technologie für eine eine sinnvolle Lösung. Es wäre gut wenn in der nächsten Zeit ein Pilotprojekt umgesetzt wird.

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  4. Helmuth Meixner

    Wieder mal Alles ÖKO, oder was? Offene Gewässer ohne Naturbefall natürlich! So komplex kann ÖKO sein. Unnatürlich! Schade das Seen immer von Natur befallen werden. Ganz real, nor in technischen Pläne natürlich nicht.

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