Mit einem neuen technologischen Ansatz will der dänische Windradhersteller Vestas ausgediente Rotorblätter einfacher und wirtschaftlicher recyceln. Die Idee ist, das in den Flügeln verwendete Epoxidharz zu zerlegen und vollständig wiederzuverwenden.
Nach eigenen Angaben arbeitet das Unternehmen im Rahmen des Projekts Cetec (Circular Economy for Thermosets Epoxy Composites) mit dem Epoxid-Hersteller Olin, dem Recycling-Spezialisten Stena Recycling und der Universität Aarhus an einem entsprechenden Verfahren. Das Ziel von zu 100 Prozent wiederverwendbaren Rotorblättern wollen die Projektpartner schrittweise bis 2040 erreichen.
In Rotorblättern sind diverse Stoffe und Materialien miteinander verklebt, um die Widerstandsfähigkeit eines Windrads zu erhöhen. Für die nötige Stabilität bei einem möglichst geringen Gewicht sorgen Verbundwerkstoffe, die mit Epoxidharz umhüllt sind. Mittels chemischer Prozesse will Vestas diese Substanz aus den ausrangierten Rotorblättern entfernen.
„Neue technologische Ära“
„Bisher war die Windkraftindustrie der Ansicht, dass das Material der Turbinenblätter einen neuen Ansatz für Design und Herstellung erfordert, um am Ende der Lebensdauer entweder recycelbar oder darüber hinaus kreislauffähig zu sein“, fasste Lisa Ekstrand, Vice President und Head of Sustainability bei Vestas, zusammen. Nun aber sollenn die alten Rotorblätter auf Epoxidbasis als eine Rohstoffquelle dienen. Damit würden die Projektpartner eine neue technologische Ära einläuten. Denn sobald „diese neue Technologie im großen Maßstab eingesetzt wird, kann das alte Blattmaterial, das derzeit auf Mülldeponien gelagert wird, ebenso wie das Blattmaterial aktiver Windparks demontiert und wiederverwendet werden“, sagte sie.

Tausende Rotorblätter von deutschen Windkraftanlagen kommen in den nächsten Jahrzehnten an ihre Altersgrenze und müssen fachgerecht entsorgt werden. Grafik: Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (FCT)
Das Recycling von alten Windkraftanlagen erwies sich bislang als eine große Herausforderung für die Branche. Vestas schätzt, dass bereits ab 2025 jährlich Rotorblätter mit einem Gesamtgewicht von 25.000 Tonnen ihr Betriebsende erreichen werden. In einer Studie aus dem Jahr 2019 rechnet das Umweltbundesamt (UBA) sogar mit einem jährlich anfallenden Gesamtgewicht von recyclebarem Material aus Windkraftanlagen von bis zu 70.000 Tonnen ab 2024. Zugleich warnte das UBA vor Kapazitätsengpässen für das Recycling der alten Rotorblätter.
Auch Wettbewerber setzen auf Recycling
Neben Vestas haben auch andere Windturbinenhersteller mittlerweile Fortschritte beim Thema Recycling vorzuweisen. So hatte Siemens Gamesa im November 20219 als erster Windradhersteller ein recycelbares Rotorblatt für Onshore-Windparks zur Marktreife gebracht. Als Teil seiner Nachhaltigkeitsstrategie hatte auch der Energiekonzern Vattenfall sich verpflichtet, alte Rotorblätter nicht mehr auf Deponien zu entsorgen, sondern diese vollständig zu recyceln. Bei dem Bau des Offshore-Windparks Kaskasi will auch RWE leicht recycelbare Rotorblätter verwenden.