Es war ein historischer Moment für Volkswagen, letztlich für das Autoland Deutschland als Ganzes: Zum ersten Mal produziert der Wolfsburger Konzern mit dem ID.3 ein Elektroauto im wirklich großen Maßstab – so wie Tesla in den USA, Nissan in Japan und Renault in Frankreich. Bereits im kommenden Jahr sollen rund 100.000 Stromer im Werk Zwickau vom Band laufen, 2021 sollen es bereits 330.000 sein. Selbst die Kanzlerin reiste am gestrigen Montag zum Fertigungsstart nach Sachsen. Angela Merkel betonte bei ihrer Rede im Werk, wie wichtig es in Sachen Klimaschutz ist, dass „der Hochlauf der Elektromobilität hin zur Massenproduktion wirklich stattfindet“. Damit das passiere, gelte es an zwei Schrauben zu drehen: „dem Ausbau der Ladeinfrastruktur“ sowie „Anreize zum Kauf von Elektroautos“.
Noch am selben Abend hatte die Kanzlerin dann Gelegenheit an den Schrauben zu drehen – und tat das beim Autogipfel mit ihren Kabinetts- und Koalitionskollegen, einigen Ministerpräsidenten und Vertretern der Autoindustrie. Am Ende des nächtlichen Treffens hatten sich beide Seite auf ein Konzept geeinigt, mit dem sie nun hoffen, der Elektromobilität den nötigen Schub zu verleihen. So gibt es höhere Zuschüsse beim Kauf eines E-Autos, statt wie bisher 4000 Euro sind es jetzt 6000 Euro für Modelle, die weniger als 40.000 Euro netto kosten – passgenau für den ID.3, aber auch den Corsa E von Opel, die deutlich unter dieser Schwelle liegen.
Für Ladesäulen gibt es 3,5 Milliarden Euro
Wer dagegen ein teureres Fahrzeug kauft, erhält in der Spanne zwischen 40.000 und 65.000 Euro nun 5000 Euro Zuschuss. Schwere SUVs wie der Audi E-tron oder der Mercedes EQC kommen damit auch in den Genuss dieser Förderung. Das Model X von Tesla aber nicht mehr. Auch für Plug-in-Hybride gibt es mit Geld. Wie gehabt beteiligt sich die Autoindustrie zur Hälfte an dieser Prämie, deren Laufzeit verlängert wird. Politik und Wirtschaft haben damit Mittel mobilisiert, um weitere 650.000 bis 700.000 E-Mobile zu fördern.
Auch beim Ausbau der öffentlichen Ladestruktur greift die Bundesregierung tief in die Taschen. Insgesamt will sie 3,5 Milliarden Euro in den kommenden Jahren investieren, um 50.000 Ladepunkte zu schaffen. 15.000 davon soll die Autoindustrie beisteuern. Merkel versprach auch die Genehmigungsverfahren für neue Lademöglichkeiten zu beschleunigen.
„Bei Wasserstoff Nummer 1 werden“
Am heutigen Dienstag tagte dann gleich das nächste Gremium: Auf einer Stakeholder-Konferenz in Berlin ging es um eine nationale Wasserstoffstrategie. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat Wasserstoff als „Schlüsselstoff“ der Energiewende bezeichnet und möchte Deutschland zur Nummer 1 in dieser Technologie machen. Ihre Anwendung unter praxisnahen Bedingungen und im industriellen Maßstab will er in Reallaboren erproben, deren Förderung bereits läuft. Im Rahmen der Konferenz haben Bundesverkehrsministerium und die Industrie-Initiative H2 eine Absichtserklärung unterzeichnet, das Tankstellennetz für Brennstoffzellen-Fahrzeuge weiter auszubauen. Bis Ende 2021 sollen 130 Wasserstoff-Zapfstellen entstehen. Heute sind es 76. Ziel sei es, in den Jahren 2021/22 rund 60.000 Wasserstoff-Autos auf die Straßen zu bringen, erklärte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Was ist mit dem privaten Laden?
Die Pläne der Bundesregierung stießen prompt auf Kritik. Der Verkehrsinfarkt in den Städten werde nicht verhindert, wenn 47 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor durch 47 Millionen E-Autos ersetzt würden, erklärte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne). Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Hartmut Rauen moniert: Die Prämien für E-Autos seien „der teuerste Weg mit den höchsten Streuverlusten, denn es werden auch jene Käufer gefördert, die einer solchen Prämie nicht bedürfen”.
Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, wiederum sieht den Immobilienbereich im Stich gelassen. Denn beim privaten Laden in Wohngebäuden gebe es noch immer rechtliche Hürden und zudem fehle es an Anreizen für die Vermieter, die Kosten für eine Wallbox zu übernehmen. Auch sei es heute viel zu kompliziert, auf dem Dach eines Mietshauses produzierten Solarstrom an die Bewohner weiterzuverkaufen, damit die damit ihre E-Autos laden könnten, klagte er im Interview mit dem Deutschlandfunk.