Wohin jetzt mit dem Geld? Soll man es bei Opel anlegen, bei Volkswagen oder Honda – oder gleich bei allen? Wer derzeit mit der Anschaffung eines Elektroautos liebäugelt, muss die Frage schleunigst beantworten. Denn zum Jahresende startet in Deutschland die große Elektroauto-Offensive mit einer Reihe von neuen Modellen. Und wer sich eines der Fahrzeuge sichern will, muss zunächst einmal in die Tasche greifen und die Kreditkarte zücken. Jetzt, sogleich. Denn nach dem Vorbild von Tesla fordern nun auch Opel, Volkswagen und Co. eine Anzahlung, eine Registrierungsgebühr oder Kaution. Wer sich für einen Honda e interessiert und bei der späteren „Verteilung“ der Autos an zahlungswillige Kunden nicht in die Röhre schauen will, wird auf dem Online-Reservierungsportal um eine Vorab-Zahlung von 800 Euro gebeten. Bei Opel werden 500 Euro fällig, wenn man zu den ersten Fahrern eines Elektro-Corsa zählen will. Und auch bei Volkswagen ist eine Zahlung von 1000 Euro auf ein spezielles Volkswagen Pay-Konto erforderlich, um sich als Interessent für die Sonderedition „First“ des ID.3 zu registrieren. Elon, was hast Du da nur angerichtet?
Begrenzte Stückzahlen
Natürlich fließt das Geld auf das Giro- oder Paypal-Konto zurück, wenn der Interessent in einigen Wochen oder Monaten vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags zurückzucken sollte. Aber ein wenig Planungssicherheit hätten die Autohersteller schon ganz gern – zumal wenn wie beim Honda e für den deutschen Markt nur 1500 Autos des Typs vorgesehen sind oder wenn für die Sonderedition First des ID.3 von VW auf nur 30.000 Exemplare limitiert ist. Begrenzte Stückzahlen sollen Begehrlichkeiten wecken – und das Geschäft mit den Elektroautos ankurbeln. Bislang war die Nachfrage nach den Stromern hierzulande nur verhalten. Und das trotz großzügiger Steuernachlässe und der Zahlung eines Umweltbonus in Höhe von 4000 Euro, der je zur Hälfte vom Fahrzeughersteller und vom Staat beziehungsweise vom Steuerzahler aufgebracht wird. Aktuell sind in Deutschland laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes nur knapp 100.000 Elektromobile unterwegs – viel zu wenig, um eine Energiewende auf der Straße herbeizuführen und um die strengen Flottengrenzwerte zu erfüllen, die den Autoherstellern in Europa für 2020 gesetzt wurden.
Doch nun gibt es kein Halten mehr – hofft die Industrie, die in den kommenden Monaten eine Reihe neuer Stromer für Normalverdiener auf den Markt bringt und damit den Wettbewerb in der Mittelklasse verschärft: Bislang hatten Kaufinteressenten dort nur die Wahl zwischen dem zweisitzigen und kurzatmigen Smart EQ und dem knuffeligen Renault Zoe in der Kleinwagenklasse oder einem Nissan Leaf und dem Hyundai Ioniq in der Mittelklasse. Die Platzhirsche drehen bereits auf, um ihre Positionen zu wahren. Renault spendiert dem Zoe sechs Jahre nach dem Verkaufsstart nicht nur ein umfassendes Facelift, vor allem aber eine größere Batterie und die Möglichkeit, diese endlich auch an Schnellladesäulen aufzuladen. Europas meistverkauftes Elektroauto wird damit langstrecken- und reisetauglich.
Verschärfter Wettbewerb
Das war der Nissan Leaf schon länger. Aber in der zweiten Generation gibt es nun eine Plus-Variante mit einem Akku, der 62 Kilowattstunden (kWh) Strom speichert und damit ohne Ladestopp bis zu 420 Kilometer weit rollt. Mit einem Basispreis von 44.700 Euro entfernt er sich allerdings deutlich von der Zielgruppe der Normalverdiener. Es ist das Einfallstor für Volkswagen, das mit dem ID.3 zur Jahreswende ein Elektroauto mit ähnlichen Abmessungen, ähnlichen Features und einer ähnlichen Reichweite zu einem deutlich günstigeren Preis bringt: Die limitierte „First Edition“ gibt es schon für 39.900 Euro samt einem kostenlosen Stromverrat von bis zu 2000 kWh im ersten Jahr.
Ein ähnlicher Preiskampf zeichnet sich zwischen dem Zoe und seinen Herausforderern ab. Renault hat zwar den Basispreis für die (weiterhin erhältliche) Variante mit dem 40 kWh-Akku von 21.900 Euro ohne Batterie gehalten. Aber inklusive Akku, der unabhängig von der Speicherkapazität beim Kauf mit 8.090 Euro zu Buche schlägt, kratzt der Zoe40 bereits an der Schwelle von 30.000 Euro – mit dem 50er Akku liegt er knapp 2000 Euro darüber.
Da könnte der eine oder andere Interessent versucht sein, zu Opel zu wechseln. Denn der neue e-Corsa ist mit gleichgroßer Batterie und gleichstarkem Motor eben die 2000 Euro günstiger und bietet obendrein einen Tick mehr Raumangebot. Punkten kann er zudem mit einer doppelt so hohen Ladegeschwindigkeit an der Gleichstrom-Schnellladesäule. Eine Ladeleistung von 22 kWh an der Wechselstrom-Säule kostet beim e-Corsa allerdings Aufpreis – der Zoe bietet sie als Standard.
Honda in einer eigenen Liga
In einer ganz eigenen Liga spielt da der Honda e: Klein und fein- als Premiumangebot für designorientierte Großstädter. Der Preis des Fahrzeugs ist zwar noch nicht kommuniziert. Aber bei einer Vorstellung des seriennahen Prototypen in Köln machte Honda-Manager Kotaro Yamamoto klar, dass das Auto „sicher nicht unter 30.000 Euro“ angeboten werden wird. Spekuliert wird derzeit über Preise zwischen 32.000 und 34.000 Euro in Deutschland. Dabei hat der kleine Japaner lediglich eine Batterie von Panasonic mit einem Fassungsvermögen von 35,5 kWh Kapazität an Bord, die für Reichweiten um die 200 Kilometer gut sein soll. Dafür punktet der Honda e mit einem kleinen Wendekreis von nur 8,60 Metern sowie einer hochwertigen, wohnlichen Inneneinrichtung in Holzoptik. Obendrein ist der Honda ähnlich wie der VW ID.3 und der Nissan Leaf für das bidirektionale Laden vorbereitet – er kann also den Strom aus der Batterie zurück ins Netz oder in einen Heimspeicher speisen.
Die kommenden Wochen werden zeigen, welches Paket der 30.000er Klasse am besten bei den deutschen Kunden ankommt und ob die Marketing-Strategen die richtigen Inhalte hineingegeben haben. Reservieren könnte man sein Wunschauto ja schon einmal.