Akkus sind nicht nur teuer, sie sind auch wertvoll: Denn Kobalt, Lithium und Co. verschwinden ja während der Nutzung nicht und lassen sich, wenn die Batterie einen Großteil ihrer Kapazität verloren hat, wieder zurückgewinnen. Theoretisch.
Praktisch hat Hartmut Stahl vom Öko-Institut in Darmstadt für die EU untersucht, wie deren Batterierichtlinie in der Realität umgesetzt wird. Heraus kam: Die Recycling-Quote für ausgediente Energiespeicher ist erschreckend niedrig.
Offenbar auch, weil die Anforderungen schwach sind. Viel zu viele Batterien landen also im Müll – und laufen so unnötigerweise Gefahr, zum Umweltgift zu werden. Und noch erschreckender: Die rasant wachsende Zahl von Lithium-Ionen-Akkus aus E-Fahrzeugen fällt völlig durch die Richtlinie hindurch.
Herr Stahl, Sie haben für die EU untersucht, was mit alten Batterien geschieht. Die stecken voller Rohstoffe und giftiger Chemikalien, eine Wiederverwertung wäre also wichtig und nicht nur ökologisch interessant. Aber wie viele Batterien werden tatsächlich gesammelt und recycelt?
Wir haben festgestellt, dass in Europa nur etwa die Hälfte aller Mitgliedsstaaten die vorgegebenen 45 Prozent Sammelquote für Gerätealtbatterien einhält. Ein hoher Anteil landet also noch immer im Müll, pro Jahr etwa 35.000 Tonnen – das ist ein Berg an verschwendeten Rohstoffen und ein Risiko für die Umwelt.
Steht Deutschland besser da als die übrigen Staaten?
Bei uns wird das Sammelziel zwar gerade erreicht, aber auch nicht mehr. Hier zeigt sich ein Manko der EU-Batterierichtlinie: Es fehlen Anreize, mehr zu tun als unbedingt notwendig. Intensivere Aufklärung und mehr Information für die Menschen wäre ein wichtiger Ansatz für eine bessere Sammlung alter Gerätebatterien. Batterien müssten zudem den ausgedienten Elektrogeräten konsequenter entnommen und separat recycelt werden.
Diese erschreckende Analyse gilt vor allem für die Energiespeicher in Geräten. Ist die Lage bei den Lithium-Ionen-Akkus von Elektrofahrzeugen besser?
Im Gegenteil! Für die gibt es bislang keine eigenen Vorschriften. Das heißt: Lithium-Ionen-Akkus werden den sogenannten „Sonstigen Batterien“ zugeordnet. Damit gilt: Es müssen nur 50 Prozent des Materials recycelt werden. Das ist viel zu wenig.
Auf welche Hälfte Batterie konzentrieren sich die Verwerter?
Auf die Materialien, die leicht zurückzugewinnen sind. Die vorgeschriebenen 50 Prozent können sie damit aber erreichen, ohne dass Lithium, eines der wichtigsten Batteriematerialien, recycelt wird. Bislang fehlen konkrete Recyclingvorgaben für Lithium oder Kobalt. Aber 44 Prozent des weltweiten Kobalt-Vorkommens landen heute in Lithium-Ionen-Batterien. Und ein hoher Anteil dieses Materials wird im konfliktträchtigen Kongo gewonnen.
Was geschieht mit verbrauchten Pedelec-Batterien, das sind ja auch Lithium-Ionen-Akkus?
Das Problem wird drängender. Viele alte Akkus landen wohl bei den Händlern. Doch die wissen oft nicht, was sie damit machen sollen. Und insbesondere bei defekten Lithium-Ionen-Akkus besteht ein Sicherheitsrisiko. Bei Lagerung oder Transport können Brände entstehen.
Sie kommen in der Studie zu dem Schluss, dass die aktuellen Vorschriften einer ökologischen und auch wirtschaftlichen Wiederverwertung im Weg stehen. Warum sind die Regeln so lasch?
Die EU-Richtlinie zu den Batterien stammt von 2006. Damals war das Thema E-Mobilität und damit die Lithium-Ionen-Akkus überhaupt noch nicht relevant. Heute stecken solche Speicher in immer mehr Geräten und Fahrzeugen. Das geht rasend schnell, denken Sie an den Boom der Pedelecs. Die Wirklichkeit hat die Vorschriften also längst überholt. Übrigens in vielen Bereichen. Zum Beispiel nutzen immer mehr Haushalte stationäre Akkus, um Solarstrom zu speichern. Diese Akkus gelten wie die Batterien aus Pedelecs als Industriebatterien. Und hier ist die Richtlinie vage, was Sammlung und Transport der Altakkus betrifft. Im schlimmsten Fall trägt der Endverbraucher das finanzielle Risiko.
Warum werden die Gesetze dann nicht schnell angepasst?
Zunächst haben wir untersucht, wie das Batterie-Recycling tatsächlich läuft und welche Mängel die Batterierichtlinie aufweist. In einem weiteren Schritt müssen nun Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Und erst dann können die Vorschriften für die gesamte Union geändert werden.