Mit seinem Überraschungs-Einstieg als größter Aktionär beim Autobauer Daimler wirft Geely-Gründer Li Shufu weiter viele Fragen auf – nicht nur nach seinen Motiven. Die Vertreter der Arbeitnehmerseite im Daimler-Aufsichtsrat kündigten am Montag an, das Engagement des chinesischen Auto-Konzerns genau unter die Lupe zu nehmen. Groß alarmiert zeigten sie sich jedoch nicht.
Börsenexperten warnten hingegen, dass Geely nun zu viel Einblick in Strategie und Technologie des Dax -Konzerns bekommen könnte. Daimler selbst schwieg dazu auch am Montag und verwies auf die Vertraulichkeit von Investorengesprächen.
Geely-Gründer kauft zehn Prozent
Der chinesische Milliardär war vergangene Woche mit knapp zehn Prozent der Anteile bei Daimler eingestiegen und damit auf einen Schlag größter Einzelaktionär des Stuttgarter Autobauers geworden. Zwar war zuvor bekannt, dass die Geely-Gruppe Interesse an Daimler hat. Dass Li es schafft, aus dem Stand so groß einzusteigen, ohne dass es vorher bekannt wird, hatte dann aber doch überrascht. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) teilte mit, sie sehe sich wie in vergleichbaren Fällen auch in diesem an, ob die Stimmrechtsveränderungen rechtzeitig gemeldet wurden.
Die Daimler-Beschäftigten müssen sich aus Sicht des Personalvorstands Wilfried Porth keine Sorgen machen. „Der neue Investor unterstützt unsere Strategie und das Management voll und ganz“, sagte Porth der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Es sind keine Jobs gefährdet.“ Porth sagte weiter, er habe „noch keinen Aktionär erlebt, der bei uns ins tägliche Geschäft eingegriffen hat“. Es gebe „keine Indizien dafür“, dass sich das mit dem chinesischen Investor ändern kann.
Die Aufsichtsräte der Arbeitnehmerseite kündigten an, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, welche Auswirkungen der Schritt für das Unternehmen insgesamt sowie die Sicherheit von Standorten und Arbeitsplätzen in Deutschland hat, hieß es in einer Stellungnahme. „Unsere Erwartung gegenüber Li Shufu ist, dass er langfristiges Interesse an Daimler hat und unser Unternehmen gemeinsam mit den Beschäftigten weiterentwickeln will.“
Daimler hofft auf langfristiges Investment
„Natürlich werden wir uns als Arbeitnehmervertreter damit beschäftigen – egal wer da kommt“, sagt IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger, der ebenfalls für die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat sitzt. „Wir wollen keinen Finanzinvestor mit kurzfristigen Zielen, sondern jemanden, der uns auf der langen Strecke begleitet.“
Das, was man von Geely wisse, spreche bisher auch dafür. „Geelys Einstieg bei Volvo war nie schädlich. Generell gibt es bisher eher positive Erfahrungen mit chinesischen Investoren, sie treten mit langfristigen Interessen auf“, sagte Zitzelsberger der Deutschen Presse-Agentur. „Und mit zehn Prozent Beteiligung ist Geely zwar der größte Einzelaktionär, aber kein Alleinentscheider.“
Daimler ist selbst bereits eng auch mit anderen Firmen in China vernetzt. Gemeinsam mit dem langjährigen Partner BAIC Motor will der Konzern die Produktionskapazitäten der Marke Mercedes-Benz ausbauen, um die steigende Nachfrage besser bedienen zu können. Die Unternehmen investieren dazu rund 1,5 Milliarden Euro in ein weiteres Werk.
Die übrigen Daimler-Aktionäre zeigten sich vom Geely-Einstieg alles andere als begeistert. Obwohl auf große Anteilskäufe oft Kursgewinne folgen, gaben die Aktien des Stuttgarter Autobauers am Montag zeitweise spürbar nach.
Daimler löst Bande mit Volvo
Beim Lkw-Bauer Volvo in Schweden führte der Deal zu personellen Konsequenzen. Håkan Samuelsson werde im April den Aufsichtsrat verlassen, teilte die Volvo Group am Montag mit. Samuelsson ist zugleich Vorstands-Chef beim rechtlich selbstständigen Autobauer Volvo Cars, der nur Pkw anbietet und von Geely kontrolliert wird. Daimler und Volvo sind direkte Konkurrenten bei Lastern und Bussen. Es sei nicht wünschenswert, dass jemand Einsicht in beide Unternehmen habe, hieß es.
Zu dem angeblich geplanten Gespräch zwischen Li Shufu und dem Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Lars-Hendrik Röller, wollte die Bundesregierung am Montag keine Auskunft geben. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte lediglich, bei dem Erwerb der Daimler-Aktien handele es sich um eine „unternehmerische Entscheidung“. Der Berater der Kanzlerin führe zahlreiche politische Gespräche mit Wirtschaftsvertretern.