Finnlands Bürger freuen sich, wenn der Wind kräftig weht. Dann kostet der Strom weniger als sonst, und sie schließen ihre Elektroautos ans Ladegerät an, lassen Waschmaschine und Wäschetrockner laufen. In Zeiten, in denen weniger Strom ins Netz eingespeist wird, weil der Wind schwächer weht und die Sonne sich bedeckt hält, sinkt hingegen der Strombedarf. Denn die Wäsche ist gewaschen und getrocknet. Und die Akkus im Elektroauto sind voll.
Die Stromversorger scheinen dadurch weniger Geld zu verdienen, was allerdings nur vordergründig stimmt. Denn die Stromverbrauchsorgien der finnischen Bürger helfen dabei, den Bedarf zu glätten, was die Versorger finanziell massiv entlastet. Deshalb reichen weniger Reservekraftwerke aus, die mit Gas betrieben werden, als in Ländern, in denen der Strombezug nicht so intelligent geregelt ist. Wie etwa aktuell in Deutschland.

Bei der Energiewende setzt Finnland vor allem auf die Windkraft. Die installierte Windkraftkapazität betrug Ende 2024 rund 8,358 Gigawatt mit 1.835 Windkraftanlagen. Die meisten davon stehen auf Land. Foto: depositphotos.com
Finnlands Haushalte, Gewerbebetriebe und Industrie sind inzwischen zu fast 100 Prozent mit intelligenten -Stromzählern – den sogenannten Smart Metern – ausgestattet. Diese sagen dem Verbraucher via Internet nicht nur, wie viel Strom er aktuell verbraucht. Sie sind auch die Voraussetzung dafür, dass der Strompreis sinkt, wenn auch die Herstellung billig ist, also Wind und Sonne reichlich Energie liefern. Da die meisten finnischen Verbraucher via Internet auch im Detail informiert werden, wie teuer der Strom aktuell ist, können diese ihren Verbrauch entsprechend anpassen und nebenbei noch viel Geld sparen.
Grüner Haushaltsstrom für 21 Cent die Kilowattstunde
Ohnehin zahlen sie im Durchschnitt mit 20,75 Cent pro Kilowattstunde nur etwa die Hälfte dessen, was deutsche Haushalte aufzubringen haben. Dabei ist Finnlands Strom weitaus grüner als der in den meisten anderen Ländern. Kohle, Torf und Erdgas liefern gerade mal 5,6 Prozent des finnischen Stroms (Stand 2024). Der Rest ist weitgehend emissionsfrei – auch der Atomstrom, der 40 Prozent zum Angebot beiträgt.
Während in Deutschland Anfang 2025 gerade mal zwei Prozent der Verbraucher mit intelligenten Stromzählern ausgestattet waren, hatte Finnland das EU-Ziel aus dem Jahr 2009, bis 2020 80 Prozent der Haushalte mit Smart Meter auszustatten, schon 2013 erreicht. Derzeit rüsten die finnischen Versorger ihre Kunden bereits mit der zweiten Generation dieser Zähler aus.

Im Oktober haben die finnischen Energieversorger damit begonnen, Smartmeter der zweiten Generation zu installieren. Diese verfügen über eine Schnittstelle zur Haus-Automation: Waschmaschinen können so laufen, wenn der Strompreis niedrig ist. Foto: Elenia
Die Stromerzeuger teilen die Strompreise auf die Stunde bezogen in der Regel am Tag vorher mit. Diese errechnen sie auf Grund von Wetterprognosen und der Verfügbarkeit der einzelnen Stromerzeuger. Das ist die Richtschnur für die Verbraucher zur Nutzung vor allem der größten Stromfresser. Volatile Erzeuger sind vor allem die Windkraftwerke mit einer installierten Leistung von 5,6 Gigawatt (Stand Anfang 2025). Noch in diesem Jahr soll die Leistung auf fast zehn Gigawatt steigen. An windreichen Tagen kann so der größte Teil des Bedarfs gedeckt werden, auch der der unzähligen großen Stromverbraucher, die die Nutzer in diesen Stunden in Gang setzen.
Neue Stromzähler reagieren auf Preisentwicklung
Die neuen Zähler (SMETS2) besitzen eine Schnittstelle, über die die Messdaten für die Haus-Automation genutzt werden können. Damit ist es möglich, große Stromverbraucher im Haushalt automatisch anlaufen zu lassen, wenn der Strompreis günstig ist. Entsprechende Steuergeräte, die auch die via Internet gelieferten Preisangaben verarbeiten, werden in Finnland zunehmend eingesetzt. „Die Zukunft des Strommarktes hängt möglicherweise weniger von großen Kraftwerken als vielmehr von den täglichen Entscheidungen der Haushalte ab“, schreibt Nayeem Rahman in seiner Doktorarbeit an der Universität Vaasa in Finnland. Der Marketing-Experte hat untersucht, wie sich der finnische Strommarkt noch weiter optimieren lässt.

Der Atomstrom trägt in Finnland immer noch 40 Prozent zur Stromerzeugung bei. Hier ein Blick auf die drei Blöcke des Kernkraftwerks Olkiuoto in Westfinnland. Direkt daneben liegt auf der Insel das geplante Endlager für Atommüll – das erste seiner Art weltweit.
Mit diesen Techniken vermeidet Finnland beispielsweise großräumige Abschaltungen ganzer Windparks und Solarkraftwerke, wie sie in Deutschland üblich sind, wenn die erneuerbaren Energien zu viel Strom produzieren. Allein 1400 Gigawattstunden Solarstrom mussten im Jahr 2024 hierzulande abgeregelt werden, konnten also nicht genutzt werden, weil die Netze überlastet worden wären. Diese hätten ausgereicht, um Elektroautos 70 Millionen Kilometer fahren zu lassen.
Deutschland muss Stromproduktion abregeln
Heute können Überschüsse an Strom in Deutschland nur von wenigen genutzt werden, etwa von den Betreibern von Pumpspeicherkraftwerken, die laut Fraunhofer-Gesellschaft eine Gesamtleistung von fast zehn Gigawatt haben. Batteriespeicher können 23 Gigawattstunden aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Dazu kommen einige Anlagen, in denen Überschussstrom in Wärme für Heizzwecke und die Produktion von Wasserstoff genutzt wird. Wasserstoff kann ähnlich wie Batterien als Strompuffer dienen, wenn er ins Erdgasnetz eingespeist wird. Verfeuert wird er dann in Kraftwerken, die in Betrieb genommen werden, sobald es an Wind- und Solarstrom fehlt.

Über das Unterwasserkabel NordLink wurden2024 rund 1600 Gigawattstunden Strom nach Norwegen umgeleitet. Das „grüne Kabel“ schafft eine Verbindung zu den Wasserkraftwerken im Norden und beugt Engpässen im deutschen Übertragungsnetz vor. Foto: Tennet
Überschussstrom lässt sich auch exportieren, was Deutschlands Nachbarn erfreut, denn sie bekommen ihn oft zum Nulltarif. Schließlich ist da noch NordLink, ein Unterwasserkabel, über das im Jahr 2024 rund 1600 Gigawattstunden Strom nach Norwegen flossen. Umgekehrt kamen von dort 7400 Gigawattstunden zu uns.
Abgeregelt werden muss dennoch, denn die Menge an Speichermöglichkeiten reicht in Deutschland bei weitem nicht aus. Damit fehlen auch Reserven für Zeiten mit wenig Wind und Sonne. Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, sieht wie ihr Vorgänger Robert Habeck die Lösung vor allem in Erdgaskraftwerken, die irgendwann auf Wasserstoff umgerüstet werden sollen. Intelligente Stromzähler könnten den Bau von einigen dieser Anlagen überflüssig machen. Auch den von teuren Batterien, auf deren Installation der Bundesverband Solarwirtschaft drängt.
Mein Netzbetreiber (ovagNetz) hat bereits im Juni 2025 einen Smartmeter installiert der biis heute (28.10.2025) noch nicht genutzt werden kann angeblich wegen Softareproplemen.Warum funktioniert das in anderen Ländern z.B.in Finnland und nicht in Deutschland?