Stellantis Germany reagierte am schnellsten. Wenige Stunden nach dem abrupten Ende des Umweltbonus gab der Autohersteller bekannt, dass er Privatkunden, die ihr bestelltes Elektroauto der Marken Abarth, Citroen, DS, Fiat, Jeep, Opel oder Peugeot noch bis zum Jahresende zulassen, den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eigentlich versprochenen Zuschuss zum Kaufpreis von bis zu 4500 Euro aus der eigenen Tasche bezahlen würden. Zusätzlich zum Herstelleranteil von 2250 Euro. Sollte das Elektroauto erst in den kommenden Wochen geliefert und bis zum 29. Februar 2024 zugelassen werden können, übernehme Stellantis den kompletten Umweltbonus, so wie ihn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen ursprünglich zugesagt hatte – inklusive Herstelleranteil bis zu maximal 4500 Euro bei Fahrzeugen mit einem Netto-Listenpreis von bis zu 45.000 Euro. Darunter fallen praktisch alle 24 Elektroautos, die Stellantis derzeit in Deutschland anbietet.

„Gemeinsam mit unseren Handelspartner lassen wir unsere Kunden nicht im Regen stehen“, begründete Lars Bialkowski, der Statthalter des Stellantis-Konzerns in Deutschland, die generöse Geste. Wie er in einer Pressemitteilung erklärte, habe er die Entscheidung von Habeck, den Umweltbonus „mit weit weniger als 24 Stunden Vorlauf zu beenden, mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen.“

Verärgerung auch bei VW über abruptes Ende

Überrascht wurde von dem plötzlichen Aus, das nach Mitteilung des Ministeriums „im Zuge der Verhandlungen zum Klima- und Transformationsfonds“ von Habeck, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) angeblich schon am 13. Dezember beschlossen wurde, auch die übrigen Autohersteller.

Bei Volkswagen sorgte die Ankündigung des Wirtschaftsministeriums, dass Anträge zur Umweltprämie nur noch bis zum 17.12. gestellt werden können, für einigen Ärger und große Aufregung. „Das schafft zwar Klarheit zum Ablauf des Umweltbonus. Damit bleiben aber alle Bestellungen, die bis zu vergangenen Wochenende nicht zugelassen werden konnten, ohne Berücksichtigung“, hieß es in einem ersten Statement. „Das führt zu einem tiefen Vertrauensverlust. Kunden haben im Glauben auf die staatliche Förderung Elektrofahrzeuge bestellt und gehen jetzt leer aus.“

Kulanzlösung von Volkswagen

(Update vom 19.12.) Inzwischen hat Volkswagen entschieden, wie Stellantis in einer „unbürokratischen Kulanzlösung“ den staatlichen Anteil am Umweltbonus vorübergehend zu übernehmen – „für alle Privatkunden, die bis zum 15. Dezember ein förderungsfähiges Fahrzeug aus der vollelektrischen ID-Familie bestellt haben“ und noch in diesem Jahr erhalten. Für Elektroautos, die bis zum 31. März 2024 zugelassen werden, gibt es zudem die ursprüngliche für 2024 vorgesehene BAFA-Prämie von bis zu 4.500 Euro. „Wir lassen unsere Kunden nicht im Stich und sehen uns zugleich in der Verantwortung, den Systemwechsel zur E-Mobilität zu unterstützen“, schrieb VW-Vertriebsvorständin Imelda Labbé dazu auf LinkedIn.

VDA: Aus am Sonntag „unverhältnismäßig“

Ähnlich kritisch äußerte sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) „Die Regierung hat den Verbrauchern ein Versprechen gegeben, dass Sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines E-Pkw unterstützt werden. Aufgrund der finanziell angespannten Situation ist der Umweltbonus bei vielen Betroffenen ganz entscheidend. Diesen Menschen jetzt den Zuspruch zu verwehren, untergräbt das Vertrauen der in die Verlässlichkeit der Politik. Dass man zudem noch den Stichtag für die Förderung auf den gestrigen Sonntag gesetzt hat, ist unverhältnismäßig. Wir plädieren mit Nachdruck an die Bundesregierung und den Bundestag, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, die den Kunden ihren beim Kauf des Autos fest eingeplanten Bonus garantiert.“

Kalt erwischt 
Das plötzliche Ende des Umweltbonus für Elektroautos hat Autohändler wie Autokäufer kalt erwischt. Die Konsequenzen daraus dürften in den kommenden Wochen noch für heftige Diskussionen in den Autohäusern sorgen. Foto: Depositphotos
Kalt erwischt
Das plötzliche Ende des Umweltbonus für Elektroautos hat Autohändler wie Autokäufer kalt erwischt. Die Konsequenzen daraus dürften in den kommenden Wochen noch für heftige Diskussionen in den Autohäusern sorgen. Bild: Depositphotos

Auch Stefan Bratzel, der Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, wurde vom abrupten Ende der Förderung für Elektroautos kalt erwischt. Wie der „Autopapst“ im Gespräch mit EDISON erklärt, komme das Aus „viel zu früh“ und unvermittelt. Er hätte damit gerechnet, dass das Förderprogramm zum Ende des ersten Quartals 2024 auslaufen würde. Nun müssten sich – ähnlich wie Stellantis – alle Autohersteller bewegen: „Ihre Verkäufer haben die Zahlung schließlich zugesagt.“ Und die Autoindustrie könne es sich nicht leisten, dass der Markt für Elektroautos aufgrund eines Vertrauensverlustes im kommenden Jahr zusammenbreche. Auch weil dann die neuen CO2-Flottengrenzwerte der EU verfehlt würden, die ab 2025 gelten und eine 15 prozentige Minderung gegenüber 2021 vorsehen.

Bratzel erwartet nun Preisnachlässe

Die Experten des CAM waren in einer Prognose unlängst noch davon ausgegangen, dass 2024 rund 600.000 Elektroautos in Deutschland neu zugelassen würden. „Nun“, schätzt Bratzel, „wird es wohl eher eine Seitwärtsbewegung“. Das hieße, wie in diesem Jahr würden nur etwa eine halbe Million neue Stromer auf die Straße kommen. Was auch damit zusammenhänge, so Bratzel, dass im kommenden Jahr noch überwiegend hochpreisige E-Autos neu in den Handel kommen und der Abstand zwischen den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und Elektromaschine mit über 10.000 Euro weiterhin „extrem groß“ sei. Mit dem Wegfall des Umweltbonus müssten die Differenz nun die Autokäufer vollständig selbst tragen – das schrecke viele ab.

Nach einer aktuellen Studie des CAM beträgt der durchschnittliche Fahrzeugpreis (ohne Sonderausstattung) in diesem Jahr 52.693 Euro und damit nochmal über 4000 Euro höher als im Jahr davor. Erst 2025 seien deutlich preiswertere E-Autos zu erwarten. Bratzel: „Im Vertrieb werden jetzt die Köpfe rauchen. Jeder Hersteller muss kalkulieren, wie viel er vom Fahrzeugpreis nachlassen kann.“ Spätestens im zweiten Quartal 2024 müssten die Autobauer ihren Kunden „zähneknirschend“ etwas anbieten. Bei Tesla und BYD erwartet der Autoexperte schon früher eine Reaktion. Beide Unternehmen verfügten über mehr Spielraum, da sie schon vor drei Jahren begonnen hätten, ihre Herstellkosten kräftig zu drücken.

Stärkere Besteuerung von Verbrennern als Alternative?

Aber auch von der Politik erwartet Bratzel nun Reaktionen, um die Nachfrage nach Elektroautos nicht einbrechen zu lassen und das Ziel von 15 Millionen Stromern im Jahr 2030 nicht vollends illusorisch werden zu lassen. Beim Autogipfel im Kanzleramt Ende November hatte Bratzel in einem Einführungsvortrag eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um die Nachfrage nach Elektroautos nach dem Ende des Umweltbonus zu stimulieren. Dazu zählte eine noch stärkere Anhebung der CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel auf 60 Euro pro Tonne. Bratzel hatte zudem vorgeschlagen, Dienstwagen mit Verbrennungsmotor stärker zu besteuern und den geldwerten Vorteil bei Elektroautos nochmals zu vergrößern. Bei den anwesenden Vertretern der Autoindustrie seien die Vorschläge allerdings nicht gut angekommen.

Update: Inzwischen sind mit Smart, BYD, Hyundai, Seat und Toyota weitere Hersteller von Elektroautos dem Beispiel gefolgt und bieten eine „Vertrauensgarantie“ zumindest bis zum Jahresende an. Auch bei einer Zulassung des Stromers nach dem 1. Januar 2024 wird die Prämie in voller Höhe – Bundes- und Herstelleranteil – gewährt.

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1 Kommentar

  1. Jürgen Baumann

    Nur nicht so negativ sein. Endlich läuft dann die Auslieferung in P, E, AND, FR, I, RSM, MC, V, CH, FL, A, LI, SLO, SK, H, CZ, PL, L, B, NL, DK, N, FIN, S, LV, LT, BG, RO, EST, GB, NI, IRL, IS, CY, GI , HR und M ein wenig schneller. 😇

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