Eine neue Studie zum Ladebedarf an öffentlichen Stationen hat die Debatte um die richtige Dimensionierung der Ladeinfrastruktur neu entfacht. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur hat gegenüber vorherigen Analysen in der Studie „Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf“ den Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur deutlich nach oben korrigiert. Während der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) die angenommen Werte für überschätzt ansieht, begrüßt die Automobilindustrie (VDA) die neuen Bedarfszahlen.

In Deutschland werden bis 2030 zwischen 380.000 und 680.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte benötigt, wie aus der Studie des Bundesverkehrsministeriums in Zusammenarbeit mit dem Reiner Lemoine Institut (RLI) hervorgeht. Als Grundlage ziehen die Studienautoren neue Erkenntnisse zur Marktentwicklung der Elektromobilität heran. Demnach ist eine installierte Ladeleistung von 23.300 bis 32.400 Megawatt der Ladepunkte notwendig, um im Jahr 2030 mehr als 13 Millionen Elektroautos in Deutschland mit Strom versorgen zu können. Die benötigte Menge an elektrischer Energie zum Laden der Stromer beträgt nach Schätzungen der Studienautoren insgesamt 37,8 Millionen Megawattstunden (MWh). Dabei macht die öffentlich zugängliche Infrastruktur einen Anteil zwischen 36 und 50 Prozent aus.

Rechnung mit vielen Unbekannten
Ist die Verfügbarkeit von privaten Ladeplätzen (LP) gering, steigt der Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur im Jahr 2030 auf mindestens 843.000 Ladepunkte. Steigt die Auslastung von Ladepunkten und werden verstärkt innerstädtische Lade-Hubs mit HPC-Ladepunkten genutzt, fällt der Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur mit mindestens 440.000 Ladepunkten deutlich geringer aus, sagen die Verfasser der Studie. Grafik: NOW
Rechnung mit vielen Unbekannten
Ist die Verfügbarkeit von privaten Ladeplätzen (LP) gering, steigt der Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur im Jahr 2030 auf mindestens 843.000 Ladepunkte. Steigt die Auslastung von Ladepunkten und werden verstärkt innerstädtische Lade-Hubs mit HPC-Ladepunkten genutzt, fällt der Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur mit mindestens 440.000 Ladepunkten deutlich geringer aus, sagen die Verfasser der Studie. Grafik: NOW

Die Studie verweist zudem darauf, dass der Anteil an E-Autohaltern ohne privaten Ladeanschluss in Zukunft zunehmen werde. Klar: Stromern werden in Zukunft nicht nur Eigenheimbesitzer. Daher steige auch der Bedarf an öffentlich zugänglichen Ladesäulen.

Zugleich räumte die Studie ein, dass ein Ausbau der mit Gleichstrom betriebenen Schnellladeinfrastruktur (High-Power-Charging) den Bedarf an öffentlichen Ladepunkten signifikant – konkret um 26 Prozent – reduzieren könnte: Aufgrund der hohen Ladeleistung ist die Standzeit hier signifikant kürzer, können hier während eines Tages somit wesentlich mehr Elektroautos Strom zapfen als an Wechselstrom (AC)-Ladern am Straßenrand.

VDA sieht wertvolle Zielgrößen für den Ausbau

Die Automobilbranche begrüßte die Studienergebnisse. So würden Ladebedarfe der Zukunft identifiziert und wertvolle Zielgrößen für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur gegeben, erklärte Hildegard Müller, Präsidentin des Brancheverbands VDA. Der Bedarf öffentlicher Ladeleistung im Jahr 2030 von bis zu 32.000 MW führe zu einer Versechsfachung der derzeit installierten Ladeleistung, um dem prognostizierten Bedarf gerecht zu werden.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

„Die Studie belegt damit klar den Handlungsbedarf beim Ausbau der Ladeinfrastruk tur für Elektroautos in Deutschland“, so Müller. Neben der benötigten Leistung betonte Müller auch die notwendige räumliche Verteilung von Ladesäulen: „Rund vier von zehn Gemeinden in Deutschland verfügen über keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt, und über drei Viertel aller Gemeinden haben derzeit noch keinen Schnellladepunkt installiert“, kritisierte sie.

BDEW: Politik überschätzt den Ladebedarf

D?ie Energiewirtschaft hingegen steht den neuen Zahlen skeptisch gegenüber. So sagte Kerstin Andreae, die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Es ist zwar positiv, dass das technisch veraltete Ziel von einer Million Ladepunkten bis 2030 endlich ad acta gelegt wird und die installierte Ladeleistung als Messgröße verwendet werden soll.“

Zugleich kritisierte die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen den in der Studie angenommenen Bestand von 13 Millionen Elektroautos im Jahr 20230, aus denen dann die Anzahl an benötigten Ladesäulen resultiere – beim BDEW geht man mit Blick auf die aktuelle Nachfrageschwäche von maximal 10,5 Millionen Fahrzeugen mit Elektroantrieb aus. Andreae plädierte deshalb für weitere Maßnahmen der Politik, um die Nachfrage nach E-Autos zu erhöhen. Zugleich warnte die BDEW-Chefin: Durch eine Überschätzung des Ladebedarfs könnten letztendlich Kosten entstehen, die am Ende in Form hoher Ladestrompreise an die Kunden weitergegeben werden müssten.

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1 Kommentar

  1. Hartmut Peters

    Die Schnell Ladestruktur ist schon ausreichend angelegt. Was dazu nicht passt, sind die hohen Strompreise. Da ist der Solarparkbetreiber in Egling( Bayern ) ein Schritt weiter. Da können Autos bei guten PV Ertrag für ca 0,22 – 0,25 per kWh je nach Sonnenertrag laden . Das ist für den Betreiber insofern noch besser, als für 0,08€ den Strom ins Netz zu speisen. Wäre insgesamt mal eine Überlegung wert, wenn es immer mehr PV Anlagen gibt und die Stromwerke zum Teil dann die Anlagen einfach ausschalten um das Netz zu schonen, den Strom billiger an den Ladesäulen verkaufen . Siehe Tesla, da gibt es auch verschiedene Zeitzone mit Preisen und das klappt prima. Aber wir sind ja in Deutschland und nicht genügend flexibel . Man braucht keine Ladekarte oder eine App ! Einfach Kreditkarte dranhalten und damit wird bezahlt. Gehe auch nicht bei Aldi einkaufen und bekomm dann die Abrechnung über REWE.

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